Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster
Autoren: Jonathan Barnes
Vom Netzwerk:
Leute in Massen, und daher will ich wissen, was das alles zu bedeuten hat!«
    »Wir sind eine transparente Organisation«, sagte der Engländer. »Sie können uns jede Frage stellen.«
    »Soll dies hier ein Büro sein?«
    »Natürlich sind wir hier ein Büro. Im weitesten Sinne vielleicht, aber nichtsdestoweniger ein Büro. Es war ohnehin nie mehr als eine Zweigstelle, die auf der Erde gefangen war. Zu seiner Befreiung wurde die Zentrale herbeigerufen, und ich darf zu meiner großen Freude sagen, dass unserem Ruf umgehend Folge geleistet wurde.«
    »Ich habe viele Jahre darauf gewartet, dies hier mit eigenen Augen zu sehen«, fügte der Schotte hinzu. »Und ich muss sagen, es hat mich nicht enttäuscht.«
    »Es ist also ein Büro«, stellte ich überflüssigerweise fest. »Leviathan ist nichts als ein verdammtes Büro!«
    Der Ire hob die Schultern. »Was haben Sie denn erwartet?«
    »Ich habe etwas Ungeheures erwartet!«
    »Ja, aber wir sind doch ungeheuer!«, lachte der Ire. »Ungeheuer erfolgreich!«
    Der Schotte starrte finster in meine Richtung. »Die Leviathan-Corporation ist bei Weitem die erfolgreichste Archivierungs- und Registrierungsfirma des bekannten Universums!«
    »Depot und Register?«, wiederholte ich verblüfft. »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«
    »Urkundenarchive sind ein universelles Problem, Bürschchen!«
    »Und?«
    Der Engländer lächelte. »Leviathan bietet die Lösung. Wir suchen uns einen Planeten mit den geeigneten Umweltbedingungen, dessen Bewohner dazu noch über die körperlichen Voraussetzungen verfügen, um unsere Art von Informationen speichern zu können, und dann werden diese Informationen einfach in ihren Organismus geladen. Die meisten Planeten in diesem Teil der Milchstraße dienen den Erfordernissen von Leviathan.«
    Ich starrte die drei entsetzt und ungläubig an. »Sie benutzen Menschen als lebende Ablagen?«
    Der Engländer lächelte. »Ihr schlagt Bäume nieder, um daraus Papier zu erzeugen. Das Prinzip ist das gleiche.«
    »Wie könnt ihr das tun? Ihr seid wie wir! Ihr seid menschliche Wesen!«
    Der Schotte hob die Schultern. »Unter uns gesagt, Mister Lamb, es gibt nicht mehr viel an uns, das man wirklich als menschlich bezeichnen könnte.«
     
    Warum sollten wir uns entschuldigen? Hier handelt es sich um nichts weiter als um die Deckung eines vorhandenen Bedarfs. Hätten wir nicht diese unsere Dienste angeboten, hätten wir nicht ganze Planeten in gigantische Ablageschränke verwandelt, dann können Sie sicher sein, es hätte jemand anders getan – und beinahe sicher zu beträchtlich weniger vertretbaren Tarifen. So geht es nun einmal zu im Geschäftsleben.
     
    Zum ersten Mal, seit ich den Raum betreten hatte, ergriff Joe Streater das Wort. »Ihr habt gesagt, ihr werdet einen Helden aus mir machen!« Seine Stimme klang weinerlich und melodramatisch. »Ihr habt versprochen, ich würde unter den Göttern wohnen!«
    Da konnte ich einfach nicht anders, ich musste hellauf lachen.
    Joe drehte sein scharf geschnittenes Gesicht in meine Richtung. »Was ist so lustig?«
    »Du wirst kein Gott sein«, japste ich, »sondern eine Datenablage!«
    Der Schotte schüttelte den Kopf. »Du hast uns enttäuscht, Joseph. Du hast den Prinzen nicht von deiner Einstellung überzeugen können.«
    »Er hatte Hilfe bekommen!«, protestierte Streater. »Natürlich ist mir das jetzt klar!«
    Wie um das Gefühl noch zu verstärken, dies alles wäre nur ein besonders seltsamer Traum, randvoll mit Leuten, an die man seit Jahren nicht gedacht hat, und Gesichtern, die man vage aus dem Fernsehen kennt, wurde die Tür hinter mir aufgerissen, und der Thronfolger betrat ehernen Schrittes den Raum.
    Der Engländer streckte die Hände in einer öligen Willkommensgeste aus. »Einen schönen Tag, Sir! Wir sind entzückt, dass Sie uns aufsuchen konnten!«
    Doch der Prinz würdigte die drei Männer hinter dem Schreibtisch kaum eines Blickes. Sein Zorn richtete sich gegen einen alten Freund. »Streater!«
    »Alles paletti, Chef?« Eine Sekunde lang blitzte der alte Joe auf, ein Echo des kecken Draufgängers, der einst meine arme Abbey verblendet haben musste.
     
    Sie war nie »deine«, Henry Lamb. Hast du das immer noch nicht begriffen? Sie gehörte nie dir!
     
    Eine tief pinkfarbene Woge überzog Joe Streaters Gesicht, eine purpurne Glut. Er ließ die Teetasse fallen, und sie zersprang auf dem Boden.
    Der Schotte sah ihn an. »Wir müssen Sie entlassen, mein Sohn.«
    Streaters Stimme wurde schrill: »Hört zu,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher