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Das ist das Leben!: C'est la vie (German Edition)

Das ist das Leben!: C'est la vie (German Edition)

Titel: Das ist das Leben!: C'est la vie (German Edition)
Autoren: Françoise Héritier
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Stück Zucker in die Kaffeetasse seines Tischnachbarn tunken und essen. Die süßen Zuckerreste mit dem Kaffeelöffel aus der Tasse kratzen. Den Angriff eines Schwarmes wilder Bienen im Busch überleben. Den kräftigen Geruch heißen Teers einatmen oder den leicht ranzigen bei der Sheabutterherstellung.
    Sportlich die tiefsten Spurrillen auf der Trasse umfahren. Sich die Unterwäsche unter Krinolinen vorstellen. Eine Liste aller Arten der Verhüllung des männlichen Geschlechts erstellen. Sich ganz allein in einem Krankenhausbett aufrichten können. Wissen, dass derjenige, auf den man wartet, auch kommt. Vom Gipfel eines Berges die Landschaft sehen, die sich öffnet wie eine Blüte. Spüren, wie die Erde sich unter dem eigenen Körper bewegt, und dabei in die Wolken blicken …
    Die Sekunden zwischen Blitz und Donner zählen. In die Dunkelheit blicken und darin merkwürdige Silhouetten, etwa die von Weberböcken erkennen. Anderen weismachen, dass man aus dem Kaffeesatz lesen kann. Vergeblich versuchen, ein Kartendeck richtig zu mischen. Eines Tages triumphierend vom Kochkurs kommen, weil man gelernt hat, Sellerie-Remoulade zu machen, dann die Familie tagelang damit mästen.
    Sich ohne jede Scham an frühere Fehler erinnern. Zur Mitternachtsmette in der Kirche Saint-Augustin gehen und über den Gehweg der Rue du Général-Foy schlittern, der damals noch mit Holz gedeckt war. Im Kugelstoßen, aber in keiner anderen Sportart sehr gut gewesen sein. Herauszufinden versuchen, wer die Glückwünsche von Dekan Aymard ausgesprochen bekommt, bevor man begreift, dass man selbst es ist.
    Ein schönes, rotes Kleid tragen bei der Hochzeit eines Freundes – Sohn eines sowjetischen Botschafters – mit einer (vor langer Zeit) berühmten Romanschriftstellerin.
    Den Berg hinaufradeln wie Gino Bartali, bergab aber wie verrückt bremsen. In einem Autoscooter lachen, auch wenn man das Ganze nicht ausstehen kann. Auf den Tanzboden gehen, wenn nur ein Akkordeonist und ein Schlagzeuger aufspielen. Herrlich Walzer tanzen, aber auch den Java, Rumba, Paso doble, Tango und Rock mögen (ja, ja!).
    Eine Nacht lang lesen, um einen Roman zu beenden, eine Nacht beim ersten Toten der Familie wachen (der Urgroßmutter mütterlicherseits), eine Nacht an der Bettseite seines Kindes zubringen. Eine ganz kleine Melodie von Mozart hören, die einem jedes Mal ans Herz geht. Vor hundert Leuten vom Podium fallen, aufstehen und weitermachen, als wäre nichts gewesen. Chinesisches Roulette spielen (»Wenn ich eine Blume wäre – welche Blume wäre ich?«). Durchs Meer waten. Mimosen berühren, einen zutraulichen Igel streicheln. Ein Mastschaf namens Pedro haben. Dem Kampf der Katze Petite Demoiselle mit einer Ratte im Kornspeicher beiwohnen (die Katze gewinnt). Am selben Tag im Lavradois warmes Roggenbrot essen, das in langen Streifen aufgeschnitten wird, und »Schweinekartoffeln«, die in einem großen Kessel gekocht werden, frisch gestampfte Butter und millia , eine Art Rührkuchen mit Schwarzkirschen (das war damals im Krieg, aber es kommt mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen). Sich an den französischsprachigen Sender Ici Londres der BBC [ Radio London ] während des Krieges erinnern. Partisanen in der Auvergne gesehen haben, in Höhlen geflüchtet sein, die Bombardierungen von Saint-Étienne, Firminy, La Ricamarie, Rive-de-Gier überlebt haben. Gern braunen Fruchtzucker, der in Kompottschalen klumpte, und Kartoffelkuchen (eine Kalorienbombe!) gegessen haben. Beim großen Treffen der Vereinigten Linken an der Porte de Versailles zusammen mit François Mitterand, Georges Marchais und Robert Fabre dabei gewesen sein. Im Busch aus einem knisternden Transistorradio, das ein ghanaischer Migrant mitgebracht hatte, von den Ereignissen im Mai 1968 erfahren. Nach asketischen Aufenthalten in Afrika heftig auf das üppige Angebot unserer Wochenmärkte reagieren. Bei einigen Treffen der aufkeimenden Frauenbewegung in der Nähe des Parks von Montsouris zugegen gewesen sein.
    Aufbewahren, was man geschenkt bekommt. Touristen und anderen, die nach dem Weg fragen, freundlich Auskunft geben, auch wenn man dadurch zu spät kommt. Von Hand schreiben. Eine Zeit lang ganz besessen sein von einem ausstehenden Treffen, von einem offenen Punkt in einer bestimmten Angelegenheit oder von der Frage, wie man einen Gedanken am besten darstellen könnte.
    Tee zubereiten, ein Abendessen improvisieren. In einem Reanimationsraum aus dem Koma erwachen und kurz denken, das Ende
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