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Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Titel: Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
Autoren: Johannes Zacher
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auf. Das Gesicht ist weg, der Albtraum zu Ende, die Wohnung mit dem Bild an der Wand wieder zurück. Ich bin durchgeschwitzt.
    Da war es wieder, das Gesicht .
    Kaum bin ich hier, ist es wieder zurück, und nichts scheint erledigt. Verdammt!
    Es klingelt noch immer. Vor den Fenstern geht die Sonne auf. Der Fernsehturm blinkt nicht mehr. Mir ist schlecht. Das Handy neben mir leuchtet, vibriert und klingelt, alles auf einmal.
    »Na, wie viel haben Sie weggekippt?«, fragt Kleeberg und erklärt mir damit meine Übelkeit. Die leere Flasche auf dem Boden sieht mich tadelnd an. Ich verfluche mich und stoße die Flasche unters Bett.
    Noch ehe ich etwas erwidern kann, sagt Kleeberg: »Wir haben einen weiteren Toten. Weinbergspark. In dreißig Minuten.«
    Leck mich , antworte ich stumm.
    Dann stehe ich auf und stelle mich unter die Dusche.

ICH
    Pater Hubertus klopfte an meine Zellentür, wie immer mit drei sanften Knöchelschlägen. Mit einer Stimme, die sich nicht zwischen Zurückhaltung und Rechthaberei entscheiden konnte, sagte er: »Telefon für Sie, Herr Hài.«
    Ich hätte auf meiner Pritsche liegen bleiben sollen. Ich hätte liegen bleiben sollen, weil ich wusste, wer da am anderen Ende der Leitung nach mir verlangte. Aber ich lag auf der Pritsche und dachte immerzu dasselbe. Meine Gedanken kreisten um sich selbst. Wie schon die Monate zuvor. Seit München. Seit Oktober, seit meinem letzten Auftrag, der mir beinahe das Genick gebrochen hatte.
    Mir ging dieses Gesicht nicht mehr aus dem Kopf. Der verzerrte Mund, die erschrockenen Augen. Mein Schuss, der dieses Gesicht für immer ausgelöscht und mir zwischen die Hirnhälften gelegt hatte. Sie haben alles richtig gemacht und Schlimmeres verhindert , hatte es geheißen. Die Zeitungen waren voll davon. Mein Name war überall zu lesen, auch wenn der Nachname oft abgekürzt war. Sogar der Polizeipräsident gratulierte mir und sagte, es sei leicht ausrechenbar, was passiert wäre, hätte ich nicht eingegriffen. So aber gab es nur einen Toten, und Hunderte Menschen wurden gerettet. Mir wurde der Verdienst an der Verhinderung eines terroristischen Anschlags auf dem Oktoberfest durch feige fundamentalistische Islamisten, wie es hieß, zugesprochen.
    Was die Sicherheitskräfte, das BKA , die Polizei, die Kripo, die Spezialeinheiten im Kampf gegen den Terror nicht verhindern konnten, war mir gelungen. Praktisch im Alleingang.
    Ich hatte verhindert, dass die Bombe in einem Mülleimer mitten auf dem Festgelände hochging. Ich war zur Stelle, als der Junge den Sprengstoff zünden wollte. Ich musste mich entscheiden: schießen oder gewähren lassen. Einen töten und womöglich Hunderte dadurch retten. Oder nicht töten und das Leben von Hunderten riskieren. Ich schoss. Vorher rief ich ihm noch »Schalom!« zu. Der Junge musterte mich erstaunt, als verstünde er mich nicht. Als fragte er sich, was es zu bedeuten hatte, als er meine Pistole sah, die direkt auf ihn zielte. Ich, einer von ihnen, einer der Hardliner, einer, der sich radikaler gab als die meisten. Einer, der mehr auf dem Gebetsteppich lag, als er auf beiden Füßen stand. Einer, dem sie vertrauten, der sich ihr Vertrauen über Monate hinweg erschlichen hatte. Ich. Ich schoss.
    Anschließend tauchte ich ab, verschwand von der Bildfläche. Manche vermuteten aus Angst vor den Islamisten und deren Rache. Blödsinn. Ich wollte nur zur Ruhe kommen und das Gesicht in meinem Kopf loswerden. Was bei den Mönchen im Kloster immer besser gelang. Dort rauchte ich nicht mehr. Keine Drogen, kein Alkohol, kein Sex. Nur einmal legte Pater Aurelius mir die Hand in den Schoß und sagte, wenn ich nicht mehr nur allein sein möchte, könne ich gerne zu ihm kommen. Später vielleicht, antwortete ich. Für den Moment war alles genau so, wie es sein sollte.
    Niemand wusste, dass ich dort war. Nur meine Mutter. Und das auch nur durch Zufall, weil ich ihr in einem Augenblick der Schwäche erzählt hatte, dass ich ins Donautal fahre, immer wenn ich Ruhe brauche.
    »Du bist doch nicht gläubig«, hatte sie gesagt und fassungslos den Kopf geschüttelt.
    »Na und?«
    Ich stand auf, ging barfuß den langen Flur entlang. Es roch nach feuchter Mauer, nach verschwitzten Messgewändern und Weihrauch. Ich liebe diesen Geruch. Er erinnert mich an eine andere, bessere Welt. Der Holzfußboden war kühl, uneben, beinahe zerklüftet, als hätte er sich jeden Fuß gemerkt, der in den Jahrhunderten über ihn hinweggegangen ist. An der Pforte lag der Telefonhörer
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