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Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot

Titel: Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot
Autoren: Sabine Asgodom , Peter Gaymann
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entschuldigen
    Ich höre jetzt schon Kritikerinnen schreiben: Ach, die dicke Autorin will sich mit dem Buch nur dafür entschuldigen, dass sie es nicht schafft, abzunehmen. Soll ich Ihnen etwas verraten: Das brauche ich gar nicht, denn ich fühle mich nicht schuldig. Es geht nicht um Schuld oder Entschuldigen. Überhaupt werde ich mit dem Kainswort »Schuld« aufräumen. Es geht nicht darum, dass wir Dicken uns das Leben noch schwerer machen, sondern leichter bitteschön.
     
    Ich muss mich nicht fürs Dicksein entschuldigen
- ich fühle mich nämlich gar nicht schuldig!
     
    Ich habe für dieses Buch Dutzende anderer Bücher ausgewertet, über Diäten, über die Diätlüge, über Bewegung und Selbstbestimmung, weibliche Macht und Mythen. Die deutschen Bücher zum Thema Übergewicht waren meist sehr gut wissenschaftlich belegt und haben mich aufgerüttelt, wie das wichtige Buch »Dick, doof und arm?« des Soziologen Friedrich Schorb. 2 Er ist den Lügen des Schlankheitswahns auf den Grund gegangen und demaskiert sie als Volksverdummung und Geschäftemacherei. Ich habe beim Lesen eine solche Wut auf die Pharma- und Diätindustrie
entwickelt, die von dicken, unglücklichen Frauen (und immer mehr Männern) profitieren - durch öffentliche Wiege-Veranstaltungen über gefährliche Abnehmpillen bis Joghurt gegen Blähbauch. Und ich habe irgendwann ganz nüchtern erkannt: So funktioniert Wirtschaft. Wo ein Markt ist, will verdient werden. Basta.
    Das heißt für jede einzelne Frau: ihren eigenen Umgang mit ihrem Gewicht zu finden, sich auszusöhnen mit ihrem unvollkommenen Körper und Lebensfreude zurückgewinnen. »Ich bin ein unvollkommener Mensch in einer unvollkommenen Welt!« Dieser Satz hat mir sehr geholfen. Und er stimmt sogar.
    Ich bin ein unvollkommener Mensch in einer unvollkommenen Welt!
    Schorbs zweites Buch »Der Kreuzzug gegen Fette« 3 hat mich wachgerüttelt, was die gesellschaftliche Entwicklung zur Schlankheitsnorm und -kontrolle angeht. Eine These aus diesem wissenschaftlichen Buch: Wenn alle Menschen sich nur noch um ihr Gewicht und ihre Fitness kümmern, haben sie keine Zeit mehr, sich in der Gesellschaft zu engagieren. Statt in die Bürgerinitiative gehen sie ins Fitnessstudio. Ihre Gesundheit ist der Bauchnabel der Welt, alles andere tritt dahinter zurück. Wir erleben dadurch eine Entpolitisierung der Menschen. Die Frage ist: Wer profitiert davon?
    In meinem Überschwang nach der Lektüre habe ich leider gleich eine Bekannte beleidigt: Sie hat stolz erzählt, dass sie vier Mal in der Woche nach der Arbeit zwei Stunden ins Fitnessstudio geht, um hart zu trainieren, und wollte mir Gleiches empfehlen. »Asozial« habe ich das genannt. Ich entschuldige mich bei ihr für den wirklich uncharmanten
Ausdruck. Ich werde aber gern später erklären, was ich mit a-sozial gemeint habe.
    Die »Lizenz zum Essen« des Mediziners Gunter Frank 4 war herrlich bestätigend und forderte beim Lesen zum ständigen Kopfnicken heraus. Viele Erkenntnisse, die so banal klingen und so erleichternd sind: Es gibt den hageren Typ und den molligen. So ist es! Manchen Menschen bekommen gekochte Speisen besser als die lautstark propagierte Rohkost. Auch hier konnte ich nur tüchtig nicken. Und der erfahrene Arzt stellt fest: Stress und Druck machen Menschen dick! Am besten war übrigens der angebissene Schaumkuss auf dem Titel - ja, der Mensch versteht mich! Dieses Buch empfehle ich allen meinen Leserinnen! (Leider kann ich nicht alles zitieren).
     
Ich finde die Idee erschreckend, dass der eigene Körper etwas ist, an dem man immer arbeiten muss!
    SUSIE ORBACH, PSYCHOTHERAPEUTIN
     
    Und dann habe ich wieder einmal die »Bibel« meiner wilden dreißiger Jahre nachgelesen, Susi Orbachs »Anti-Diät-Buch« von 1978. Was mir damals die Macheten der Kämpferin in die Hand gegeben hat, erschien mir bei erneutem Nachlesen allerdings mit dem feministisch-psychoanalytischen Ansatz erstaunlich larmoyant und trotz des sicher belegten Hintergrunds gesellschaftlicher Repression gegen Frauen irgendwie »gestrig«. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat Susie Orbach vor kurzem selbst konstatiert: »Der Feminismus hat verloren. Heute geht es nur noch darum, Superwoman zu werden...« 5
    Was sehr spannend in diesem aktuellen Interview war: Die Londoner Psychoanalytikerin erzählt, wie sie die Kosmetiklinie
»Dove« beraten hat, eine ganz andere Anzeigenkampagne zu starten, mit normalen Frauen mit normalen Figuren. Sie sagt dazu:
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