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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition)
Autoren: John Grisham
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als junge Anwälte mussten sie sich nicht nur abrackern, um eine »Feld, Wald und Wiesen«-Kanzlei zum Laufen zu bringen, sondern auch einige der letzten Kämpfe der Ära der Rassendiskriminierung ausfechten. Manchmal gingen Richter so weit, dass sie sie im Gerichtssaal ignorierten und aus keinem triftigen juristischen Grund gegen sie entschieden. Andere Anwälte waren ihnen gegenüber oft unhöflich und unprofessionell. Die Anwaltskammer des Countys wollte sie nicht als Mitglieder haben. Mitarbeiter am Gericht verlegten ihre Anträge manchmal. Jurys, die ausschließlich aus weißen Geschworenen bestanden, glaubten ihnen nicht. Und das Schlimmste war, dass sie keine Mandanten bekamen. Schwarze Mandanten. In den 1970ern wollte kein Weißer einen Schwarzen als Anwalt haben, jedenfalls nicht im Süden, und daran hat sich bis heute nicht viel geändert. In der Anfangsphase wäre Copeland & Reed fast pleitegegangen, weil die Schwarzen dachten, weiße Anwälte wären besser. Das änderte sich durch harte Arbeit, fachliche Qualifikation und viel Engagement, aber nur langsam.
    Winchester war nicht meine erste Wahl, als ich mich nach einem Ort umsah, an dem ich Karriere machen konnte. Ich studierte Jura an der George Mason University, die im Norden von Virginia am Stadtrand von Washington, D. C., lag. Im Sommer nach meinem zweiten Studienjahr hatte ich Glück und ergatterte ein Praktikum bei einer Großkanzlei in der Pennsylvania Avenue, nicht weit von Capitol Hill entfernt. Es war eine dieser Kanzleien mit tausend Anwälten, Niederlassungen in der ganzen Welt, ehemaligen Senatoren im Briefkopf, Spitzenmandanten und einem hektischen Tempo, das ich in vollen Zügen genoss. Das Highlight war die Zeit als Laufbursche bei einem Prozess gegen einen ehemaligen Abgeordneten (unseren Mandanten), dem vorgeworfen wurde, mit seinen verbrecherischen Brüdern zusammen Bestechungsgelder von einem Rüstungsunternehmen angenommen zu haben. Der Prozess war der reinste Zirkus, und ich war begeistert, dass ich ganz vorn mit dabei sein konnte.
    Elf Jahre später betrat ich denselben Gerichtssaal im E. Barrett Prettyman U.S. Courthouse mitten in Washington, um meinen eigenen Prozess durchzustehen.
    In jenem Sommer war ich einer von siebzehn Praktikanten. Die anderen sechzehn, alle von den zehn besten juristischen Fakultäten des Landes, bekamen ein Jobangebot. Da ich alles auf eine Karte gesetzt hatte, verbrachte ich mein drittes Studienjahr damit, sämtliche Kanzleien in Washington abzuklappern, doch ich fand keine Stelle. In Washington müssen ständig mehrere Tausend arbeitslose Anwälte auf Jobsuche sein, und es dauert nicht lange, bis man in Verzweiflung versinkt. Irgendwann weitete ich meine Suche auf die Vorstädte aus, wo die Kanzleien erheblich kleiner und die freien Stellen noch seltener sind.
    Schließlich gab ich auf und kehrte nach Hause zurück. Meine Träume von einer Karriere in einer bekannten Kanzlei waren geplatzt. Mr. Copeland und Mr. Reed hatten nicht genug Mandanten und konnten es sich eigentlich nicht leisten, einen Anwalt einzustellen. Aber sie erbarmten sich meiner und räumten eine Abstellkammer im ersten Stock der Kanzlei leer. Ich arbeitete so hart, wie es ging, obwohl es bei so wenigen Mandanten häufig eine Herausforderung war, Überstunden zu machen. Wir kamen gut miteinander aus, und nach fünf Jahren waren sie so nett, mich als Partner in die Kanzlei aufzunehmen. Mein Einkommen erhöhte sich dadurch nicht nennenswert.
    Während der Ermittlungen gegen mich musste ich hilflos mit ansehen, wie ihr guter Name in den Dreck gezogen wurde. Es war alles so sinnlos. Als ich schon am Ende war, teilte mir der leitende FBI -Beamte mit, dass man Mr. Copeland und Mr. Reed anklagen werde, wenn ich mich nicht schuldig bekennen und mit dem Bundesanwalt zusammenarbeiten würde. Ich hielt es für einen Bluff, hatte aber keine Möglichkeit herauszufinden, ob das stimmte. Ich sagte ihm, er solle sich zum Teufel scheren.
    Zum Glück bluffte er.
    Ich habe ihnen geschrieben, lange, weinerliche Briefe voller Entschuldigungen, aber sie haben nicht geantwortet. Ich habe sie gebeten, mich zu besuchen, damit wir uns von Angesicht zu Angesicht unterhalten können, aber sie haben nicht reagiert. Obwohl meine Heimatstadt nur knapp hundert Kilometer von hier entfernt ist, habe ich nur einen Besucher, der regelmäßig kommt.
    Mein Vater war einer der ersten schwarzen State Trooper, die vom Commonwealth of Virginia eingestellt wurden. Dreißig
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