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Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Titel: Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken
Autoren: Hanns Hatt , Regine Dee
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dafür war eine ganz spezielle Substanz in der Mischung, nämlich Undecanal. Jedes Mal, wenn der Riechrezeptor für Maiglöckchenduft damit in Kontakt kam, konnte er keine Maiglöckchen mehr riechen. Alle anderen Rezeptoren, wie die für Rosen oder Veilchen, blieben unbehelligt. So entdeckten wir den ersten spezifischen Duftblocker. Auch für einige weitere Riechrezeptoren, beispielsweise für frische Meeresbrise und Veilchenduft, kennen wir inzwischen den Anti-Duft – fehlen noch die Blocker für alle anderen Rezeptoren in der menschlichen Nase.
    Sie könnten die Helden des Alltags in der Welt von morgen werden. Für alle Würstchenverkäufer, die nach Feierabend den Pommesgeruch ablegen wollen. Für Hundebesitzer, die alles für ihre Lieblinge tun, sich aber vor Pansen ekeln oder den Geruch von nassem Fell verabscheuen. Und natürlich für Extremstinker, die seit Jahrzehnten erfolglos gegen den eigenen Körpergeruch ankämpfen. So ein Blocker gegen die übel riechenden Bestandteile in unserem Schweiß ist sicherlich der Traum eines jeden Deo-Designers und ein garantierter Verkaufserfolg. Dann dürfte jeder stinken, wie er will, niemand würde den Geruch mehr wahrnehmen können. Auch im Kampf gegen die Pfunde, die sich zu Weihnachten auf den Hüften sammeln, könnte ein Blocker, zum Beispiel gegen Marzipanduft, bereits im Vorfeld tolle Arbeit leisten, denn was nicht lecker riecht, das kann einen auch nicht zum Naschen verführen. Wie gut gelaunt ließe sich das neue Jahr ohne quälende Diätpläne begrüßen. Und den Korkgeschmack bei einem teuren Wein, der nicht gesundheitsschädlich, sondern einfach nur ärgerlich ist, könnte man ganz leicht ausblenden.
    Doch leider hat das Ganze einige Nachteile, schließlich ist die Nase ebenso dazu da, uns vor üblen und gefährlichen Gerüchen zu warnen. Wenn jeder Fischverkäufer den Gestank seiner alten Fische einfach überduften könnte, wäre das nur für seinen Geldbeutel von Vorteil. Auch beim Fleisch, das heute ohnehin schon optisch »aufpoliert« wird, um Frische vorzutäuschen, wären die Verbraucher noch leichter hinters Licht zu führen, wenn Gammelfleisch nicht mehr an seinem ekligen Geruch erkannt werden kann. Verdorbenes Gemüse riecht faul, der Geruch der Wurst rät deutlich vom Verzehr ab, wenn wir vergessen haben, seit wann sie eigentlich im Kühlschrank liegt. Duftblocker könnten die Nase als Gefahrendetektor lahmlegen. Ihren Einsatz müsste man also genau abwägen – wenn man sie denn einmal alle gefunden hat.

Was hat die Nase
mit dem Schmecken zu tun?

    Halten Sie sich einmal die Nase zu und schließen Sie die Augen. Gelingt es Ihnen, eine rohe Kartoffelscheibe von einem Stück ungekochten Kohlrabi zu unterscheiden? Ein Stück Apfel von einem Stück Birne, wenn beide gleich hart sind? Wohl eher nicht. Man spürt die Konsistenz, nimmt einen süßlichen Geschmack wahr, kann ihn aber nicht bestimmen. Wer mit einem heftigen Schnupfen zu kämpfen hat, dem geht es genauso: Ohne Nase schmeckt alles gleich, nämlich fast nach nichts. Die Nase ist die Aromaspezialistin unseres Körpers. Wenn die Schleimhäute geschwollen sind und keine Duftstoffe mehr die Rezeptoren erreichen, ist das Geschmackserlebnis dahin. Wir können gerade mal sauer von süß und salzig unterscheiden, aber an den Feinheiten des Essens scheitern wir. Schade um den Kaviar, wenn wir nur noch das Salz schmecken.
    Für diese Basisdaten des Geschmacks ist unsere Zunge zuständig. Dort sitzen die sogenannten Geschmacksknospen, ein Sinnessystem, das keinerlei kulinarische Finessen erspüren kann. Von »feinen Zungen« kann also keine Rede sein. Salzig, sauer, süß und bitter – das sind die vier Eckpfeiler, manche zählen noch umami hinzu, den herzhaften Suppenwürfelgeschmack, der sich weitgehend aus salzig und süß zusammensetzt. Für jede dieser fünf Geschmacksrichtungen sind Sinneszellen mit spezifischen Rezeptoren zuständig. Sie liegen in den Geschmacksknospen angeordnet wie die Blätter einer Blüte, daher der Name. Die ersten, nämlich die Süßrezeptoren, wurden Ende der neunziger Jahre von einem amerikanischen Biologen entschlüsselt. Er heißt ausgerechnet Charles Zuker und konnte Bau und Funktion von drei verschiedenen Süßrezeptoren erklären. Nur drei Sorten Rezeptoren für alle Süßigkeiten dieser Welt, dafür aber – wie sich später herausstellte – fünfundzwanzig unterschiedliche Bitterrezeptoren? Wahrscheinlich brauchten die Menschen in ihrer Entwicklungsgeschichte
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