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Das Keltenkreuz

Das Keltenkreuz

Titel: Das Keltenkreuz
Autoren: Jason Dark
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es der Abt war, der den Gang entlangkam, aber schon wenig später hörte ich das leise Stöhnen. Nein, das tat er bestimmt nicht.
    Eine Tür wurde aufgezogen. Dann klappte sie wieder zurück. Jemand hatte einen Raum betreten.
    Er war nicht schwer zu finden, denn viele Türen brauchte ich nicht zu öffnen.
    Schon bei der zweiten hatte ich Glück. Auf einem schmalen Bett lag ein Mönch.
    Er war sehr alt. Das Licht einer Kerze gab ihm Helligkeit. Er lag auf dem Rücken. Er hatte die Hände zum Gebet gefaltet und achtete nicht auf mein Eintreten.
    Er ließ sich überhaupt nicht stören, selbst nicht durch meinen Schatten, der über ihn fiel. Er murmelte seine Gebete. Die Worte waren kaum zu verstehen, trotzdem hörte ich heraus, daß er nicht den Keltengötzen Lug anrief.
    »Können Sie mich hören?« fragte ich ihn.
    Der Mönch unterbrach sein Gebet. Er verdrehte die Augen, um mich sehen zu können. »Wer bist du?«
    »Ich suche Bruder Martin.«
    »Er ist nicht mehr da.«
    »Wo ist er denn?«
    »Gegangen«, flüsterte der alte Mann. »Er ist zum Bösen hin gegangen, verstehst du?«
    Das begriff ich zwar nicht, bat den Mönch allerdings, mir mehr darüber zu sagen.
    Er zögerte noch und wollte wissen, wohin ich gehörte. Ich sagte es ihm, und ich zeigte ihm auch mein Kreuz. Als er es sah, glitt ein Strahlen über sein Gesicht. Er suchte nach Worten, um dann zu flüstern: »Es ist wunderbar, ich spüre es. Ich kann es merken. Es hat etwas Besonderes an sich. Ein derartiges Kreuz trägt nicht jeder.«
    »Das weiß ich – und auch euer Abt.«
    »Nein.«
    »Was ist mit ihm geschehen?«
    Die Hände des Mannes zuckten. »Wir wissen es nicht genau. Aber wir haben die andere Macht schon gespürt, die plötzlich über uns gekommen ist. Sie war da, sie griff uns an, wir konnten uns nicht wehren, aber wir merkten, daß es nicht gut war. Nein, es war nicht gut, aber der Abt freute sich darüber. Ich will es kurz machen. Ich kann auch nicht so viel reden, aber wir alle wurden beeinflußt. Man wollte uns unseren alten Glauben rauben. Etwas Unmenschliches, etwas Kaltes breitete sich aus. In uns entstanden die Kämpfe. Wir spürten die andere Macht, die unseren Glauben verdrängen wollte.«
    »Und weiter?«
    »In dieser Nacht soll es geschehen.«
    »Dann wird Lug das Kommando übernehmen?«
    Der Mönch schloß die Augen. Er war sehr schwach geworden. Sein Gesicht sah aus wie eine bleiche Maske. »Ich kann kaum noch sprechen. Ich bin so krank durch ihn geworden. Er hat es schon übernommen, aber wir wollen es nicht. Die anderen sind in die Kirche gegangen, um zu beten. Sie stemmen sich dagegen. Sie wollen, daß die Kreuze aus ihren Augen verschwinden. Sie möchten wieder normal werden.«
    »Sind es seine Kreuze?«
    »Ja«, stöhnte der Mönch, »es sind seine Kreuze. Spottkreuze. Er hat sie auf den Kopf gestellt. Er zeigt durch sie seine Kraft an. Wenn sich die Brüder im Spiegel sehen, können sie die Kreuze erkennen und werden daran erinnert, daß das Böse die Macht gewonnen hat. Das alles ist geschehen, und es wird noch mehr geschehen.«
    »Nein«, sagte ich, »nein! Ich werde dafür sorgen, daß es nicht eintritt. Aber ich habe noch eine Frage: Wo befindet sich die Frau, die mit mir hierhergekommen ist?«
    »Ich kenne sie nicht.«
    »Hast du sie gesehen?«
    »Nein, nicht, ich bin zu schwach.« Er schaffte es gerade noch, die Hände zum Gebet zu falten. Dann fielen ihm wieder die Augen zu, und ich verließ die Zelle.
    Wohin jetzt?
    Mit dem Rücken lehnte ich mich gegen die Wand. Zwar hatte mir der Mönch einige Informationen geben können, aber es war einfach zu wenig. Vor allen Dingen hatte ich nichts von Vivian Cameron gehört, und das machte mir zu schaffen.
    Lange überlegte ich nicht. Ich wußte auch, daß dieses Kloster nicht mehr mein Platz sein konnte, aber zuvor wollte ich noch im Arbeitszimmer des Abts nachschauen.
    Es war wohl der größte Raum, und er war in graue Dunkelheit gepackt.
    Ich machte Licht.
    Niemand hielt sich darin auf. Der Schreibtisch sah aus, wie ich ihn kannte, und auf dem Tisch standen noch die beiden Gläser und die Flasche mit dem Likör. Das wiederum erinnerte mich an Vivian Cameron.
    Ich blieb nicht stehen, denn ich wollte noch einen kurzen Blick in die Laden des Schreibtisches werfen, aber dumpfe Geräusche und auch leise klingende Rufe stoppten mich.
    Es war noch jemand im Raum.
    Ein Blick nach rechts.
    Da stand die Truhe.
    Plötzlich wußte ich Bescheid. Es dauerte nicht mal eine halbe Minute, da
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