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Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Titel: Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
Autoren: Lucinda Riley
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machte sich auf den Weg zu den Klippen. Wenn Aurora nicht auftauchte, würde sie einfach wieder nach Hause gehen.
    Unterwegs dachte Grania nach. Es kam ihr vor, als führte jemand anders ihr Leben, als käme sie nicht an ihre eigenen Gefühle heran. Sie konnte nicht weinen, Kontakt mit Matt aufnehmen oder sich darüber klar werden, ob ihre Reaktion rational gewesen war. Denn dazu hätte sie sich mit dem Schmerz auseinandersetzen müssen, und die beste und sicherste Lösung bestand für sie momentan darin, sich abzuschotten.
    Grania setzte sich auf einen Felsen und blickte seufzend aufs Meer hinaus. Sie hatte tatsächlich gedacht, ihre Beziehung mit Matt würde im Gegensatz zu denen ihrer Freunde halten. Grania schämte sich, wenn sie an ihre selbstgefälligen Bemerkungen von früher dachte: »Die Armen« oder »Uns passiert das nicht.« Von wegen!
    Plötzlich verspürte sie große Achtung vor ihren Eltern. Irgendwie war es ihnen gelungen, das Unmögliche zu schaffen – Kompromisse zu schließen und vierunddreißig Jahre lang miteinander glücklich zu sein.
    Vielleicht waren die Erwartungen in der modernen Zeit zu hoch; die Hierarchie der Bedürfnisse hatte sich verschoben. Paare mussten sich im Regelfall keine allzu großen Sorgen mehr darüber machen, ob sie ihre Kinder ernähren oder im Krankheitsfall einen Arzt bezahlen konnten. Nun drehte es sich weniger um warme Kleidung als um Designermarken. Und in der westlichen Gesellschaft mussten auch kaum noch Frauen ihre Männer an die Front verabschieden. Mit anderen Worten: Heute ging es nicht mehr ums reine Überleben.
    »Wir fordern das Glück, weil wir glauben, dass es uns zusteht.« Grania sprach diese Worte laut aus. Fast beneidete sie ihre Eltern um ihre Zufriedenheit und Gelassenheit. Sie besaßen nicht viel, und ihr Horizont war beschränkt. Sie lachten gemeinsam über Nichtigkeiten. Ihre kleine, sichere Welt schweißte sie zusammen. Grania und Matt hingegen lebten in einer Metropole, in der der Himmel allein die Grenze war.
    »Hallo, Grania«, hörte sie Auroras Stimme hinter sich.
    »Hallo, Aurora. Wie geht’s?«
    »Sehr gut, danke. Wollen wir uns auf den Weg machen?«
    »Ja. Ich habe dabei, was wir brauchen.«
    »Ich weiß. Ich habe die Tüte gesehen.«
    Grania stand auf.
    »Du solltest Daddy kennenlernen«, schlug Aurora vor. »Er ist im Arbeitszimmer. Könnte allerdings sein, dass er Kopfweh hat, das passiert oft.«
    »Ach.«
    »Ja. Er setzt beim Lesen die Brille nicht auf und überanstrengt seine Augen.«
    »Dumm, findest du nicht?«
    »Jetzt, wo Mummy tot ist, hat er niemanden mehr, der sich um ihn kümmert. Nur noch mich.«
    »Das machst du sicher gut«, sagte Grania, als sie sich dem Tor zum Anwesen näherten.
    »Ich bemühe mich«, versicherte Aurora und drückte das Tor auf. »Hier bin ich zu Hause, in Dunworley House. Es gehört seit zweihundert Jahren den Lisles. Bist du schon mal hier gewesen?«
    »Nein«, antwortete Grania, während sie Aurora durch das Tor folgte. Der Wind, der ihnen auf den Klippen um die Ohren geblasen hatte, war hinter der für West Cork typischen dichten Hecke aus Brombeersträuchern und wilden Fuchsien nicht mehr zu spüren.
    Grania bewunderte den gepflegten französischen Garten um das abweisende graue Gebäude. Niedrige Lorbeerhecken säumten den Weg, der zum Haus führte, und in den Beeten wuchsen Rosenbüsche, deren Farbenpracht im Sommer sicher beeindruckend war.
    »Wir benutzen den Haupteingang nicht«, teilte Aurora Grania mit und marschierte an der Vorderfront des Hauses entlang nach hinten. »Daddy sagt, der ist während der Unruhen in Nordirland verschlossen worden; irgendjemand hat den Schlüssel verloren.«
    In dem großen Hof stand ein nagelneuer Range Rover.
    »Komm«, sagte Aurora und öffnete die hintere Tür.
    Grania folgte ihr durch den Eingangsbereich in eine große Küche, in der eine massige Anrichte mit blau-weißen Tellern und anderem Geschirr eine ganze Wand einnahm. An der zweiten Wand befand sich ein Herd und an der dritten eine große Spüle zwischen zwei alten Melaminharz-Arbeitsflächen. In der Mitte des Raums stand ein langer, mit Zeitungsstapeln bedeckter Eichentisch.
    Dies war kein gemütlicher Ort, an dem sich die Familie versammelte, während die Mutter am Herd das Abendessen zubereitete. Der Raum wirkte spartanisch, funktional und streng.
    »Ich hätte keine Zeitungen mitbringen müssen«, stellte Grania mit einem Blick auf den Tisch fest.
    »Die braucht Daddy für die Kamine. Er friert
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