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Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Titel: Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
Autoren: Johannes Zacher
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Lippenstiftabdruck darauf.
    Dann geht er.

ICH
    Ich hasse diese Stadt. Ich hasse dieses Land. Ich hasse mich selbst. Am meisten hasse ich mich dafür, dass es mir nicht einerlei ist: die Stadt, das Land, ich selbst. Meine Gelassenheit ist dahin. Mal wieder. Ich schwitze bestialisch und verfluche mich dafür, dass ich zurückgekommen bin. Zugleich ist es eine Genugtuung: Sie hatten mich davongejagt wie einen räudigen Hund, einen Aussätzigen. Jetzt holen sie mich zurück, als hätten sie etwas gutzumachen. Als hätten sie sich geirrt und diesen Irrtum eingesehen, spät zwar, aber immerhin.
    Schon von der Straße aus erkenne ich ihn hinter der Scheibe. Kleeberg hat sich nicht verändert. Sitzt da und isst, als wäre das seine einzige Bestimmung. Es war seine Idee, sich im Madam Bian mit mir zu treffen. Das Lokal, eine Mischung aus vietnamesischem Imbiss und Sushiladen, liegt mitten in der Stadt, Alte Schönhauser. Draußen in der Abendsonne sitzen die Schickimickis aus Berlin-Mitte auf Bänken an Holztischen und stopfen sich asiatische Köstlichkeiten zwischen die geschminkten Lippen in den Schlund. Früher war das hier mein Viertel. Heute versuche ich die Erinnerung daran zu liquidieren.
    Als ich den Imbiss betrete, hebt er die Hand, ohne von seinem Teller aufzublicken, als hätte er Augen im Rücken.
    »Ich hab schon mal angefangen«, sagt er mit vollem Mund, noch immer mit Blick auf den Teller. Er isst Sushi. »Setzen Sie sich. Möchten Sie auch etwas? Ich mag das Essen hier.«
    Ich nicht.
    »Was zu trinken?« Er sieht mich noch immer nicht an.
    »Was wollen Sie?«, sage ich.
    Er schiebt mir mit seinem Bambusstäbchen ein Schälchen hin. »Ich mag vor allem die Schärfe.« Er steckt das Stäbchen in das Wasabi und führt es an den Mund. Mit der Zunge schleckt er den grünen Meerrettich ab. Es sieht widerlich aus. Ich schaue weg.
    »Stellen Sie sich mal vor, das gelangt in Ihren After.«
    »Ich würde sagen, dann brennt mir der Arsch«, antworte ich.
    Er legt das Stäbchen zurück auf den Tisch, nimmt die Serviette und wischt sich damit den Mund ab. Dann schaut er mich das erste Mal an. Seine Augen haben sich verändert. Sein Blick ist kalt, feindselig. Er schaut mir direkt ins Gesicht.
    »Im Anus des Opfers haben wir hundertfünfzig Gramm davon gefunden.« Er ballt die Hand zur Faust. »So einen Haufen.«
    Scheiße.
    Er lächelt, greift in seine Jackentasche und holt ein Kuvert heraus. Er legt es neben das Schälchen auf den Tisch. Ich will danach greifen, doch er schlägt mir mit dem Stäbchen auf die Hand.
    »Sie sollten es sich jetzt lieber nicht anschauen. Auf nüchternen Magen bekäme es Ihnen wahrscheinlich nicht.«
    Ich ziehe die Hand zurück.
    »Wir gehen davon aus, dass der oder die Täter aus dem asiatischen Milieu stammen.«
    Es macht langsam klick.
    »Wir vermuten, dass Sie sich im Milieu einen leichteren Zugang verschaffen können als irgendjemand sonst.« Er zieht sein rechtes Auge mit dem Zeigefinger zu einem Schlitz. Dabei grinst er.
    »Deswegen sind Sie unser Mann, verstehen Sie? Nur deswegen. Sie wissen ja, ich arbeite normalerweise nicht mit …«, er zögert, sticht mit einem der Stäbchen in ein Sushiröllchen, »… Abtrünnigen zusammen.«
    Ich gähne demonstrativ und halte mir die Hand vor den Mund.
    »Müde?« Er lächelt wieder.
    »Aber wenn es nicht anders geht«, erwidere ich, »greifen Sie auch auf Versager zurück, nicht wahr?« Ich betone das Wort »Versager« und lächle ebenfalls. Es wirkt angestrengt.
    Kleeberg lacht, lauter als noch zuvor. Seine schadhaften Zähne sind zu sehen. »Das haben Sie gesagt.«
    »Und wenn ich Nein sage?«
    »Ersparen Sie uns diese Spielchen. Sie wissen doch, dass wir ganz genau darüber informiert sind, wie es um Sie steht.«
    »Und wie steht es um mich?«
    »Nicht gut, stimmt’s?«
    Er fängt wieder an zu essen, wenn auch mit Schwierigkeiten. Immer wieder fällt das Sushiröllchen von den Stäbchen. Es sieht unbeholfen aus, als wäre Sushi alles andere als sein Lieblingsgericht.
    »Wir kennen Ihre derzeitige Lage bestens. Emotional, wirtschaftlich, alles. Sie wissen genau, dass Ihnen gar nichts anderes übrigbleibt, als unser Angebot … oder sagen wir lieber, unseren Auftrag … anzunehmen. Außerdem sind Sie uns noch etwas schuldig. Das wollen wir doch nicht vergessen, oder?«
    Sie haben mich vor zwei Jahren fristlos entlassen und beteuert, sie hätten nicht anders gekonnt. Die Sachlage sei eindeutig. Einhundert Gramm Kokain. Der Stoff stammte aus
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