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Das Kettenlädenmassaker

Das Kettenlädenmassaker

Titel: Das Kettenlädenmassaker
Autoren: Robert Rankin
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georgianischer Triumph aus weichem rosigem Ziegelstein, einst Zuhause der reichen Bürger der Gemeinde, heute Büroräume für Anwälte und anderes Volk von ähnlichem Berufsstand.
    Jim blieb wie angewurzelt stehen und gaffte. Vor dem Büro von Mister Compton-Cummings hatte eine Ambulanz geparkt. Die Tür stand offen, und unter ihrem Sturz mühten sich ein paar Männer in paramedizinischer Uniform mit dem Gewicht von etwas ab, das über zwei Tragbahren verteilt lag. Einem Etwas, das unter einem großen Tuch verdeckt war.
    Jim hastete vor. Die Sekretärin des Genealogen — die, die Jim die Teetasse gereicht hatte — stand auf dem Bürgersteig und schluchzte in ein Taschentuch. Eine Menschenmenge hatte angefangen sich zu versammeln. Jim bahnte sich einen Weg mitten hinein.
    »Was ist passiert?« fragte er.
    »Raubüberfall«, sagte jemand. »Der Typ wurde erschossen.«
    »Nie im Leben«, sagte ein anderer. »Er wurde mit einer Axt erschlagen.«
    »Stranguliert«, sagte ein Dritter. »Bis der Kopf ab war.«
    »Redet keinen Unsinn«, sagte Jim.
    »Irgendein dicker fetter Typ ist jedenfalls gestorben«, sagte eine Dame in einem Strohhut. »Wahrscheinlich ein myocardialer Kollaps. Es ist immer das Herz, das als erstes versagt, wenn man zuviel wiegt. So ist nun einmal der Lauf der Dinge. Ich hatte früher über zweihundert Pfund, aber dann hab’ ich eine Diät gemacht, nichts außer Rohkost. Ich …«
    »Entschuldigung«, sagte Jim und schob sich an der Bestrohhuteten vorbei. Er legte der schluchzenden Sekretärin die Hand auf den Arm. »Ist das Mister Compton-Cummings?« fragte er.
    Die Sekretärin starrte ihn aus rotgeränderten Augen an. »Oh, Sie sind es«, sagte sie unter weiteren Schluchzern. »Ich erinnere mich.«
    »Ist er es nun oder nicht?«
    Der Sekretärinnenkopf bewegte sich auf und nieder. »Er hatte eine Herzattacke. Genau wie die Dame mit dem Strohhut gesagt hat.«
    »Hab’ ich doch gleich gesagt«, sagte die Dame mit dem Strohhut.
    »Und? Ist er tot?«
    »Ich hab’s versucht, wissen Sie? Mund-zu-Mund-Beatmung, der Kuß des Lebens, aber er …« Die Sekretärin brach einmal mehr in hemmungslose Tränen aus. Jim legte ihr freundlich den Arm um die Schulter. Es war eine ausgesprochen hübsche Schulter. Wohlgeformt. Genaugenommen war alles an ihr wohlgeformt. Die Sekretärin war eine ausgesprochen attraktive junge Frau, eine Tatsache, die Jim erst in diesem Augenblick zu Bewußtsein kam.
    »Kommen Sie, wir gehen rein, und Sie setzen sich«, schlug er vor.
    Die Sanitäter, inzwischen eifrig unterstützt von mehreren hilfsbereiten Mitgliedern der Menschenmenge, mühten sich damit ab, den leblosen, tuchbedeckten Leichnam von Mister Compton-Cummings hinten in den Krankenwagen zu wuchten.
    Jim führte die Sekretärin die Treppen hinauf und durch den Hauseingang. Im Vorzimmer schob er ihr den Stuhl hin und half ihr, sich zu setzen.
    »Es tut mir schrecklich leid«, sagte er. »Ich bin eigentlich hergekommen, um Mister Compton-Cummings dafür zu danken, daß er mir ein Exemplar seines Buches geschickt hat, und weil er mich jetzt doch nicht darin erwähnt hat.« Jim legte das Buch auf den Schreibtisch der Sekretärin. Jetzt würde es für alle Zeiten unsigniert bleiben.
    »Er fühlte sich schlecht deswegen«, schniefte die Sekretärin. »Und weil er Sie so verprügelt hat. Es belastete sein Gewissen. Er war so ein herzensguter Mann! Ich mochte ihn sehr.«
    »Es tut mir leid. Kann ich Ihnen vielleicht eine Tasse Tee bringen oder sonst etwas?«
    »Danke.« Die Sekretärin putzte sich die Nase. »Die Maschine steht dort drüben.«
    Pooley widmete sich eifrig der Aufgabe, einen Tee aufzubrühen. Er war nie besonders gut in der Bedienung von Maschinen gewesen; Technologie erforderte ein Talent, das ihm abging. Er hielt einen Pappbecher unter einen kleinen Schnabel und drückte auf einen Knopf. Kochendes Wasser traf ihn auf Höhe des Hosenstalls.
    »Manchmal macht sie das«, schniefte die Sekretärin.
    Mit Augen, die aus dem Kopf zu quellen drohten, und einem Mund, der in einem unhörbaren Schmerzensschrei weit aufgerissen war, hüpfte Jim durch das Vorzimmer, während er sich mit einer Hand Luft zufächelte und mit der anderen die dampfende Hose von seiner verbrühten Unterleibsgegend abhielt.
    »Dann mache ich uns eben einen«, sagte die Sekretärin. »Wie mögen Sie Ihren? Zwei Klümpchen?«
    Jim hüpfte, fächelte und hielt seine Hose.
    »Es war schrecklich«, sagte die Sekretärin und hielt Jim einen Pappbecher
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