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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition)
Autoren: Petra Hammesfahr
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Zahlen auf eine leere Seite in seinem Notizbuch, riss sie heraus und drückte sie ihr in die Hand. «Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt oder Sie einfach nur reden möchten, rufen Sie mich an, auch wenn es mitten in der Nacht ist.»
    Dann ging er, ließ sie allein mit zehn Toten, mit Li und Rabea. Als Marko kam, war ihr immer noch so kalt, als läge sie halb aus einem Autowrack gezogen auf feuchtem Ackerboden. «Die müsste man auf der Stelle ersäufen», hörte sie ihn brüllen. Er hätte es besser getan.
    Er küsste sie auf die Stirn. Und sie spürte den Griff im Nacken, das Gewicht im Rücken, den brennenden Schmerz im Unterleib, einen Tritt in die Seite. Sie hörte die eiligen Schritte, als Jasmins Vater davonrannte, und die zögernden, die sich näherten, den leisen Fluch. Keine Einbildung! Pitter Karotte war gekommen und hatte ihn verscheucht.
    «Wie geht es dir heute, Schatz?», fragte er.
    «Nicht gut», sagte sie. Spielen konnte sie nicht mehr. «Die Polizei war hier. Sie haben mich nach dem Haus deiner Tante gefragt. Es gibt einen Zeugen, der Li gut kannte und behauptet, sie hätte mehrfach in Rabeas Zimmer übernachtet und einige Monate bei deiner Tante gelebt.»
    Er war nicht einmal schockiert oder erstaunt, wollte nur wissen: «Hast du ihnen gesagt, wo meine Tante wohnte?»
    «Nein», sagte sie.
    Er nickte zufrieden und lächelte, wie er in all den Jahren gelächelt hatte. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und bedauerte: «Ich kann heute nicht so lange bleiben, Schatz. Margo muss noch zu einer Besprechung, und ihre Sekretärin hatte keine Zeit, Kevin zu hüten. Du bist mir nicht böse, wenn ich gleich wieder gehe?»
    «Nein», sagte sie. «Ich bin ohnehin sehr müde.»
    Anschauen konnte sie ihn nicht mehr. Bei Norbert hatte sie es gekonnt, zwölf lange Jahre. Aber da war es auch immer nur um sie gegangen, vielleicht noch um Li. Und Norbert hatte sie geliebt.
    «Dann ruh dich aus, Schatz», sagte er und küsste sie noch einmal auf die Stirn. «Bis morgen.»
    Als sie die Tür hinter sich schloss, sah sie ihn im Geist in die Eifel fahren, um alle Beweise zu vernichten. Klinkhammers Zettel lag unter dem Kopfkissen. Seine Handynummer hatte er ihr notiert. Irgendwie machte ihr rechter Arm sich selbständig, klingelte nach der Schwester und drückte ihr den Zettel in die Hand.
    Klinkhammer war noch in der Nähe. Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, da stand er wieder neben ihrem Bett. Ob er geblieben war in der Hoffnung, dass sie ihn anrief, oder um Marko zu folgen, wollte sie gar nicht wissen.

Epilog
    Thomas Scheib hatte sich in vielen Punkten geirrt, aber in einem nicht. «Ich kriege ihn mit seinen Erinnerungen, nur damit, aber damit für alle.» Genau so war es.
    Das alte Haus in der Nähe von Blankenheim, abseits auf einem Berg, von Wald umschlossen, war für die Beamten der Kölner Kriminalpolizei nicht leicht zu finden, obwohl sie den Weg gut beschrieben hatte. Es gab auch einen direkten Weg, den wählten die beiden Männer der Polizei in Blankenheim, die Marko an diesem Abend im Juni in Empfang nahmen.
    Von der Ortsmitte aus führten Stufen den Berg hinauf. Fünfzig Meter von der Stelle entfernt, wo diese Stufen begannen, hatte vor achtzehn Jahren Anja Heckel gelebt – und ihren Mörder gut gekannt, weil er seine Tante oft besuchte.
    Die Spurensicherung war zwei volle Tage auf dem großen Grundstück beschäftigt. Zu sichern gab es mehr als genug, auch zwei Gräber. In einem lagen die sterblichen Überreste einer jungen Frau, deren wahre Identität nicht geklärt werden konnte. Es war anzunehmen, dass es sich um Mei Li Jau handelte, beziehungsweise um die Frau, die sich so genannt hatte. Ob es ihr richtiger Name gewesen war, wusste niemand. Aber sie musste eine besondere Rolle in Markos Leben gespielt haben, immerhin hatte sie einen Ehrenplatz bekommen – neben seiner Tante.
    Die alte Frau lag im zweiten Grab und konnte unmöglich erst vor vier Jahren gestorben sein. Wie sie zu Tode gekommen war, blieb ein Rätsel. Vielleicht war sie friedlich in ihrem Bett entschlafen. So wollte Marko sie gefunden haben. Und dann hatte er sie, weil das ihr sehnlicher Wunsch gewesen war, auf eigenem Grund und Boden bestattet. Vermisst hatte sie niemand. Ein paar Leute im Ort waren der Meinung, die alte Frau sei in ein Seniorenheim übergesiedelt. Um ihr Haus hatte sich niemand gekümmert.
    In einem Schuppen standen acht Schaufensterpuppen. Frauen ohne Haare, deren Finger so steif waren wie Kevins
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