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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Beatriz Williams
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hättet euch blendend verstanden.«
    »Hör auf, sonst muss ich weinen.«
    Als er wortlos meine Hand nahm und meine Daumen streichelte, betrachtete ich sein Gesicht. Inzwischen wirkte es entspannt, weil eine schwere Last endlich von ihm abgefallen war.
    »Sag mir ein Gedicht auf«, bat ich ihn nach einer Weile.
    »Was möchtest du denn gerne hören?«
    »Etwas Romantisches. Eine dieser alten Balladen.«
    Lächelnd setzte er, die Augen noch geschlossen, zu »The Highwayman« an. Ein schlauer Schachzug, denn er wusste, dass er spätestens beim zweiten »Ich komme zu dir im Mondlicht, und wenn sich die Hölle mir in den Weg stellt« gute Chancen hatte, bei mir zu landen.
    Der heutige Tag bildete da keine Ausnahme.
    Also verging einige Zeit, bis er mir den Sand von der Haut strich und meinte: »Weißt du, dass es ein Gedicht gibt, um das du mich noch nie gebeten hast?«
    »Und das wäre?«
    »Meins.«
    »Julian, es ist wirklich ein wundervolles Gedicht, aber ich habe keine Lust, mir etwas über deine unstillbare Sehnsucht nach der Schönheit einer anderen Frau anzuhören. Insbesondere nicht der von Florence Hamilton.«
    »Was hat Flora damit zu tun?«
    »Nun, sie hat es veröffentlichen lassen. Offenbar hast du es an sie geschickt. Außer, es gibt da noch eine andere, von der ich nichts weiß«, erwiderte ich bemüht lässig.
    »Kate Ashford«, sagte er und richtete sich mühsam auf, »soll das heißen, dass du nach all der Zeit ›Übersee‹ noch immer für eine Ode an Florence Hamilton hältst?«
    Ich starrte ihn an. »Etwa nicht?«
    »Weißt du nicht, wann das Gedicht entstanden ist?«
    »Nun, ich habe angenommen …«
    »Kate.« Er seufzte auf. »Ich habe ›Übersee‹ in mein Notizbuch gekritzelt, als ich im Zug von Amiens an die Front fuhr, und zwar nach der wundervollsten Nacht meines Lebens, in der ich mich bis über beide Ohren verliebt hatte. Hast du es nie genau gelesen ? ›Ihre Schönheit schimmert durch den Regen …‹ Das warst du, du Dummerchen. Vor der Kathedrale.«
    »Oh.«
    »Schließlich hatte ich dir schlechte Gedichte versprochen«, fügte er sanft hinzu. »Auch wenn Flora meinte, es an sich reißen zu müssen, als meine Sachen nach Hause geschickt wurden.«
    »Und als ich in der Literaturprüfung saß und den dämlichen Aufsatz schrieb, in dem ich diese Zeilen analysiert habe …«
    »Hast du über dich selbst geschrieben, ja.«
    Ich fing an zu lachen. »Das hättest du mir wenigstens verraten können, du wundervoller Mann. Was soll ich nur mit dir machen?«
    »Ich würde vorschlagen«, murmelte er und küsste mich, »dass du einfach für immer und ewig so weitermachst wie bisher. Dann wäre ich glücklich.«
    »Für immer und ewig?«, fragte ich. »Ohne älter zu werden oder Geburtstag zu haben?«
    »Wie ich bereits sagte, Liebling, entsetzt es mich, dass du in der Geburtstagsfrage so wenig Zutrauen zu mir hast.«
    »Du hast mir einmal erklärt, du müsstest daran erinnert werden«, erwiderte ich.
    »Hoffentlich nicht schon beim ersten.«
    »Aha, ich verstehe. Dann war das heute Morgen also mein Geburtstagsgeschenk.«
    »Kate, du lenkst mich ab. Ich versuche gerade mir etwas zu überlegen und muss bei klarem Verstand bleiben.«
    Ich stützte mich auf den Ellbogen. »Julian, ich brauche wirklich kein Geschenk. Das war nur ein Scherz, um zu überprüfen, ob du es noch weißt. Du hast mich auf diese traumhafte Hochzeitsreise entführt, ganz zu schweigen davon, dass du die halbe Rue du Faubourg aufgekauft hast …«
    »Das hat dir doch Spaß gemacht, Liebling. Gib es zu.« Er kniff mich zärtlich in die Nase.
    »Ein bisschen schon. Schließlich habe ich etwas zum Anziehen gebraucht. Außerdem fällt es mir jetzt leichter, seit ich weiß, dass du die ganze Zeit an mich gedacht hast. Das hilft in gewisser Weise.«
    »Hilft? Herrgott, Liebling, ich hätte ohne dich nicht leben können. Also keine kleinlichen Bedenken mehr, wenn ich hier und da ein wenig Geld ausgebe. Gott sei Dank bist du jetzt meine angetraute Ehefrau, und es bereitet mir große Freude, mein Recht als Ehemann auszuüben und dir zu kaufen, was mir gefällt. Außerdem«, fuhr er fort und legte mir den Finger auf die Lippen, »bin ich nicht so vernagelt, dir aus Eitelkeit etwas zu schenken, das du nicht haben willst. Du wirst dich freuen zu hören, dass ich nichts für dein Geburtstagsgeschenk ausgegeben habe. Keinen einzigen Centime.« Er strahlte mich an.
    »Wirklich?« Zweifelnd zog ich die Augenbraue hoch.
    »Warum glaubst du
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