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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament
Autoren: Thomas Kowa
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Bevölkerung. Der nächstgrößere Ort, der in der Hand der Katholiken geblieben war, hieß Solothurn. Und so hatte der katholische Bischof vor ein paar Jahrhunderten seine Zelte in eben dieser Stadt aufgeschlagen. Weil ein Zelt für einen Bischof aber ein wenig karg ist, hatte er sich eine Kathedrale bauen lassen. Jene, vor der Alex Pandera nun stand.
    Nachdem Tamara Aerni sich bei der Befragung des Wachmanns ebenso sprunghaft verhalten hatte wie bei dem Gespräch mit Plattner, hatte Pandera beschlossen, alleine nach Solothurn zu fahren. Er würde sie nicht auf den Bischof loslassen. Tamara Aerni hatte geschluckt, aber seine Entscheidung akzeptiert.
    Der Wachmann selbst hatte nicht viel zu erzählen gehabt. Er habe die Leiche auf seiner üblichen Runde gefunden und vorher wie nachher nichts Auffälliges beobachtet. Zuvor sei er in anderen Objekten unterwegs gewesen. Pandera hatte Tamara Aerni aufgetragen, die Angaben des Wachmanns zu überprüfen und erste Recherchen über die Mitarbeiter von SEQUENZA 46 in die Wege zu leiten. So war sie eine Weile beschäftigt. Das war seine Art, sich an sie zu gewöhnen.
    Während Pandera die Steintreppe hochging, konnte er leise Orgelmusik hören, offensichtlich lief der Gottesdienst noch. Der Kommissar öffnete die hölzerne Eingangstür und warf einen Blick in die Kirche. Erstaunt bemerkte er, wie viele Gläubige den Weg in die Kathedrale gefunden hatten. Das Hauptschiff war einer Bischofskirche würdig, groß und mächtig, ganz in Weiß gehalten und mit goldenen Ornamenten verziert. Pandera ging leise zu einer der hinteren Bänke und setzte sich.
    Die Orgel verstummte. Der Geistliche, der vorn am Hochaltar stand und ein kostbar aussehendes Gewand trug, wandte sich mit leiser und gleichzeitig fester Stimme an seine Gemeinde. Er mahnte sie, mehr Nächstenliebe und Menschlichkeit zu üben, doch er tat es nicht anklagend, sondern auf eine Art, die an einen gutmütigen Großvater erinnerte.
    Pandera erinnerte sich an die katholische Kirche, in die er als Kind ab und an gegangen war. Dort war häufig von Sünde und Fegefeuer die Rede gewesen, und jedes Mal hatte er Angst davor bekommen. Der Geistliche dort vorne schien einen anderen, friedlicheren Zugang zu Gott gefunden zu haben.
    Der Gottesdienst endete mit einem Schlussgesang. Pandera wartete, bis die Gläubigen die Kathedrale verlassen hatten, dann ging er nach vorne zum Chor.
    Er stand schon eine ganze Weile allein in der Kirche, als ein noch recht jung aussehender Geistlicher aus einer Seitentür trat und auf ihn zukam. Trotz der schwarzen Robe, die er trug, konnte Pandera dessen athletische Statur erkennen. Sein Schädel war kahl rasiert, sein Kinn und seine Oberlippe bedeckte ein kurzer dunkler Bart.
    Pandera wandte sich dem Priester zu. »Mein Name ist Alex Pandera, Kriminalpolizei Basel. Ich habe einen Termin bei Bischof Obrist.«
    Der Priester schüttelte Pandera die Hand. Er drückte dabei so kräftig zu, dass Pandera leicht zusammenzuckte. »Wir haben telefoniert«, sagte der Geistliche. »Ich bin Simon Kunen, Generalvikar und Stellvertreter seiner Exzellenz.«
    »Ist der Bischof schon informiert?«, fragte Pandera.
    Kunen nickte. »Wir können kaum glauben, was geschehen ist.« Er führte Pandera aus der Kathedrale hinaus und in ein hinter dem Chor liegendes Gebäude. Dort angekommen, betraten sie ein Büro im Erdgeschoss. Hinter einem großen Eichenschreibtisch saß der Priester, der den Gottesdienst gehalten hatte. Seine Augen, die unter buschigen Augenbrauen hervorschauten, verrieten Trauer.
    »Eure Exzellenz«, begann der Vikar und verbeugte sich. »Darf ich vorstellen, Kommissar Pandera von der Basler Kriminalpolizei.«
    Unwillkürlich verbeugte sich auch Pandera. Plötzlich fiel ihm ein, dass er nicht einmal wusste, wie man einen Bischof korrekt anredete. Der Vikar wird es schon richtig gemacht haben , dachte er und setzte sich auf den altertümlich aussehenden Holzstuhl vor dem Schreibtisch. »Eure Exzellenz, es tut mir leid, dass ich so hartnäckig um ein Treffen gebeten habe, aber Sie sind der nächste Angehörige des Opfers.«
    »Sie haben richtig gehandelt«, entgegnete der Bischof mit sanfter Stimme und strich sich durch den langen grauen Vollbart. »Mein Sekretariat ist manchmal ein wenig zu sehr auf meinen Schutz bedacht. Selbstverständlich müssen wir uns unterhalten.«
    »Möchten Sie das Gespräch unter vier Augen führen?«, fragte Pandera. Er schaute zu Vikar Kunen, der sich einen Stuhl herangezogen
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