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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Autoren: Phil Rickman
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hatte, das Pfarrhaus wäre ein Landhotel, hatte sie zum wahrscheinlich ersten Mal seit vierundzwanzig Stunden geschlafen. Als sie an diesem Morgen aufgewacht war, gegen elf, war Huw schon da gewesen – er sah aus wie der Ersatz-Keyboarder irgendeiner Acid-Rock-Band, die die siebziger Jahre schon nicht mehr erlebt hatte. Bell war merkwürdig kleinlaut gewesen, gewissermaßen leer, als habe ein Teil von ihr sich tatsächlich wie ein Feuerball vom Kirchturm gerollt und gehe schon wieder auf den Straßen von Ludlow umher.
    Aber Huw wusste, wie man Menschen wie ihr half und eine spirituelle Zuflucht bot. Außerdem besaß er ein unergründliches Charisma. Und er mochte seltsame Frauen.
    Mit Susannah Pepper hatten sie diese Entscheidung nicht besprochen.
    Lol war, als es gerade dämmerte, in Merrilys Bett aufgewacht – na ja, es war spät gewesen, als sie wieder im Pfarrhaus angekommen waren, und sie mussten sich um Belladonna kümmern – und war einen kurzen Moment lang überzeugt gewesen, sich immer noch oben auf dem Turm zu befinden, auf dem die zwei verbliebenen Kerzen
nicht
unerklärlicherweise ausgegangen waren, als Bell gerade ihr Kleid über sie halten wollte.
    Jetzt wirkte es wie ein schlechter Witz …
    Nein, das tat es nicht. Es wirkte immer noch überhaupt nicht wie ein Witz. Vielleicht war es ein plötzlicher Luftzug gewesen, oder vielleicht hatte Bells Kleid dadurch, dass die Flammen schon so klein waren und nicht mehr genug Luft hatten, wie ein Kerzenlöscher gewirkt. Oder vielleicht …
    Vielleicht war es ein Akt Gottes gewesen. Schließlich waren es Votivkerzen gewesen.
    Man glaubte, was man glauben musste.
    Lol wünschte nur, er hätte nicht versehentlich einen Blick in den Mandolinenkoffer geworfen.
     
    Obwohl schon Anfang Mai war, hielt sich die Kälte, sodass sie im Salon des Pfarrhauses Feuer im Kamin machten und auf dem Sofa Dinge taten, die man eigentlich nicht tat, wenn man die siebzehn überschritten hatte, vor allem, wenn man Pfarrerin war, und dann noch an einem Sonntag.
    Vielleicht … erforschten sie sich, überprüften, ob noch alles intakt war.
    «Hier fühle ich mich immer noch wohler, tut mir leid», sagte Merrily. «Ich weiß, das ist dumm, aber bei dir habe ich immer das Gefühl, Lucy schaut uns zu.»
    Nein, Lucy besaß Anstand.
    «Also – große Frage», sagte Merrily. «Ernsthaft, glaubst du, Lucy
könnte
uns in ihrem Haus sehen, Informationen aufnehmen und darauf reagieren, intellektuell oder emotional? Eine Tote schaut zu. Kann jemand auf gütige Weise erdgebunden sein?»
    «Was möchtest du jetzt hören?»
    «Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was mich diese Geschichte über das Wesen von Geistern gelehrt hat.»
    «Warum hat Siân plötzlich geschrien, als du mit Sam im Henkersturm warst?», fragte Lol. «Und war das in dem Moment, in dem die Kerzen auf dem Kirchturm ausgegangen sind?»
    «Sie wollte sich nicht dazu äußern», sagte Merrily. «Mir gegenüber jedenfalls nicht.»
    «Siân?»
    «Sie war weiß wie die Wand. Hat gesagt, ihr wäre nicht gut und sie wolle Luft schnappen. Vielleicht dachte sie, ihre Skepsis stünde dem, was wir vorhatten, im Weg. Sehr lobenswert, finde ich. Und dann ist sie über den Schlosshof zum Torhaus gegangen.»
    «Zum Burgfried? Von dem Robbie heruntergefallen ist?»
    «Und Marion, wahrscheinlich. Den Henkersturm gab es zu Marions Zeit noch gar nicht, aber den Burgfried auf jeden Fall. Vielleicht hat Robbie an dem Abend, an dem er gestorben ist, jemanden mit nach oben auf den Burgfried genommen, um diesem Jemand seine Theorie zu erläutern, dass es in Wirklichkeit
dort
passiert war.»
    «Was, glaubst du, hat Siân gesehen?»
    «Oder empfunden? Was es auch war, sie war entsetzt. Vermutlich ist es für jemanden, der … allen Aberglauben verachtet, noch viel schlimmer. Vielleicht hat sie gesehen, was von Marion noch da ist, was immer das ist. Was der Bischof auch einmal gesehen hat. Jedenfalls will Siân ihr selbstgewähltes Amt als Koordinatorin spiritueller Grenzfragen jetzt niederlegen.» Merrily lehnte sich in eine Ecke des Sofas. «Ich habe sie gebeten zu bleiben. Habe mich über mich selbst gewundert.»
    «Ich mochte sie», sagte Lol.
    «Du magst jeden, solange es kein Psychiater ist.»
    «Ah», sagte Lol, «was das betrifft …»
    Er erzählte ihr von dem Anruf des in den Adelsstand erhobenen Gavin Gascoigne.
    «Verdammt», sagte Merrily. «Regierungen jagen mir mehr Angst ein als Gespenster.»
    «Sie glauben, sie schützen sich
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