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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du
Autoren: Nancy Salchow
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Zeit, dass ich auch mal etwas zurückgebe.“
    „Aber das tust du doch schon.“ Er küsst mein Haar. „Allein dadurch, dass du da bist. Durch alles, was du tust und sagst.“
    „Sobald du wieder auf die Medikamente eingestellt bist, wird es dir besser gehen. Vielleicht sogar noch besser als vorher.“
    Schweigend nickt er mir zu.
    Seine Unsicherheit ist unverkennbar. Ich weiß, dass er mich auch nachts in seiner Nähe haben will, ebenso wie ich ihn – trotzdem ist diese Entscheidung die richtige, das spüre ich.
    „Ich werde morgen Nachmittag hier sein“, sage ich. „Nicht nur morgen, an jedem Tag. Das verspreche ich dir.“
    „Ich möchte nicht, dass du dir wegen mir Stress machst.“
    „Stress wäre nur, wenn ich wüsste, dass ich dich auch nur einen Tag nicht sehen könnte.“
    Ein leichtes Lächeln schiebt sich auf seine Lippen, während er mein Kinn mit beiden Händen umfasst, um mich zu küssen.
    „Herr Engermann?“
    „Ja?“
    Eine kurzbeinige Schwester mit kinnlangem schwarzem Haar steht vor uns und lächelt uns mit müdem Lächeln zu.
    „Wenn Sie soweit sind, bringe ich Sie gern auf Ihr Zimmer.“
    Bastian nickt ihr zu und steht nach einem flüchtigen Blick in meine Richtung auf.
    Hand in Hand folgen wir der Schwester über den Flur. Vor dem Türspalt des Zimmers am Ende des Ganges bleiben wir schließlich stehen.
    Meine Hände liegen in seinen. Weich und warm, wie so oft zuvor, spüre ich seine Finger auf meinen.
    „Ich werde sicher kein Auge zu tun“, sagt er mit schwerer Stimme.
    „Was sagst du mir immer? Der Körper holt sich von selbst, was er braucht. Und nach den schweren letzten Tagen wirst du schlafen können, ganz sicher.“
    Er bemüht sich um ein Lächeln, auch wenn unverkennbar ist, wie schwer es ihm fällt.
    „Ich liebe dich“, flüstert er mir ins Ohr, während er meinen Nacken küsst.
    „Ich liebe dich auch.“

    *

    „Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Panik ich hatte, als ich heute früh aufgewacht bin.“
    „Weil du gemerkt hast, dass du nicht zu Hause bist?“ Fragend suche ich seinen Blick, während wir den langen Flur entlangspazieren.
    „Nein.“ Er grinst. „Weil ich mit dem Gedanken wach geworden bin, dass ich noch immer deinen schwarzen Slip mit dem Paillettenherz drauf anhabe.“
    Ich lache. „Und? Hattest du?“
    „Gott sei Dank nicht.“ Er schüttelt den Kopf. „Ich muss mich gestern in geistiger Umnachtung doch noch umgezogen haben.“
    Lachend gehen wir weiter, durchqueren Türen, betreten Flure und Treppen.
    „Wo sind wir?“, frage ich nach einer Weile.
    Bastian zuckt mit den Schultern. „Spielt das eine Rolle?“
    Der Flur erstreckt sich vor uns in nicht zu greifende Ferne. Wie ein Licht aus einer anderen Welt schleicht sich ein schmaler Streifen Sonne durch das schmutzige Fenster am Ende des Ganges und legt den Blick auf den staubigen Boden frei.
    Der unbenutzte Krankenhausflügel. Wie sind wir hier gelandet?
    Instinktiv greife ich nach seiner Hand, während wir nebeneinander an den offenen Türen vorbeigehen. Türen, die den schmalen Blick auf leere Zimmer preisgeben. Hier und da unterbricht der Rest eines bunten Fensterbildes die graue Leere des Raumes.
    Ein Schritt.
    Zwei Schritte.
    Mein Herz schlägt bis zum Hals, während ich seine Hand fester umklammere. Warm und schützend legen sich seine Finger um meine.
    Auf einer der Türen ergeben die letzten verbliebenden Buchstaben eine Ahnung des Wortes „Pumpstation“.
    Erst jetzt wird mir bewusst, dass wir uns auf der ehemaligen Geburtenstation befinden.
    Ein flüchtiges Grinsen huscht über meine Lippen. „Ganz schön still für eine Babystation.“
    Er lacht leise.
    Am Ende des Ganges angekommen bleiben wir neben einer offenen Zimmertür stehen.
    Da ist es wieder, das wohlig warme Gefühl, das meinen Magen in ein Sammellager wildgewordener Hummeln verwandelt.
    Fast kommt es mir so vor, als stünde der lange staubige Flur als Metapher für die letzten Monate, die uns so fern voneinander den Blick auf die Sonne verstellt haben, nur um nun, am Ende des Ganges angekommen, endlich das langersehnte Licht zu finden.
    Er führt seine Hand zur Tür und schiebt sie langsam auf.
    „Zimmer 18“ flüstere ich.
    „Zimmer 18“, wiederholt er lächelnd.
    „Meinst du, sie finden uns hier?“, frage ich, als ich meinen Fuß zögernd über die Schwelle setze.
    „Sie haben uns nicht gesehen“, antwortet er und während ich mich fragend zu ihm umdrehe, weiß ich, dass es die einzige Antwort
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