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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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sitzen. Schließlich unterschrieb Abraham und sah Utz zufrieden an. »Ich danke dir.«
    Er stand auf, Verena stand auf, Aaron blieb sitzen.
    »Habe ich etwas vergessen?«, fragte Abraham sichtlich irritiert.
    Utz räusperte sich. »Dein Sohn. Er hat auch etwas geerbt.«
    Abraham und Verena setzten sich wieder.
    Utz’ Blick heftete sich auf Aaron. »Dein Großvater hat dir ein Haus in Grünau vermacht. Ein schönes, aber baufälliges Anwesen.«
    Aaron nickte. Er wusste also schon davon. Vermutlich hatte Utz doch ein wenig geplaudert am Rande der Trauerfeier. Der Junge machte jedenfalls ein wichtigtuerisches Gesicht und freute sich sichtlich, mehr zu wissen als sein Vater.
    »Noch ein Haus?«, fragte Abraham. Er warf einen missbilligenden Blick zu Verena, als ob sie für diese Überraschung verantwortlich wäre. Verena hob die Schultern und enthielt sich, wie immer, jeden Kommentars.
    Utz holte einige Unterlagen aus seiner Ledermappe, die er umständlich vor sich sortierte. »Es ist ein kriegsbedingt verlorenes Anwesen, das erst jetzt wieder – eventuell – restituiert werden könnte. Sagen wir es so, Aaron: Dein Großvater hat dir kein Haus, sondern lediglich den Anspruch darauf vermacht.«

    Abraham griff nach dem Bauplan. »Ein vager Anspruch auf ein baufälliges Haus. Wie baufällig?«
    »Ziemlich.« Utz breitete die Unterlagen vor Aaron aus. Grundbuchauszüge, diverse amtliche Schreiben. »Aber das scheint mir noch das geringste Problem zu sein. Der Erblasser hat mich zu Lebzeiten mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt. Es ist ein komplizierter Fall, aber das Haus lag ihm sehr am Herzen.«
    Aaron warf nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf die Unterlagen. »Wie viel ist es wert?«
    Utz hob die Hände. »Schwer zu sagen. Wenn wir Pech haben – gar nichts.«
    »Nichts?«
    »Anders gesagt – es ist nicht klar, ob es euch, ob es dir überhaupt gehört.«
    Abraham sah stirnrunzelnd von den Grundbuchauszügen auf. »Hier ist mein Vater als rechtmäßiger Besitzer eingetragen.«
    Utz nickte. »Das ist richtig. Aber sieh dir bitte das Datum an.«
    »1933«, murmelte Abraham. Dann raffte er die Unterlagen zusammen und schob sie zurück zu Utz. »Damit wollen wir nichts zu tun haben. Ich will diesen Ärger nicht.«
    Aarons Hand krachte auf die Papiere. »Moment! Das ist mein Haus. Ich will es haben.«
    »Du schlägst es aus.«
    »Ich nehme es«, sagte Aaron leise.
    Spannungsgeladenes Schweigen breitete sich aus. Verena räusperte sich kurz, dann lehnte sich Abraham zurück. »Du weißt wie immer nicht, was du sagst. Eine baufällige Villa und ein Anspruch der Jewish Claims Conference. Dafür hast du nicht das Geld und nicht die Ausdauer. Du überblickst das doch gar nicht.«
    »Aber du, ja? Du hast das Haus ja noch gar nicht gesehen.«
    »Du etwa?«
    Aaron warf Utz einen schnellen Blick zu. Utz tat so, als ob er nichts gehört hätte.

    »Ja«, sagte Aaron. »Opa hat mir einen persönlichen Brief hinterlassen. Er will, dass ich mich um das Haus kümmere.«
    Abraham beugte sich vor. »Er wollte, dass du … Du sollst dich um etwas kümmern?«
    Ich konnte Abrahams Verblüffung verstehen. Aaron sah mit seinen fast dreißig Jahren blendend aus. Aber er hatte ein lächerliches Abitur an einem Internat abgelegt, das auf Fälle wie ihn spezialisiert war. Im Moment versuchte er sich in seinem dritten Grundstudium, das wohl auch nur den einen Sinn hatte, ihn von der Straße fernzuhalten, wie es meine Mutter ausgedrückt hätte. Niemand mit Verstand würde dem Jungen zutrauen, dass er sich um mehr als den Ölstand seines Lexus kümmerte. Ein Haus war geradezu absurd.
    Das wusste auch sein Vater. Also wandte er sich an Utz. »Wie sind die Chancen bei diesen Ansprüchen?«
    Utz räusperte sich und griff nach seinem Füllfederhalter. »Nicht schlecht, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann. Nur …« Sein Blick fiel auf Aaron. »Das Gebäude soll wohl wieder einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden. Es muss renoviert und dann an eine gemeinnützige Einrichtung verpachtet werden.«
    »Gemeinnützig?«, piepste Verena. Sie sah sich offenbar mit einer völlig neuen Variante gesellschaftlichen Daseins konfrontiert. »Gemeinnützig?«
    »Das ist doch alles Unsinn.« Abraham stand auf und marschierte ärgerlich zum Kopfende des Raumes. »Aaron, du übernimmst dich. Lass es sein. Es ist wie immer ein Kuckucksei, das er uns ins Nest gelegt hat. Eine 1933 gekaufte Villa. Von wem eigentlich gekauft?«
    Utz studierte die
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