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Das Keltenkreuz

Das Keltenkreuz

Titel: Das Keltenkreuz
Autoren: Jason Dark
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Tiere. Sie hatten sich in die Kirche zurückgezogen, als würde es ihnen etwas nutzen. Sie konnten die Macht des Götzen Lug nicht aufhalten. Niemand würde sie stoppen können, das stand fest.
    Der Abt wollte sehen, wie sie sich in der Kirche verkrochen hatten. Er haßte sie plötzlich, und als er von außen durch das Fenster schaute, hätte er die Scheibe am liebsten zertrümmert und wäre über seine Brüder gekommen wie ein rächender Götze.
    Aber er riß sich zusammen, auch wenn es ihm schwerfiel. Er sah sie knien, sie beten, obwohl sie wußten, daß die Macht des Götzen Lug schon in ihnen steckte, denn oft genug hatten sie die auf den Kopf gestellten Kreuze in ihren eigenen Augen sehen können.
    Bruder Martin zog sich wieder zurück. Der Wind packte ihn erneut. Er zerrte an seiner Kutte, die er am liebsten fortgeschleudert hätte. Auf diese ›Verkleidung‹ war er nicht mehr stolz.
    Nichts konnte ihn jetzt noch aufhalten. Diesmal hielt er seinen Kopf leicht angehoben. Es leuchtete nicht ein Licht in der Umgebung. Nur unten am Strand, wo die Schiffe anlegten, brannten ein paar einsame Laternen, in der Umgebung des Klosters aber war alles finster.
    Die Augen mußte er leicht zusammenkneifen. Er wollte nicht, daß sie tränten. Wichtig war jetzt sein Ziel, und die Lippen zuckten, bevor sich der Mund zu einem triumphierenden Gelächter öffnete, denn jetzt endlich sah er das Kreuz.
    Es stand da wie eine Eins!
    Es hatte die Jahrhunderte überstanden. Die Stürme, die wilden Orkane, die Kriege, nichts von dem hatte ihm etwas anhaben können, aber innerhalb kürzester Zeit würde es wieder zu dem werden, was es einmal gewesen war.
    Der Mönch lief weiter. Mit schweren ausladenden Schritten. Er spürte auch den Druck der Beutewaffe, die er in seine Kuttentasche gesteckt hatte. Er würde sie nicht brauchen. Sinclair gab es nicht mehr, und bald würde er überhaupt keine Feinde mehr haben.
    Verbissen setzte er den Weg fort. Seine Arme waren schon ausgebreitet, noch bevor er das Kreuz erreichte. Schließlich war er da, ließ sich nach vorn fallen und umfaßte es wie jemand, der seine Geliebte umarmt. So ähnlich fühlte er sich auch. Sein Gesicht zeigte ein clownhaftes Lächeln.
    Es wirkte darin wie eingefroren, und er blieb zunächst einmal stehen, das rauhe Gestein gegen seine Wange gepreßt, um etwas von der Kraft mitzubekommen, die in dem Material steckte.
    Über ihm malte sich der waagerechte Balken mit dem Rad ab. Darauf kam es ihm an. Die Mitte des Kreuzes. Der Hort der Kraft, das Zentrum der Macht des Keltengottes.
    Nach einer gewissen Zeit trat er wieder zurück. Der Wind umwehte das Kreuz mit fauchenden Lauten, als wollte er daran zerren und ziehen.
    Aber es kippte nicht. Es hielt stand. Es würde niemals fallen, denn Lug war einfach stärker.
    Der Mönch mußte seinen Kopf zurücklegen, um das Zentrum genau im Blick zu behalten. Vor der Dunkelheit malte es sich ab wie ein gestochen scharfes Foto. Im Hintergrund rauschte das Meer. Der Wind hatte das Wasser aufgewühlt, und seine Botschaft hörte sich an wie das Schreien alter Geister.
    Der Abt fiel auf die Knie. Er spürte die harten Steine nicht. Er hielt den Blick auf das Zentrum gerichtet. Den Kopf mußte er auch weiterhin zurückgelehnt halten. Den Mund hielt er offen. Er hatte ihn verzerrt.
    Der Wind ließ nicht nach, deshalb würde er gegen ihn anschreien.
    »Lug!« Sein Brüllen ging fast unter in den fauchenden und brausenden Geräuschen. »Lug! Du großer Gott aus der Urzeit. Du mächtiger Götze eines wunderbaren Volkes. Du bist noch da. Du hast nicht verloren, auch wenn es so aussah. Du hast mit dem Kompromiß der Missionare leben müssen, aber das war auch alles. Ich will, daß du wieder so bist wie damals. Ich will es. Ich will mich von dir führen lassen. Wir wollen dir hier eine neue alte Heimat geben, und wir werden es schaffen, viele, sehr viele Menschen von deiner Kraft zu überzeugen. Ich bitte dich darum, Lug, sei deinem Diener gnädig. Ich weiß, daß du dich auch zeigen kannst. Gib mir den Beweis deiner Existenz! Zerstöre das andere, was dich so schadhaft umgibt.«
    Das Reden hatte den Mann angestrengt. Er mußte sich erst wieder fangen und Luft holen. Deshalb hörte er auf mit dem Sprechen. Er atmete tief und wild, ließ die Arme sinken und stemmte die Hände gegen den Boden, um sich abzustützen.
    Ich habe alles getan, dachte er. Ich habe mich angestrengt. Ich habe Lug gezeigt, daß er mit mir rechnen kann. Ich will, daß er dies auch
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