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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze
Autoren: Jules Verne
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Hobson auf einen anderen Gedanken.
    »Schnee her! befahl er. Sergeant Long, schaffen Sie einige Hände voll Schnee!«
    Im Hofe von Fort-Reliance war daran kein Mangel Während der Sergeant den verlangten Schnee zu holen ging, kleidete Joliffe den Astronomen vollends aus. Der Körper des Unglücklichen zeigte sich mit weißen Flecken bedeckt, welche auf ein tiefes Eindringen der Kälte in den Organismus hinwiesen. Gewiß war es die höchste Zeit, den ergriffenen Stellen wieder Blut zuzuführen, was Jasper Hobson durch kräftige Abreibungen mittels Schnee zu erreichen hoffte. Bekanntlich bedient man sich in den Polargegenden ganz allgemein dieses Mittels, um die Blutcirculation wieder herzustellen, welche eine übermäßige Kälte eben so hemmt, wie sie das Wasser der Flüsse zum Stehen bringt.
    Sergeant Long war zurückgekommen, und er und Joliffe frottirten nun den neuen Ankömmling auf eine Weise, die dieser vorher sicher nicht gewöhnt war. Es war das kein sanftes Abreiben oder Einsalben mehr, sondern ein handfestes Kneten, das mehr etwa an die Bearbeitung mit einer Striegel, als mit der Hand erinnerte.
    Während dieser Operation sprach der schwatzhafte Corporal immer auf den Reisenden, der ihn doch nicht hören konnte.
    »Nun aber vorwärts, mein Herr! Was ist Ihnen nur eingefallen, sich dermaßen durchfrieren zu lassen. So seien Sie doch nicht so halsstarrig!«
    Jedenfalls blieb Thomas Black zunächst noch halsstarrig, denn eine halbe Stunde verging noch ohne ein Lebenszeichen von seiner Seite. Schon wollte man daran verzweifeln, daß er wieder zu beleben sei, und die Massirenden gedachten eben ihre anstrengenden Versuche aufzugeben, als der arme Mann leise aufseufzte.
    »Er lebt! Er erholt sich!« rief freudig Jasper Hobson.
    Nach Wiedererwärmung der Körperoberfläche durch jene Frictionen durfte man auch die inneren Organe nicht vergessen.
    Corporal Joliffe beeilte sich demnach, einige Gläser Punsch herbeizuschaffen, die dem Reisenden sehr wohl zu thun schienen. Seine Wangen bekamen wieder Farbe, seine Augen den Blick, seine Lippen die Sprache, und der Kapitän durfte endlich auf die Mittheilung hoffen, warum Thomas Black hierher und das in so jämmerlichem Zustande gekommen war.
    Der nun wieder warm zugedeckte Thomas Black richtete sich halb empor, stützte sich auf einen Ellenbogen und sagte mit schwacher Stimme:
    »Fort-Reliance?
    – Ist hier, erwiderte der Kapitän.
    – Der Kapitän Craventy?
    – Bin ich selbst, mein Herr, der Sie hier willkommen heißt. Doch darf ich fragen, was Sie nach Fort-Reliance führte?
    – Er will den Mond sehen!« fiel der Courier ein, der beharrlich bei dieser Antwort blieb.
    Sie schien übrigens Thomas Black zu befriedigen, denn er nickte beifällig mit dem Kopfe. Dann fuhr er fort:
    »Der Lieutenant Hobson?
    – Steht auch vor Ihnen.
    – Also noch nicht abgereist?
    – Wie Sie sehen, noch nicht, mein Herr.
    – Schön, schön, mein Herr, versetzte Thomas Black, dann habe ich zunächst Ihnen nur noch zu danken und bis morgen auszuschlafen.«
    Der Kapitän zog sich mit seinen Begleitern zurück und überließ den Sonderling der so nothwendigen Ruhe. Eine halbe Stunde später war das Abendfest zu Ende und Alle suchten ihre betreffenden Wohnungen auf, entweder im Fort selbst, oder in einigen kleinen Baulichkeiten, welche außerhalb desselben in der Nähe lagen.
    Am anderen Tage war Thomas Black annähernd wieder hergestellt. Seine kräftige Constitution hatte der furchtbaren Kälte widerstanden. Ein Anderer wäre wohl nicht aufgethaut, aber Er war eben von besserem Holze geschnitzt.
    Doch wer war dieser Astronom? Woher kam er? Wozu diese Reise durch die Compagnie-Ländereien, und das jetzt, noch während des strengen Winters? Was bedeutete die Antwort des Couriers, den Mond zu sehen? War denn der Mond nicht überall sichtbar und hatte es einen Zweck, ihn hier im hohen Norden zu suchen?
    Diese Fragen stellte sich Kapitän Craventy. Als er jedoch Tags nachher ein Stündchen mit seinem neuen Gast gesprochen hatte, war er sich über alle im Klaren.
    Thomas Black war in der That Astronom und zwar an der von Airy mit so großem Geschick geleiteten Sternwarte von Greenwich. Ein mehr intelligenter und kluger Kopf, als Theoretiker, hatte Thomas Black seit den vierundzwanzig Jahren, die er seine Stelle schon einnahm, den uranographischen Wissenschaften (d.i. der Himmelskunde) sehr große Dienste geleistet. Im Privatleben war er ein ganz unbrauchbarer Mensch, der außerhalb seiner
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