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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)
Autoren: Günter de Bruyn
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den Studenten Richter, dessen Aufsätze und Satiren breite Leserschichten nicht ansprechen konnten, die Aussichten, mit seinen Texten Geld verdienen zu können, gering. Vergeblich hatte er im Sommer 1781 seinen Aufsatz »Über den Menschen« der Zeitschrift »Deutsches Museum« angeboten, und im April 1782 hatte der Leipziger Verleger Johann Friedrich Weygand, der mit Goethes »Werther« und Millers »Siegwart« große Verkaufserfolge erzielt hatte, Richters »Lob der Dummheit« zu drucken abgelehnt. Statt nun aber zu resignieren, schrieb er in sechs Monaten eine Reihe von Satiren, die er, nachdem sie sein Freund Oerthel sauber abgeschrieben hatte, nach Berlin schickte, an den Verlag von Christian Friedrich Voß, den Freund Lessings, in dem auch das von Richter sehr geschätzte Buch »Über die Ehe« von Hippel erschienen war. Nur die letzten Seiten, in denen er sein jugendliches Alter erwähnt hatte, wurden aus Furcht vor Vorurteilen von ihm zurückgehalten. Dass man dem von Gelehrsamkeit strotzenden Text selbst die Unmündigkeit des Verfassers nicht anmerken würde, vermutete er mit Recht.
    Im Dezember 1782 konnte er in einem knapp gehaltenen Schreiben aus Berlin lesen, dass der Verleger »dem Herrn Verfasser der Satirischen Skizzen« für das Manuskript 15 Louisd’or »offeriere« , die er dann kurz vor Weihnachten auf 16 erhöhte, was etwa 96 Reichstalern entsprach. Gedruckt wurde das Buch in Leipzig, so dass der Verfasser selbst die Korrektur lesen konnte, und Ende Januar war es ohne Verfasserangabe unter dem Titel »Grönländische Prozesse. 1. Bändchen« schon auf dem Markt. Den Titel hatte sich Richter, wie er im Nachwort erläutert, »der Rarität wegen aus Grönland verschrieben« , weil dort nämlich, wie er gelesen hatte, »die Parteien ihre Streitigkeiten in getanzten und gesungenen Satiren« beilegten, ohne dass ein Advokat zu bezahlen war.
    »Gottlob!« , schrieb er im Februar an den Pfarrer Vogel, als er ihm seinen Erstling sandte, »nun ist der steile Berg erstiegen; ich ziehe den Hut ab und das Schnupftuch heraus und wische mir den Schweiß von der heißen Stirne!« In einer mit Gleichnissen und Bildern überladenen Selbstkritik, die er der Sendung beifügte, bemängelte er, dass sein Text mit Gleichnissen und Bildern überladen sei. »Ich könnte aus demselben ohne Mühe ein Regiment von 600 Gleichnissen ausheben, und mein Satir kommandiert mit seiner Geißel lauter Gedanken, von denen jeder sich mit einem Bilde schleppt, wie in den persischen Lagern jeder Soldat eine Hure. … Du machst es klug, denken Sie vielleicht, um nicht von andern getadelt zu werden, tadelst du dich selbst, wie Missetäter um nicht gehangen zu werden, sich im Gefängnis selbst hängen und statt des Galgens einen Nagel, statt des Stricks ein Strumpfband wählen. … Ich halte den Überfluss an Gleichnissen wirklich für einen Fehler; aber kann kalte Kritik den Reiz der Unmäßigkeit besiegen? Verkennt dort der Weinsäufer mit der roten Nase die giftigen Kräfte des überflüssigen Weins? Er kennt sie wohl, aber er flieht sie darum nicht.«
    Als die »Grönländischen Prozesse« knappe vierzig Jahre später, 1821, in einer zweiten Auflage erschienen, schrieb Jean Paul für sie eine Vorrede, in der er mehr als ihre Gleichnissucht tadelte und ihre Erfolglosigkeit nicht verschwieg. »Die Rezensenten im Allgemeinen« , so erinnerte er sich, »ließen sie schweigend passieren; nur einer in Leipzig warf, als die Erstgeburt unter seinem Baume wegging, auf dem er saß und literarische Wache hielt, der warf, wie Affen es auf den Bäumen gern tun gegen die Vorbeigehenden, viel von seinem Unrat auf sie.«
    Dieser Unrat, der 1784 in dem Leipziger »Allgemeinen Verzeichnis neuer Bücher« gestanden hatte, lautete so: »Es mag vielleicht vieles, wo nicht alles wahr sein, was hier der Autor in einem bitteren Ton über Schriftstellerei, Theologen, Weiber, Stutzer usw. sagt; allein die Sucht, witzig zu sein, reißt ihn durch das ganze Werkchen zu sehr hin, dass wir nicht zweifeln, die Lektüre desselben werde jedem vernünftigen Leser gleich beim Anfang soviel Ekel erregen, dass er sich solches aus der Hand zu legen genötigt sehen wird.«
    Dass der Rezensent hier nicht nur vom Überdruss an witzig sein sollenden Bildern, sondern sogar von Ekel redete, mag an dem gelegen haben, was Jean Paul in seiner späten Vorrede »Derbheit des Ausdrucks besonders in Bezug auf das Geschlecht« genannt und auf den Einfluss der britischen Satiriker Pope
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