Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
hatten ein Ziel! Das hatte sein Vater nie verstanden, deshalb lag er nun auch dort unten und salutierte den Fischen.
    Robert bewunderte die mit Zaubern versehenen, bronzenen Ansaugrohre, die sich aus der Mähne des Löwen wie metallische Stränge wanden und sich dann anmutig zur Unterseite der Antriebswellen hinab bogen. Es sah aus, als wäre ein mächtiges Tier gezähmt worden, das nichts weiter wollte, als zu rennen. Es war wunderschön.
    Coldlake kletterte bereits in eine der offenen Luken und trieb die Gepäckträger an, sich gefälligst zu beeilen. Im Auftrag der Königin, verdammt noch eins.
    Nur fünf weitere Wagons waren angekettet, sie alle sahen düster aus, als würden sie mit verzierten Rüstungen in den Krieg ziehen. Robert erinnerte sich an seinen Auftrag, bannte die Erinnerungen aus seinen Gedanken. Er betrat weiche Teppiche, als er ebenfalls durch die Luke stieg.
    Das stetige Summen des Zuges hatte eine beruhigende Wirkung, denn es entfernte ihn mit jedem Pulverstoß weiter fort von Humberstone Castle. Robert hatte ein altes Buch auf den Knien liegen, ein Lesezeichen von Caroline ragte zwischen den Seiten hervor. Vier ineinander geschlungene, längst vertrocknete Grashalme. Sie hatte es ihm zu seinem zwölften Geburtstag geschenkt, mit den Worten: ›Wann immer du eine Geschichte hören willst!‹ Er hatte es gewollt. Und so war er nachts zu ihr geschlichen, und Caroline hatte ihm vorgelesen. Von Rittern und Herzen, die wie Ritter waren. Von Augen, die weit blickten oder irrten, roten Körben, Wölfen, aus deren Maul der Wind zu kommen schien und der Wege verschwinden ließ. Meist lag er auf der rechten Seite. Die Augen geschlossen, lauschte er ihrer wundervoll melodischen Stimme. Einmal hatte sie ganz sachte die Hand auf seinen verstümmelten Arm gelegt, als wollte sie ihn wieder aufwecken. Er war zurückgezuckt, plötzlich wütend. Ob über ihre Berührung oder die darin verborgene Liebe, das wusste er nicht.
    »Was soll ich damit denn schon tun?«, hatte er sie gefragt und den Arm wie einen Feind geboxt.
    »Wenn du immer nur daran denkst, Robbie, wirst du auch immer nur dieser Arm sein!«, hatte sie geantwortet, und war kitzelnd über ihn hergefallen, bis sein Bauch wehgetan hatte vor Lachen.
    Danach hatte er die Magie gefunden, sie ergriffen und besser beherrscht als all seine Lehrer.
    Er hörte noch die herablassende Stimme: »Wie, Lord Humberstone, verhindern Sie, dass Holz brennt?« 
    Es gab ungezählte Antworten darauf. Sie alle zielten darauf ab, das benannte Objekt irgendwie zu schützen. Wasser als Gegengewicht zu beschwören, die Oberfläche zu versteinern, zu verdichten, mit Eis zu überziehen, das Unvermeidliche zu verzögern …
    Als er die Antwort gab, herrschte plötzlich Stille.
     
    »Sir, möchten Sie vielleicht einen Imbiss?«
    Robert schreckte auf, aber ließ es sich nicht anmerken. Er öffnete gelangweilt die Augen. Die Fenster waren verschleiert worden. Seine Suite war komfortabel, ja, geradezu luxuriös. So war das wohl, wenn man im Zug der Königin fuhr. Jeder Wagon hatte die Länge von mehr als sechzig Schritt. Robert hätte nicht besser reisen können. Der Boden war mit plüschigen Teppichen ausgelegt, die Möbel waren allesamt kunstvoll verziert, der Löwe das dominierende Objekt darin. Es gab alles, das eine Reise dazu machte, keine mehr zu sein. Von einer Bar bis hin zu einer Badewanne, die aus dem Boden aufstieg. Die Wände allerdings waren aus blankem, goldgefärbten Metall, stark vernietet und wahrscheinlich mit so vielen Zaubern gesichert, dass sogar Thors Hammer Schwierigkeiten gehabt hätte, eine Delle in dieses Wunderwerk zu schlagen.
    »Wo sind wir jetzt?«
    »Auf den Pfeilern der Könige, Sir. Ich wusste nicht, ob ich Sie darauf aufmerksam machen sollte.« Wie erstaunlich freudlos doch die Stimme eines Agenten der Löwenpranke klingen konnte, wenn er scheinbar nichts anderes zu tun hatte, als einen verwöhnten Lord im Auge zu behalten - in einem Zug. Denn dass Coldlake ein Agent war, stand für Robert außer Frage. Doch es scherte ihn nicht, nein, er fühlte sich sogar bestätigt. Die Königin hatte große Pläne, - Pläne, die so vieles verändern würden, dass eine gesunde Paranoia durchaus angebracht war.
    Robert erhob sich, das vergessene Buch rutschte ihm von den Knien und fiel zu Boden. Eine Seite schlug auf, das Lesezeichen seiner Schwester rutschte heraus. Instinktiv wollte er mit der Linken danach greifen, als Schmerz in die Konstruktion schoss wie ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher