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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange
Autoren: Sophie Oliver
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nicht, was ich will! - Und wenn sie es wüssten, wären sie entsetzt und würden jetzt nicht hier stehen, um mir ihre Hilfe anzubieten. Ist das irgendeine Art grausamer Scherz? Es gibt für mich keine Hilfe!“ Sie drehte sich um und trat aus dem Schatten der Pflanzen. Der Rosenduft um sie herum war betäubend süß und schwer. Die meisten Blüten verwelkten gerade und es schien, als ob sie sich im Sterben noch einmal an ihre vergangene Pracht erinnerten und noch intensiver dufteten als in den frühen Sommertagen.
    Sie würde wieder hinein gehen und beten, dass sie unentdeckt geblieben war.
    Er hielt sie am Handgelenk zurück. Ärgerlich versuchte sie sich ihm zu entziehen ohne sich umzudrehen.
    Seine Stimme klang jetzt anders, nicht mehr sanft und schmeichelnd, sondern dunkel und voller Abscheu. „Er ist ein Monster! Niemand sollte einem anderen Menschen das antun was er mit dir macht. Nicht einmal ein Tier behandelt man so. Er wird dich eines Tages umbringen, das weißt du.“
    Von einer Sekunde zur nächsten erstarb der Widerstand in ihrer Hand. Er ließ ihren Arm los. Noch immer sah sie von ihm weg.
    „ Wer weiß es sonst noch?“ frage sie tonlos. Sie fühlte sich, als ob man sie in ein tiefes Loch geworfen hätte und wartete darauf, auf dem Boden aufzuschlagen. Verzweifelt schloss sie die Augen.
    „ Niemand. Ich bin der einzige.“
    „ Es würde mein Leben zweifellos drastisch verkürzen, wenn Jacob dächte, die Leute wüssten Bescheid.“
    „ Das wird nicht passieren“, seine Stimme hatte an Härte verloren, jetzt klang er traurig.
    Sie trat wieder hinter das Spalier und sah ihn an. „Woher weißt du es? Wer bist du?“, es machte keinen Sinn mehr, die Etikette zu wahren.
    Er beschloss ihre zweite Frage zu ignorieren und nur auf die erste vage zu antworten. „Ich weiß es einfach, ich kann es fühlen. Und wenn die Menschen nicht so selbstsüchtig und ignorant wären, könnten auch sie dein Leid sehen. Du bist eine gute Schauspielerin, aber man kann nicht alles endlos ertragen.“
    Er gab ihr eine kleine Karte, die im Mondlicht weiß leuchtete.
    „ Unter dieser Adresse erreichst du mich. Es ist an der Zeit, dass du dich entscheidest, ob du leben oder sterben willst. Wenn du sterben willst, bleib bei ihm. Wenn du aber leben willst, komm zu mir und ich werde dir die Freiheit schenken, die du dir am Brunnen gewünscht hast.“

    Auf der Heimfahrt fühlte Emmaline sich so stark wie noch nie, seitdem sie mit Jacob verheiratet war.
    Es war ihr absolut unerklärlich, wieso Nathaniel so viel wusste, oder wie er ihr helfen wollte, aber sie spürte, dass er die Wahrheit sagte und möglicherweise war er tatsächlich ihr einziger Ausweg aus der Hölle.
    Jacob neben ihr war still und übellaunig.
    Als sie die Stufen zu ihrem Haus hinaufstieg wusste sie, was kommen würde, sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Aber heute war es ihr egal.
    Der erste Schlag traf sie trotzdem unvorbereitet. Noch bevor sie das Ende der Treppe zum ersten Stock erreicht hatte, schlug Jacob ihr mit der Faust ins Gesicht.
    Blut spritzte aus ihrer Nase an die cremefarbene Seidentapete. Dieser Schmerz war neu. Ein weiterer Schlag traf sie und sie hatte Mühe, nicht ohnmächtig zu werden.
    „ Du Hure!“, schrie er sie an, „ Wie kannst du es wagen, mich zu demütigen! Mich!“
    Sie erwiderte nichts. Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, dass dies ihre Situation nur noch verschlechtern würde.
    Sie versuchte an ihm vorbei nach oben zu gelangen, aber seine Fäuste schlugen unbarmherzig auf sie ein. Blut lief über ihr Gesicht in ihre Augen und als er sie nach unten stieß, bekam sie den Handlauf der Treppe nicht zu fassen und fiel.
    Er folgte ihr nicht nur, um im Vorbeigehen in ihren Unterleib zu treten. Dann nahm er seinen Hut und ging mit den Worten, „Das sollte dir eine Lektion gewesen sein“ aus dem Haus.

6.

    1961
    Las Vegas
    USA

    Emmaline löste ihre verschränkten Arme und ging vom Fenster zurück an den Tisch, um in die Gesichter ihrer alten Freunde sehen zu können.
    Sie las Schock in ihnen, Schmerz und Scham.
    „ Das wussten wir nicht“, sagte John leise.
    Emmaline lachte kalt. „Natürlich nicht! Offiziell war ich zwei Monate lang zur Kur. In Wirklichkeit dauerte es so lange, bis meine Knochen geheilt waren und ich wieder aufstehen konnte. Meine Nase musste ein zweites Mal gebrochen werden, weil Jacob zu lange gewartet hatte, um einen Arzt zu rufen. Von meinen gebrochenen Rippen, den Platzwunden im Gesicht
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