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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition)
Autoren: Petra Hammesfahr
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in den ersten Jahren nur Kopfschütteln hervor und brachte ihm einen Spitznamen ein, den sie einer bestimmten Sorte von Heftchenromanen entnommen hatten: der Geisterjäger. Viele hielten ihn für einen Spinner mit einer fixen Idee. Einige vermuteten gar persönliche Motive hinter seinem Eifer, weil eines der Opfer, Elisabeth Brandow, die Cousine seiner Frau gewesen war. Dabei hatte er Elisabeth nicht einmal persönlich gekannt.
    Im Sommer 1988, als Karen ihrer Familie den italienischen Austauschschüler servierte, hatte er sich in Claudia verliebt, vielmehr sie sich in ihn. Er tat sich mit Gefühlen schwer. Claudia war auch keine Frau, in die man sich leicht verliebte. Sie war ein Typ wie Sarah Dierden, das blonde Haar zu dünn, das Gesicht zu rund, stämmige Beine, breite Hüften, wenig Busen. Aber Claudia war – wie Sarah – warmherzig, tüchtig und sehr zielstrebig, was sie haben wollte, bekam sie normalerweise auch. Ihn wollte sie unbedingt, bemühte sich ein ganzes Jahr darum, ihm klarzumachen, dass sie die einzig richtige Frau für ihn sei. Das begriff er schließlich auch.
    Zu dem Zeitpunkt lag Claudias Cousine schon seit gut einem Jahr auf dem Friedhof in Eibelstadt nahe Würzburg. Elisabeth Brandow war nur zwanzig Jahre alt geworden. Sie hatte in Würzburg studiert. Ihre Eltern lebten in Eibelstadt und unterstützten sie finanziell, zusätzlich jobbte sie in einem Schnellimbiss, um sich einen Traum zu erfüllen, einen längeren Aufenthalt in Italien, vor allem Rom wollte sie sehen. Am späten Abend des 13. September 1984 rief sie ihre Mutter an, erzählte etwas von «ganz-schnell-die-Tasche-packen-müssen», drei Schnuppertage in Rom, eine günstige Gelegenheit. Sie sagte auch etwas von männlicher Begleitung, ein Gastarbeiter, der seine Familie besuchen wolle. Danach sah und hörte niemand mehr etwas von ihr.
    Die Würzburger Polizei nahm halbherzig die Ermittlungen auf. Eine junge Studentin, da nahm man an, es habe Elisabeth in Rom so gut gefallen, dass sie es vorzog zu bleiben. Den Mann, der sie hatte mitnehmen wollen, machte man nicht ausfindig. Man ging davon aus, dass Elisabeth ihn im Schnellimbiss kennen gelernt hatte, aber dort erinnerte sich niemand an einen italienischen Gastarbeiter, der seine Familie hatte besuchen wollen. Interpol wurde informiert, viel mehr passierte anfangs nicht. Und später ließ sich das Versäumte nicht nachholen. Es verging zu viel Zeit, ehe aus der Vermisstensache eine Todesermittlung wurde.
    Elisabeth Brandows sterbliche Überreste wurden erst im Februar 1987 gefunden, nur etwa sechzig Kilometer von Würzburg entfernt, ausgescharrt von Wildschweinen im Spessart. Identifiziert werden konnte sie nur noch anhand des Zahnschemas. DNA-Analysen kannte man damals noch nicht. Die Todesursache war nach der langen Liegedauer im Waldboden nicht mehr zu bestimmen, Verletzungen am Skelett nicht feststellbar. Auch Kehlkopf und Zungenbein waren intakt, was einen Tod durch Erdrosseln ausschloss, obwohl ihr der Riemen ihrer Schultertasche um den Hals gezurrt war. Die Tasche fehlte ebenso wie alles andere, was Elisabeth Brandow bei sich gehabt haben musste. Eine Reisetasche aus Kunstleder, etwas Kleidung, einen italienischen Sprachführer und ein kleines, goldenes Kreuz, das sie als Kind geschenkt bekommen und immer getragen hatte.
    Die Fakten waren Scheib natürlich bekannt. Es war oft gesprochen worden über «unsere Lissi», wie man sie in der Familie nannte. Bei seiner Hochzeit mit Claudia, im Sommer 1990, vergoss Elisabeths Mutter noch ein paar Tränen um ihre Tochter, machte auch eine Anspielung auf den Polizisten, den man nun in der Familie habe.
    Aber er fühlte sich davon weder direkt angesprochen noch zu irgendetwas herausgefordert. In der zentralen Vermisstenstelle hatte er auch keine Möglichkeiten, persönlich aktiv zu werden. Er registrierte nur ungeklärte Schicksale, verglich die meist dürftigen Ermittlungsakten mit anderen Fällen, suchte nach Parallelen. Wenn er fündig wurde, informierte er die zuständigen Ermittler, damit sie sich austauschen konnten.
    Bis 1992 wurden mit seiner Hilfe einige Fälle geklärt und drei Mörder überführt. Serienmörder, sodass er begann, sich intensiv mit diesem Tätertyp zu befassen. Er las alles, was zu dem Thema geschrieben worden war, psychologische Abhandlungen und Fallstudien aus dem In- und Ausland.
    Und dann kam im Dezember 1992 eine Meldung aus Lübeck herein. Die Ermittlungsakte war karg, weil es sich um eine erwachsene
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