Das neue Buch Genesis
wusste nur, dass das, was Adam getan hatte, nicht falsch war. Sie versuchte, das neue und gefährliche Wissen zu verdrängen und sich auf den weiteren Verlauf der Prüfung zu konzentrieren. Bestimmt sollte sie als Nächstes die Einzelheiten von Adams Verhaftung und der Verhandlung schildern. Sie rief sich noch einmal ins Gedächtnis, dass sie gut vorbereitet war. Wie viel es ihr bedeutete, die Prüfung zu bestehen, und welches Gesicht Perikles machen würde, wenn sie ihm das Ergebnis mitteilte.
»Wissen Sie, wie lange sie einen hier draußen warten lassen?«, fragte Anax, nachdem eine halbe Stunde vergangen war, ohne dass sie etwas von den Prüfern gehört hatte. Der Wächter drehte sich zu ihr um. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht damit gerechnet hatte, von ihr angesprochen zu werden.
»Woher soll ich das wissen?« Seine Stimme klang unerwartet sanft und leise. Überhaupt nicht wie die Stimme eines Wachpostens. »Ich dachte nur, wenn Sie das hier öfter machen ...« »Aber ich war noch nie hier«, erwiderte er. »Ich bin heute zum ersten Mal da.« »Aber Sie bewachen mich doch, oder?« »Wie bitte?« Er sah sie verständnislos an. »Sie sind doch ein Wächter, oder nicht? Sie sind hier, damit ich nicht versuche, jemanden zu kontaktieren.«
»Wie sollte das gehen?«, antwortete er. »Das Gebäude wird komplett überwacht. Sämtliche elektronischen Verbindungen sind unterbrochen.«
»Ich weiß. Ich dachte nur, Sie seien eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme.« Der Wächter brach in schallendes Gelächter aus »Was ist denn?«, fragte Anaximander. »Was ist so komisch?«
»Weil ich das Gleiche über dich gedacht habe«, antwortete er.
Erst jetzt bemerkte sie die zweite Tür. »Dann bist du auch ...«
»Genau. D a drin.«
»Und wie läuft es?«
»Schwer zu sagen. Ich habe nicht gedacht, dass es diese Pausen gibt.«
»Ich auch nicht. Macht einen ganz schön nervös, was?«
»Ein bisschen.«
»Ich heiße übrigens Anax.«
»Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Sokrates. Sok.«
»Was ist dein Spezialthema?«
»Meinst du, wir sollten darüber reden?«
»Hätten sie uns in denselben Raum geschickt, wenn sie das nicht wollten?«
»Vielleicht beobachten sie uns«, meinte Sok.
Anax mochte ihn. Sie konnte andere gut auf den ersten Blick einschätzen. Sein Verhalten war freundlich, Er war bestimmt sehr nett. »Haben sie dir schwierige Fragen gestellt?«, fragte Anax.
»Die meisten waren in Ordnung«, antwortete er. »Nur eine Frage zu Ethik hat mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht. Das ist nicht mein Spezialgebiet. Vielleicht sagt das schon alles.«
»Bei mir war es genauso«, sagte Anax.
Das schien ihn zu beruhigen. Sok betrachtete Anax forschend, als versuchte er, ihre Gedanken zu lesen. Dann beugte er sich plötzlich zu ihr vor und Anax zuckte überrascht zurück. Er senkte seine Stimme zu einem fast lautlosen Flüstern.
»Sei vorsichtig«, raunte er. »Sie wissen mehr, als du glaubst.«
Er lehnte sich wieder zurück und sah sie an, doch sie antwortete ihm nicht. Er war ein Fremder. Für wen hielt er sich? So ein Risiko einzugehen! Wie um die Gefahr noch zu verdeutlichen, glitt in diesem Moment die Tür hinter ihr auf.
Anax vermied es, Sok anzusehen, und ging schweigend in den Prüfungsraum zurück. Sie blickte zum Gremium auf und war nervöser als vorher. Es sah so aus, als hätten sie sich überhaupt nicht bewegt. Sie fragte sich, worüber sie wohl gesprochen hatten.
Der Hauptprüfer wartete, bis sie wieder ihren Platz eingenommen hatte. Dann stellte er ihr die nächste Frage, als hätte sie die Unterbrechung nur geträumt.
PRÜFER: Wie kam es zu Adams Verhaftung?
ANAXIMANDER: Adams Verhaftung war eher unspektakulär. Wie ich bereits erwähnt habe, weist vieles in seinem Verhalten darauf hin, dass sein Versuch, das Mädchen zu retten, das später aus naheliegenden Gründen als Ev a bekannt wurde, spontan und nicht geplant war.
Im Falle einer Zwangsexekution untersuchte man stets die Aufzeichnungen über die Zeit, die dem Vorfall unmittelbar vorausgegangen war. So war es auch bei Josephs Tod und die Tatsache, dass die beiden Männer ihre Positionen getauscht hatten, erregte sofort Verdacht.
Man schickte Experten aufs Wasser, um den Meereszaun zu untersuchen, und fand eindeutige Hinweise auf Sabotage. Man überwachte Adams Verbrauch von Lebensmitteln, und obwohl er sich das zusätzliche Essen und Wasser mit einer gestohlenen Registrierkarte verschaffte, wurde eine
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