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Das Ist Mein Blut

Titel: Das Ist Mein Blut
Autoren: Sigrun Arenz
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noch das andere Seeufer absuchten. Je schneller sie hier auftauchten und den Fliehenden aufhielten, umso besser. Herwig Römer hielt neben ihr an. »Ich kann nicht mehr«, keuchte er. Und dann fügte er mit besorgter Stimme hinzu: »Ich hoffe, in dem Wagen war keine Waffe …«
    Rainer und Gollwitzer rannten weiter, hielten sich mehr nach links und rutschten den leicht abschüssigen Weg mehr hinab, als dass sie ihn liefen, während Kahlert rechts fuhr, wo ein schmaler Pfad abzweigte.
    Rainer war mittlerweile so nass, dass es ihm nichts mehr ausmachte, mitten durch die tiefen Pfützen zu spurten, die den Parkplatz in eine Art Seenplatte en miniature verwandelt hatten. In erstaunlich kurzer Zeit – jedenfalls kam es ihm so vor – hatten sie sein Auto erreicht. Trotzdem würde Kahlert einen enormen Vorsprung haben und sich von ihnen nicht mehr einholen lassen.
    Die Türen waren noch nicht richtig zugeschlagen, da hatte Rainer schon den Motor angelassen. Die ersten Meter fuhr er ohne Licht, dann leuchteten die Regenfäden im Scheinwerfer auf. »Ohne Anschnallen?«, stieß Kollege Gollwitzer beunruhigt hervor. »Ziemlich riskant!«
    Rainer holperte im schnellsten Tempo, das unter den Umständen möglich war, über den Parkplatz. »Gradaus!«, rief der Kollege, als er am anderen Ende in einen kleinen Weg einbiegen wollte, der augenblicklich eher einem Bach glich. »Das packt der Wagen nie!«
    Das war zu offensichtlich, als dass man darüber ernsthaft diskutieren konnte, und Rainer gab Gas. Die Reifen drehten durch, und einen bangen Moment lang war ungewiss, ob sie überhaupt weiterkommen würden. »Der muss eh wieder hier runter«, keuchte Gollwitzer, und tatsächlich entdeckten sie wie auf ein Stichwort hin erst die weißen Kegel der Scheinwerfer zweihundert Meter vor sich, dann die roten Rücklichter, als der Geländewagen von einem Seitenpfad rechts herunter auf ihre Straße schlitterte und sich einmal fast um die eigene Achse drehte. Kahlert hatte durch seine Abkürzung tatsächlich eher Zeit verloren. Jetzt hatte er sich aber wieder gefangen und floh weiter, Rainer war ihm allerdings viel näher, als sie je hatten hoffen können. Nur, dass der Geländewagen auf dem noch immer schlecht befestigten Weg im Vorteil war. Rainer fuhr, so schnell er es wagen konnte, aber sein Auto schlitterte und schlingerte bedenklich, jeden Moment nahe daran, vollends außer Kontrolle zu geraten.
    »Wir schaffen es nicht!«, rief Gollwitzer, der sich am Armaturenbrett festhielt, als ob das etwas nützte. Er hatte Recht. Vor ihnen durchlief der Weg, gerade bevor er auf die geteerte Straße stieß, eine Senke, die mit Wasser vollgelaufen war. Vor ihnen drosselte Kahlert die Geschwindigkeit ein klein wenig – die roten Bremslichter flammten in der Finsternis auf – und fuhr in einem Schwall aufschießenden Wassers durch das Loch, aber Rainer dachte nicht daran, jetzt aufzugeben. Er holte tief Luft und setzte ihm nach.
    Einen Augenblick lang waren sie blind, so viel Wasser schwappte über das gesamte Auto hinweg, und dann ging es einfach nicht weiter, das Geräusch des Motors erstarb, und sie trudelten beinahe sacht seitwärts, bis sie mit einem kleinen Ruck zum Stehen kamen.
    »Scheiße!«, stieß Rainer hervor und schlug mit den Händen auf’s Lenkrand. Er traf die Hupe, die wie ein schrilles Echo seines Ausrufs in die Dunkelheit schallte. Gollwitzer hob die Schultern. Wenn es nach ihm ging, hatten sie unter widrigen Umständen getan, was sie konnten, und mehr war einfach nicht drin gewesen.
    Sie stiegen aus und landeten in knöcheltiefem Wasser – kein Wunder, dass der alte Kleinwagen da nicht mehr mitgemacht hatte. »Der ist hin«, schimpfte Rainer.
    »Kahlert!«, schrie sein Begleiter plötzlich auf und deutete auf die Straße. Triumphierend zwangen die beiden Männer ihre müden Beine noch einmal zum Laufen. Der Geländewagen hatte zwar die Wassersenke geschafft, aber die Straße, in die der Feldweg mündete, war ihm zum Verhängnis geworden. Auf dem regennassen Asphalt hatten sich Autoscheinwerfer genähert, und Kahlert, der die Biegung zu schnell genommen hatte und auf die linke Spur geraten war, hatte das Steuer herumreißen müssen und war dabei ins Schleudern geraten. Schließlich war er, mit einem Rad über dem Straßengraben hängend, liegen geblieben.
    Der Rest war einfach, wenn auch etwas verwirrend. Denn die Fahrerin des anderen Wagens war aus ihrem Auto ausgestiegen und beteuerte entsetzt und händeringend gegenüber den
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