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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
Autoren: Heiko Rolfs
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zusammengerückt waren, um ihm
Platz zu machen, sahen ihn mit großen Augen erwartungsvoll an. Schließlich kam
es nicht alle Tage vor, dass sich ein Ritter zu ihnen setzte, noch dazu einer,
der das Kreuz genommen und im Heiligen Land gekämpft hatte. Es hieß, er wäre
sogar in Jerusalem am Grab Christi gewesen.
    Der schwankende Kreuzfahrer rülpste laut und legte Antonia
eine Hand auf die Schulter.
    Seine Stimme wollte ihm nicht mehr recht gehorchen. „Line
gehsch gud. Sie ha-hat inner Kammer gegeschn un schlä-häf jesch“, lallte er. „Die
leschen Ta-haage warn schu viel füh schi…“
    Dann sank er ganz langsam rückwärts von der Bank und
plumpste in das auf dem Boden ausgestreute Stroh. Kurz darauf begann er zu
schnarchen.
    „Und die letzten Becher waren etwas zu viel für Euch, Herr
Ritter“, stellte Antonia Stirn runzelnd fest. 
    Dann stand sie auf und bettete mit Hilfe eines Knappen den
jungen Ritter etwas bequemer. Sie sah tadelnd zu Sven hinüber, der gerade dem
Hausherrn zuprostete.
    Conrad von Breuberg hob die Tafel auf, indem er sich erhob
und mit seiner Gattin den Saal verließ. Der Kaplan folgte dem Paar.
    Antonia beobachtete, dass Constance sich suchend umsah, bis
ihr Blick Conrad entdeckte, der friedlich seinen Rausch ausschlief. Sie winkte
zwei Dienern, die den jungen Ritter unter der Aufsicht von Constance
aufrichteten und mehr tragend als stützend aus dem Raum schafften.
    Die meisten Ritter, Damen und Waffenknechte zechten jedoch
fröhlich weiter, unter ihnen auch Sven, der schon gefährlich schwankte und
seinen Freund gar nicht zu vermissen schien.
    Antonia beschloss, sich zurückzuziehen und noch einmal nach
den Pferden zu sehen. Dann wollte sie sich im Stall eine Schlafstatt aus Stroh herrichten.
Als sie durch das massive Tor trat, das den vorderen mit dem inneren Hof
verband, nahm sie vor sich eine schlanke Gestalt wahr, die ihr vertraut vorkam.
Der Burghof war vom Mondlicht schwach erleuchtet und die Gestalt trug einen
Mantel mit einer tief in die Stirn gezogenen Kapuze. Aber ihr leichtfüßiger,
etwas wiegender Gang verriet sie.
    „Line!“, rief Antonia ihr nach und beschleunigte ihre
Schritte.
    Die Gestalt stockte mitten im Schritt. Einen Moment sah es
so aus, als wolle sie weglaufen. Aber sie würde nicht weit kommen, denn das
Burgtor war geschlossen.
    Mit ein paar Schritten war Antonia bei ihr und fasste sie am
Arm. „Wo willst du denn hin?“
    „Einfach nur weg“, entgegnete Line traurig, aber
entschlossen.
    „Was ist passiert?“
    „Nichts. Nichts ist passiert, nur dass ich aufgewacht bin“,
sagte sie mit den Tränen kämpfend, „aus einem schönen Traum, der niemals wahr
werden kann.“
    „Aber…“, begehrte Antonia auf, die sofort verstand, was Line
meinte, „Conrad liebt dich, weißt du das denn nicht?“
    „Ein Grund mehr, falls es wirklich so sein sollte. Constance
ist so liebenswürdig. Sie hat es nicht verdient, dass ich ihrem Glück im Wege
stehe. Bestenfalls könnte ich sein Kebsweib sein. Denkst du, das will ich?“
    „Aber du kannst doch nicht einfach so gehen, was soll ich
ihm denn sagen?“
    „Sag ihm, dass ich ihn nie geliebt habe.“ Line kämpfte mit
den Tränen. Dann atmete sie tief durch und ihre Stimme wurde schrill: „Als
Edelmann ist er es gewöhnt, sich zu nehmen, was ihm gefällt. Aber ich habe
mir genommen, was ich wollte, ohne ihn zu fragen! Weil ich ihn wollte. Verstehst du? Line hatte sich in Rage geredet und schrie fast heraus:
„Ich habe ihn niemals geliebt! Sag ihm das!“
    Erschrocken fuhr Antonia einen Schritt zurück und schaute
völlig verständnislos drein. „Line, ich höre, was dein Mund sagt, aber deine
Augen lügen nicht. Sprich mit ihm, bevor du gehst.“
    „Das geht nicht“, sagte Line tonlos. „Wenn ich jetzt nicht
gehe, schaffe ich es nie mehr. Ich habe es gewusst, von Anfang an. Aber ich
habe es nicht wahrhaben wollen, dass es keine Zukunft für unsere Liebe gibt.
Leb wohl, Antonia.“
    Sie umarmte ihre Freundin und drückte sie kurz. „Versprich
mir, dass du ihm alles so ausrichtest, wie ich es dir gesagt habe. Sag ihm,
dass ich ihn niemals wieder sehen möchte.“
    Sie klang beinahe trotzig, aber ihre Tränen straften sie
Lügen.
    „Aber ich wünsche ihm alles Glück der Welt“, fügte sie so
leise hinzu, dass Antonia sie kaum verstehen konnte.
    Line wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht, Antonia
erwiderte die Umarmung und drückte ihr einen Kuss auf die feuchte Wange.
    Abrupt löste Line sich von
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