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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament
Autoren: Thomas Kowa
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und sich neben den Bischof gesetzt hatte. Wie ein Wachhund , dachte Pandera.
    »Nein.« Der Bischof wies zu seinem Stellvertreter. »Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Außerdem ist Vikar Kunen als Abt des Jesuitenordens genauso von Rolands Tod betroffen wie ich.«
    »Aber Ihr Bruder war doch nicht mehr Mitglied des Ordens, oder?«
    Der Bischof seufzte. Er schien zu überlegen, was er antworten sollte.
    Der Vikar kam ihm zuvor. »Den Jesuitenorden verlässt man nicht einfach«, sagte er steif. »Im Herzen bleibt man immer Jesuit.«
    »Aber Roland Obrist hat doch ein weltliches Leben geführt und in einem Labor gearbeitet«, widersprach Pandera.
    »Uns Jesuiten als Regularklerikern ist das weltliche Leben nicht fremd«, erwiderte der Vikar. »Wir kennen keine einheitliche Ordenstracht und lehren an Universitäten und Schulen. Wir schließen uns nicht ein, wir sind Teil der Gesellschaft. Wussten Sie, dass Descartes und Voltaire Schüler von Jesuiten waren?«
    »Das heißt, Roland Obrist hat mit Billigung des Ordens in dem Labor gearbeitet?«, fragte Pandera.
    Bischof Obrist räusperte sich. »Wir haben darüber einen langen Disput geführt«, antwortete er. »Rolands Ziele waren fraglos die richtigen … Nur über den Weg dahin, über den waren wir uns nicht einig.«
    »Hatten Sie noch Kontakt zu Ihrem Bruder?«
    Der Bischof rieb sich über die Stirn. »Roland hat gewusst, dass er jederzeit zurückkehren kann.«
    »Was er nicht getan hat«, erwiderte Pandera. »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    Wieder ergriff Vikar Kunen das Wort. »Was spielt das für eine Rolle?« Er funkelte Pandera aus stahlblauen Augen an.
    »Das hier ist kein Verhör«, sagte Pandera ruhig. »Wenn ich allerdings den Eindruck bekomme, dass Sie kein Interesse daran haben, den Mörder von Roland Obrist zu finden, kann es schnell eines werden.«
    »So war das nicht gemeint«, beeilte sich der Bischof zu antworten. »Ich habe Roland das letzte Mal vor gut zwei Jahren gesehen, hier in der Kathedrale. Er hatte Zweifel, was seine Tätigkeit in dem Labor anging, und wir haben darüber diskutiert.«
    »Vor zwei Jahren?«, wiederholte Pandera. »Eine lange Zeit, nicht wahr?«
    Bischof Obrist reagierte nicht.
    »Die Aufgaben als Bischof ist vielfältig und sehr zeitaufwendig …«, warf Vikar Kunen ein.
    »Ich habe den Bischof gefragt und nicht Sie«, unterbrach Pandera ihn. Der Verlauf des Gesprächs gefiel ihm überhaupt nicht. Kunen sah nicht nur aus wie ein Wachhund, er benahm sich auch so.
    Mit leicht erhobener Hand bedeutete der Bischof dem Vikar, sich zurückzuhalten. »Wir waren auf besondere Weise miteinander verbunden«, sagte er schließlich. »Diese Verbundenheit war unabhängig von Ort und Zeit. Man kann tiefe Liebe zueinander empfinden, auch wenn man sich nicht sieht. Jesus selbst lehrt uns das.«
    »Und Sie?«, fragte Pandera den Vikar. »Wann haben Sie Roland Obrist das letzte Mal gesehen?«
    »Das ist auch schon länger her«, antwortete Kunen ausweichend.
    »Können Sie das präzisieren?«
    »Ungefähr ein Jahr. Wir haben uns auf einer kirchlichen Veranstaltung zufällig getroffen und miteinander gesprochen.«
    Pandera wandte sich wieder an den Bischof. »Der Vorgesetzte von Roland Obrist, Doktor Plattner, hat angedeutet, dass es zwischen Ihrem Bruder und der Ordensleitung Konflikte gegeben habe.«
    »Doktor Plattner ist ein unverantwortlicher Scharfmacher«, warf der Vikar ein. Er ballte die Faust, als helfe ihm das, sich zu beherrschen. »Er sollte besser auf sein Labor aufpassen, als uns einen Konflikt mit Bruder Obrist anzudichten!«
    Der Bischof hob beschwichtigend die Hand. »Vikar Kunen möchte damit sagen, dass mein Bruder das Opfer einer weltlichen Verschwörung ist und nicht einer kirchlichen.«
    »Einer weltlichen Verschwörung?«, wiederholte Pandera.
    Bischof Obrist fuhr sich mit der Hand über den Mund, als bereue er, was er soeben gesagt hatte. »Wie soll ich es erklären?« Er seufzte. »Mein Bruder stand in Konflikt mit heidnischen Kräften.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er war den Agnostikern, der Fehlgeleiteten, die an nichts glauben, ein Dorn im Auge.«
    »Weshalb?«, fragte Pandera irritiert. »Ich denke, er war ein Wissenschaftler?«
    »Mein Bruder war mit einer Untersuchung beschäftigt, die nicht in das Weltbild der Agnostiker passt.«
    Pandera verstand kein Wort mehr. »Würden Sie mir bitte erklären, wovon Sie sprechen?«
    Der Bischof schloss die Augen und atmete tief durch. »Mein Bruder war
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