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Das Kleine Buch Der Lebenslust

Das Kleine Buch Der Lebenslust

Titel: Das Kleine Buch Der Lebenslust
Autoren: Anselm Gruen
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überrascht worden. Es war vorher sehr warm. Die Jugendlichen sind vor dem Regen nicht geflohen. Sie haben den Regen richtiggehend genossen und angefangen, im Regen zu tanzen. Man sah ihnen ihre Lust an, den Regen mit allen Sinnen wahrzunehmen, anstatt sich dagegen zu wehren.
Rahel Varnhagen sieht den Regen als Bild für das Leben. Sie stellt sich in den Strom des Lebens. Das Leben ist überall da. Es umgibt uns. Wir brauchen uns nur zu öffnen. Dann spüren wir, wie das Leben auf uns einregnet. Das Leben wahrzunehmen, das schon da ist, das ist Lust am Leben.

Du Frühlingswind
Die Lust, die wir empfinden, liegt in unserer Natur. Ja, sie ist offensichtlich der Schöpfung eingegeben. Wenn wir Lust spüren, dann kommen wir in Berührung mit einer Energie, die Gott in die Schöpfung hineingelegt hat, in die Pflanzen, in die Tiere, in den Leib, in die Leidenschaften. Salvatore Toma hat in einem kleinen Gedicht diese Lust beschrieben, die in jedem Blatt und in jeder Knospe steckt:
„Frühlingswind, du sprichst
Mit Blätterstimmen.
Öffnest die Knospen
Und lässt sie erzittern.“
Gerade im Frühling können wir diese Lust beobachten, wie sie aufbricht und alles in uns und um uns erzittern lässt. Salvatore Tomas Gedicht zeigt uns den Weg, wie wir diese Lust erfahren können. Wir brauchen nur zu staunen vor dem, was ist. Wir brauchen nur zu beobachten, was wir sehen, und die Tiefe von dem erspüren, was wir schauen. Dann sehen wir die Lust, dann spüren wir sie, dann geht sie von der Schöpfung in uns über, dann nehmen wir nicht nur den Frühlingswind wahr, sondern werden von ihmzur Lust auf dem Grund unseres Herzens geführt. Der Frühlingswind berührt uns und öffnet die Knospen, die in uns verborgen sind und danach drängen, aufzubrechen, einer kraftvollen Lebensfreude.

Ein unbesiegbarer Sommer
„Tief im Winter lernte ich endlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer lag“ (Albert Camus). Wenn der Winter uns mit klirrender Kälte umgibt, sehnen wir uns nach der Wärme des Sommers. Der französische Dichter und Philosoph Albert Camus hat die Erfahrung des Sommers mitten im Winter gemacht – in sich. Und dieser Sommer konnte aus seinem Herzen durch keine Kälte vertrieben werden. Die Erfahrung von Albert Camus, der die Absurdität des Lebens kannte, aber an ihr nicht verzweifelt ist, möchte auch uns ermutigen, mitten in der Kälte unseres Herzens die unbesiegbare Wärme der Sonne zu sehen. Auch wenn wir uns leer fühlen, ist in uns die Gewissheit, dass es in uns wieder aufblühen wird. Wir sehnen uns nicht nur nach dem Sommer. Er ist immer in uns. Und er ist unbezwingbar. In der Natur wird er mit Sicherheit wieder kommen. Er ist so im Rhythmus der Natur verankert, dass er sich durch keinen Winter vertreiben lässt. Genauso ist er auch in unserer Seele verankert. Und keine Depression, keine Enttäuschung, kein Nebel und keine Kälte kann ihn aus der Seele herausreißen. Im Winter spüren wir denSommer nicht. Aber zu wissen, dass er in uns ist und zwar als unbesiegbarer, das entmachtet den Winter. Das lockert den Griff jeder Kälte, die ihre Finger nach uns ausstreckt.

Der Himmel ist schon da
Es gibt ein Gedicht von Rose Ausländer, bei dem ich mir, wenn immer ich es lese, ein kleines Mädchen vorstelle, das unbeschwert im Sandkasten spielt:
 
„... In ihren Augen badet das Meer
ihr Haar ist ein Schwarm Schwalben
die Hand eine bronzene Blüte.
Sie schaufelt Sonne in den Blecheimer
Schüttet sie in meine Hand
Lacht ein Echo in den Sand ...“
 
Dieses Mädchen muss nicht ans Meer, um baden zu können. Das Meer selber badet sich in seinen Augen. Der Wind weht durch ihr Haar. Es ist ganz Natur. Wie ein Schwarm Schwalben, die auf und nieder fliegen, voller Lust am Leben, voller Lust am Fliegen. Das Mädchen schaufelt mit ihrer Hand nicht nur den Sand in seinen Blecheimer, sondern die Sonne. Wenn ich seinem selbstvergessenen Spiel zuschaue und sehe, wie es voller Freude ist über das, was es tut, dann ist es, als ob das Kind aus seinem Blecheimer die Sonne auch in meine Hand schüttet. Und der Sand, den das Kind in den Kasten zurückschüttet,ist wie ein Lachen. Wenn ich es wage würde, selbst mit dem Sand zu spielen, würde ich das Echo seines Lachens in jedem Sandkorn hören.
Dann geht mir auf, was Jesus meinte, wenn er sagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen.“ Der Himmel ist schon da. Aber vor lauter Fixiertsein auf die Erde und ihren alltäglichen Kleinkram
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