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Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Titel: Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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hindern. Hinter seinem Rücken war Sems Stimme zu hören.
    „Harry… Harry… Haaarry … Lass mich bitte nicht hier liegen.“
    Bei all dem anderen Lärm war sie kaum zu verstehen. Harry schaute zurück. Sem hatte sich aufgesetzt.
    „Bitte, lass mich nicht hier liegen“, wiederholte Sem. „Er hat meinen Vater umgebracht. Er hat mir die gottverdammte Hand abgehackt. Du kannst mich doch nicht einfach hier zurücklassen.“
    Harry zögerte.
    „Lass den Drecksack liegen“, schrie die Stimme in seinem Kopf.
    Die Terrasse ächzte erneut. Unter Harrys Füßen gab es einen deutlichen Ruck. Die Dielen gaben mehrere Zentimeter nach und das bedeutete, es blieb nicht mehr viel Zeit.
    „Will nicht hier bleiben, Harry“, flehte Sem. „Meine Hand ist weg. Mein Vater ist weg. Wo ist er hin? Wie soll es jetzt weitergehen?“, schluchzte er scheinbar verwirrt und Harry konnte ihm weder die eine noch die andere Frage beantworten. Er wusste nur, dass er den Verletzten zurücklassen sollte. Sem würde ihm sicher keine Hilfe mehr sein. In dem Zustand war er nur eine Last. Dennoch brachte Harry es nicht übers Herz einfach zu gehen. Sich über sich selbst ärgernd schüttelte er den Kopf.
    Das kann doch wohl nicht wahr sein. Weichei.
     
    ***
     
    Nach einigem Hin und Her gelang es Harry endlich, Sem auf die Beine zu helfen. Zuvor hatte er notdürftig das Hemd des Muskelpaketes zerrissen und damit so gut und so schnell es ging den Armstumpf abgebunden. Die Blutung hatte deutlich nachgelassen. Sems Zustand verbesserte sich dadurch aber nicht. Im Gegenteil. Immer wieder begann er danach zu fragen, wo sein Vater mit seiner Hand hin verschwunden war, faselte etwas davon, dass er nicht hier bleiben wolle und flehte Harry an, ihn mitzunehmen. Schon bald hörte Harry einfach nicht mehr hin. 
     
    ***
     
    Während der Boden unter ihnen immer mehr nachgab, humpelten sie gemeinsam in Richtung Eingangstür.
    Stück für Stück brach die ehemals stolze Panoramaterrasse, das Prunkstück des Restaurants in besseren Zeiten, hinter ihnen zusammen.
    Gerade rechtzeitig erreichten sie das Gebäude.
    Allerdings waren sie auch hier nicht in Sicherheit. Der Sturm machte vor dem Gebäude nicht halt. Die Wände stöhnten. Holz verbog sich. Die Glaswand und die Fenster bekamen Risse. Nach und nach zersprangen sie mit lautem Klirren. Von der Schar schwarzer Möwen, die Harry vorhin beinahe erwischt hatten, war nirgends etwas zu sehen. Vermutlich waren sie mit allen anderen Vögeln geflohen.
    Kluge Tiere.
    Durch die Dunkelheit stolpernd erreichten sie - eine gefühlte Ewigkeit später - die von innen versperrte Tür zur Küche, das entscheidende Hindernis, welches es zu überwinden galt.
    Harry hatte sich bis dahin keine Gedanken mehr darüber gemacht, wie sie an der schweren Mahagonitür vorbeikommen sollten. Jetzt, da es soweit war, schien Gewalt, die einzig mögliche Lösung zu sein.
    Mit vereinten Kräften warfen sie sich wieder und wieder dagegen. Das Holz honorierte ihre Anstrengungen mit dumpfen Ächzern. Die veranlassten Harry dazu, es noch vehementer zu versuchen. Ohne Erfolg. Die Tür gab nicht weiter nach.
     
    ***
     
    „‘s muss einen anderen Weg geben. Muss hier raus. Weg von hier. Kann nicht bleiben. Sem ist kein Pfand. Bin nicht für hier bestimmt“, keuchte Sem schließlich. Es klang schwach und irgendwie wirr. Er hatte viel Blut verloren. Es war ungewiss, ob der Mann überhaupt durchhalten würde, bis sie zurück an Land waren.
    Harry überlegte. Sie brauchten schnellstmöglich eine Lösung, aber unter den derzeitigen Umständen, war es alles andere als einfach, einen vernünftigen Gedanken zu fassen.
    Das Gebäude rumorte schon wieder. Unter ihren Füßen, knackte es.
    Händeringend suchte Harry in seinen Erinnerungen nach einem Detail im Bauplan, das ihnen helfen konnte und erinnerte sich dann endlich daran, dass auf dem Plan ein zweiter Zugang zur Küche eingezeichnet gewesen war. Ari Sklaatens Büro lag auf der anderen Seite, Wand an Wand mit der Speisekammer und war mit einer kleinen Zwischentür direkt mit ihr verbunden. Es war klar wieso das so war…
    Harrys Überlegungen wurden jäh gestört.
    Über ihren Köpfen polterte und knallte es, dann flogen Teile der maroden Decke weg. Harry und Sem duckten sich vor zahlreichen herunterstürzenden Holztrümmern. Sem gab einen spitzen Schrei von sich.
    „Komm mit! Es gibt noch einen anderen Ausgang. Durch Sklaatens Büro müssten wir auch zur Falltür kommen“, befahl
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