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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett
Autoren: Lois McMaster Bujold
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mit einem ironischen Lächeln.
    »Ich habe nie verstanden, worum es ging.«
    »Was? Mein Name: Miles Naismith, nach dem Vater meiner Mutter, anstatt von Piotr Miles, nach beiden. Das geht alles zurück zu dem Trubel, als ich geboren wurde. Nachdem meine Eltern sich von dem Soltoxingas erholt hatten und feststellten, welchen Schaden der Fötus davongetragen hatte – übrigens darf ich offiziell davon nichts wissen – war Großvater unbedingt für eine Abtreibung. Er bekam einen Riesenstreit mit meinen Eltern – naja, mit Mutter hauptsächlich, nehme ich an. Vater war in der Mitte. Als mein Vater sich ihm widersetzte und zu meiner Mutter hielt, ging Großvater in die Luft und verbot, dass mir sein Name gegeben würde. Später beruhigte er sich ein bisschen, als er herausfand, dass ich keine völlige Katastrophe war.« Er grinste und trommelte mit den Fingern auf der Armlehne. »Also hat er sich überlegt, das Verbot zurückzunehmen. Vielleicht ist es gut dass ich versagt habe. Möglich, dass er an seinen Worten erstickt wäre.« Miles biss verbittert die Zähne zusammen und wünschte, er könnte die letzten Sätze zurücknehmen. Er wollte vor Elena nicht noch abstoßender auftreten, als er ohnehin war.
    »Ich weiß, wie ungemein viel du für die Aufnahmeprüfung gelernt hast. Es tut mir furchtbar leid.«
    »Nicht halb so leid, wie es mir tut«, meinte er gespielt fröhlich. »Ich wünschte, du hättest den Hindernislauf für mich machen können. Zu zweit würden wir einen verteufelt guten Offizier abgeben.«
    Plötzlich vermisste er etwas von der alten Freimütigkeit, die sie als Kinder geteilt hatten, als sie sagte: »Ja, aber nach der Norm in Barrayar bin ich behinderter als du – ich bin weiblich. Ich darf nicht einmal ein Gesuch einreichen, die Examen zu versuchen.«
    Er zog die Brauen hoch. »Ja, ich weiß. Es ist absurd. Dein Vater hat dir so viel beigebracht, dass du nur noch einen Lehrgang in schweren Waffen brauchen würdest, um neun Zehntel aller Kerle, die ich da draußen gesehen habe, platt zu walzen. Stell dir nur mal vor: Sergeant Elena Bothari.«
    »Du machst dich über mich lustig«, sagte sie kühl.
    »Ich spreche nur als Zivilist zu einem anderen Zivilisten«, meinte er, sich halb entschuldigend.
    Sie nickte. Dann strahlte sie jedoch wieder. »Deine Mutter schickt mich. Ich soll dich zum Mittagessen abholen.«
    »Jawohl«, sagte er und schob sich stöhnend hoch. »Sie ist ein Offizier, dem jeder gehorcht. Der Major des Admirals.«
    Elena lächelte über diesen Vergleich. »Ja. Aber sie war auch auf Beta ein Offizier. Bei ihr findet es niemand seltsam oder kritisiert sie, wenn sie die Vorschriften brechen will.«
    »Im Gegenteil! Sie ist so anders, dass niemand versuchen würde, sie bei den Vorschriften mit einzubeziehen. Sie tut immer alles auf ihre Art.«
    »Ich wünschte, ich wäre auch Betanerin«, sagte Elena traurig.
    »Täusch dich nicht! Sie ist auch nach der Norm auf Beta seltsam. Aber ich glaube, es würden dir in der Kolonie Beta einige Sachen gut gefallen.«
    »Ich komme nie von diesem Planeten weg.«
    Miles betrachtete sie aufmerksam. »Was bedrückt dich?«
    Sie hob die Schultern, »Ach, du kennst doch meinen Vater. Er ist so konservativ. Er hätte vor zweihundert Jahren geboren werden sollen. Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der ihn nicht für absonderlich hält. Er ist so übervorsichtig.«
    »Ich weiß – aber das ist bei einem Leibwächter eine ausgesprochene Tugend. Sein krankhaftes Misstrauen hat mir schon zweimal das Leben gerettet.«
    »Dann hättest du auch vor zweihundert Jahren geboren werden sollen.«
    »Nein, danke! Dann hätten sie mich gleich bei der Geburt getötet.«
    »Naja, das stimmt«, sagte sie. »Aber heute morgen hat er aus heiterem Himmel plötzlich über meine Heirat gesprochen.«
    Miles hielt abrupt inne und schaute sie an. »Wirklich? Was hat er gesagt?«
    »Nicht viel. Er hat es nur erwähnt. Ich wünschte … ach, ich weiß auch nicht … ich wünschte, meine Mutter lebte noch.«
    »Ja, sicher … aber du kannst immer mit meiner Mutter sprechen, wenn du willst. Oder – oder mit mir. Mir kannst du doch alles sagen, oder?«
    Sie lächelte ihn dankbar an. »Ja, danke.«
    Sie kamen an die Treppe. Elena blieb stehen. Er wartete.
    »Weißt du, er redet nie über meine Mutter. Nicht, seit ich ungefähr zwölf war. Früher hat er mir lange Geschichten erzählt – naja, für seine Verhältnisse lang. Ich frage mich, ob er sie allmählich
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