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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition)
Autoren: Petra Hammesfahr
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im Auto.»
    Oliver hatte es mit ins Haus genommen. Das hatte sie zwar nicht gesehen, weil er sie noch im Auto gezwungen hatte, sich die Augen zu verkleben. Aber als dieser Anruf kam. «Norbert? Ja, sie ist bei mir. Keine Sorge, ich tu ihr nichts.» Das hatte Oliver in ihrer Nähe gesagt. Er war nicht in den Flur gegangen, um zu telefonieren. Sie kannte sich zwar nicht besonders gut aus mit Funktelefonen, aber eines wusste sie: Dass sie die Nummer eines Anrufers zeigten.
    Und wenn der Telefonstecker in ihrer Diele über Nacht ausgezogen gewesen war, wie Klinkhammer meinte, wenn Oliver nur in die Werkstatt gefahren war, um an Markos Handynummer zu kommen, wenn er Marko auf dem Handy angerufen hatte, dann hätte Marko ihn auch zurückrufen können – und so tun, als sei er Norbert. Am Telefon konnte man ihre Stimmen leicht verwechseln. Für ein paar Sekunden hatte sie noch einmal den lahmen Applaus und die Stimme im Ohr: «Gut gemacht, Junge.» Am liebsten hätte sie geschrien.
    «Ihnen glaube ich ja», sagte Klinkhammer. «Jetzt müsste ich mal schnell telefonieren. Kann ich sie kurz allein lassen, oder erwarten Sie noch Besuch?»
    Natürlich, aber erst in zwei Stunden. Marko kam meist um sieben. Ihr war so entsetzlich kalt. Die Stimme vom Band zuckte ihr noch durch den Kopf, der Typ, der sich «Dierdens Schwester» zur Brust genommen hatte, der Onkel in der Eifel und eine verbrühte kleine Schwester. Und Li in Rabeas Bett schlafen lassen, sie heimlich in Margos Wohnung geschmuggelt, nachts um drei. Sie wusste, dass Peter Kolbe sich das nicht aus den Fingern gesogen hatte, weil es zu all den in der Diskothek aufgeschnappten Satzfetzen passte. Ein angeheirateter Bruder! Li hatte nie von Norbert gesprochen. Und sie hatte ihn weggeschickt.
    Sie sah sich in Markos Bett liegen und ihn nach nebenan gehen, wie er es so oft getan hatte in den ersten Monaten, weil er sie nicht bedrängen wollte. «Schon gut, Schatz, ich kann warten. Es ist kein Problem, wirklich nicht. Ich bin ja selber schuld, nicht wahr?» So konnte man das auch ausdrücken.
    Da der Betrieb von Funktelefonen im gesamten Klinikkomplex verboten war und er sie nicht zu lange allein lassen wollte, rief Klinkhammer vom Stationszimmer aus bei Carmen Rohdecker an und verlangte: «Erkundige dich mal in München, ob die Besitzerin des Mazda ihr Handy vermisst. Und frag Weigler bei der Gelegenheit auch, ob ihm der Begriff Kollegenschwein etwas sagt.»
    Als er zurück ins Zimmer kam, lag sie da mit weit offenen Augen, starrte die Zimmerdecke an. Es fiel ihm schwer, sie auch noch nach dem Haus der Tante zu fragen. Und sie sah Kevin mit dem Telefonhörer in der Hand, das kleine, verstörte Gesicht, seine Furcht um Papa. Und dann erzählte er von der bösen Hexe im dunklen Wald, die Frauen fraß und viele Frauen in einen Stall gesperrt hatte. Frauen ohne Haare, mit Fingern so steif wie Kevins Bausteine. Leichenstarre, dachte sie, aber das konnte doch nicht sein. Marko hätte doch einem kleinen Kind keine Leichen gezeigt.
    Sie hätte den Weg beschreiben können, auch wenn sie ihn nur einmal mit Marko gefahren war, die Strecke hatte sie noch gut im Kopf. Das Haus war nicht leicht zu finden, es lag außerhalb des Ortes auf einem Berg, von Wald umschlossen. Wenn sie Klinkhammer jetzt dorthin schickte, und wenn sie Beweise fanden – ihr war immer noch so entsetzlich kalt.
    Sie versuchte sich vorzustellen, wie es mit ihr weiterginge ohne Marko. Allein, kein Beruf, kein Haus, ein unbrauchbarer Arm, eine kaputte Hüfte und ein zerstörtes Gesicht. Die Frau eines zehnfachen Mörders, die ebenfalls einen Menschen getötet und sich mit ihrer Familie überworfen hatte. Wenn sie schwieg – es dauerte bestimmt eine Weile, ehe die Polizei das Haus in der Eifel fand. Vor morgen früh, dachte sie, wäre wahrscheinlich nichts zu machen. Eine Nacht Zeit für Marko. Und wenn er mit ihr nach Warschau fuhr? Vielleicht wollte er alleine zurückkommen und ihnen etwas von einem Narkosezwischenfall oder sonst einer Komplikation erzählen. Einäscherungen waren in Warschau bestimmt auch preiswerter als in Düsseldorf.
    «Es tut mir Leid», sagte sie. «Ich war ja nur einmal da, das ist vier Jahre her. Ich hab auch gar nicht darauf geachtet, wie mein Mann damals gefahren ist. Und wie seine Tante hieß, es klingt vielleicht komisch, aber ich weiß es wirklich nicht. Es war halt immer nur seine Tante, verstehen Sie?»
    «Ja», sagte Klinkhammer. «Natürlich verstehe ich das.»
    Er notierte ein paar
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