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Das Herz kennt die Wahrheit

Das Herz kennt die Wahrheit

Titel: Das Herz kennt die Wahrheit
Autoren: Ruth Langan
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füllte ein wenig in ein großes Glas und führte es an die Lippen seiner Enkelin.
    Als ihr die scharfe Flüssigkeit die Kehle hinunterrann, hustete Darcy und rang nach Luft. Dann öffnete sie die Augen.
    "Was ist bloß geschehen? Deine Finger sind ja eiskalt." Ambrosia begann, die Hände ihrer Schwester zu reiben.
    "Ich hörte …" Darcy schluckte. "Ich hörte, wie Gray nach mir rief. Er leidet furchtbare Schmerzen."
    Ambrosia warf den anderen einen flüchtigen Blick zu, die mit besorgten Mienen auf Darcy hinabschauten. "Du hast bloß geglaubt, ihn zu hören."
    "Nein." Heftig schüttelte Darcy den Kopf. "Ich habe ihn gehört. Genauso deutlich, wie ich jetzt euch höre." Sie wandte sich Newton zu. "Es stimmt, Newt."
    "Mädchen." Er legte seine zerfurchte Hand auf die ihre. "Du weißt, was das Meer uns vorzugaukeln vermag. Die See kann seufzen und stöhnen und sogar sprechen, wenn sie es darauf anlegt. Aber es ist die See, die spricht. Nicht Gray."
    "Es war Gray." Eine große glitzernde Träne löste sich aus Darcys Augenwinkel und lief ihr über die Wange. "Er hat Schmerzen. Er braucht mich. Doch ich weiß nicht, wie ich ihm helfen soll."
    "Beruhige dich." Geoffrey Lambert drückte ihr das Whiskyglas in die Hand. "Ich möchte, dass du das trinkst. Alles. Es wird dich aufwärmen und dich gut schlafen lassen, mein Mädchen."
    "Ich will aber nicht schlafen, Großvater."
    "Dann trink es für mich." Er setzte sich neben sie auf das Sofa, umschloss ihre Hand und führte das Glas an ihre Lippen.
    Sie trank und verspürte ein Brennen in ihrem Hals, als der Whisky sich wie Feuer seinen Weg bahnte. Schon nach kurzer Zeit legte sich das Zittern, das sie zuvor erfasst hatte. Jetzt erst nahm sie wahr, dass die anderen, die nach wie vor um die Chaiselongue herumstanden, sich besorgte Blicke zuwarfen.
    "Mir … geht es wieder gut. Ihr könnt euch nun alle zu Bett begeben."
    "Nicht, bevor du dich hingelegt hast." Ambrosia sah ihren Gemahl an, der zustimmend nickte.
    "Ich … denke, ich werde schlafen können." Darcy reichte der Haushälterin das leere Glas und kam nur mit Mühe wieder auf die Beine.
    Sogleich legte Ambrosia einen Arm um ihre Schwester und ging mit ihr zur Treppe. Während sie die Stufen zum zweiten Stock erklommen, strich Ambrosia Darcy über die Wange. "Du hast einen furchtbaren Schock erlitten. Kein Wunder, dass dein Geist dir Dinge vorgaukelt."
    Darcy war im Begriff, zu widersprechen, doch sie hielt sich zurück. Es gab keinen Grund, die anderen zu verstimmen und unnötig aufzuregen.
    "Wenn du magst …", Ambrosia blieb vor dem Gemach ihrer Schwester stehen, "komme ich eine Weile mit herein und wir könnten reden. Oder vielleicht möchtest du gerne, dass ich die Nacht über bei dir bleibe. Wir könnten zusammen in einem Bett schlafen, wie früher, als wir noch klein waren und eine von uns Angst hatte."
    "Nein." Darcy schaute an ihr vorbei und sah Riordan Spencer an. "Du hast jetzt deinen Gemahl."
    "Es macht Riordan nichts aus …"
    Darcy schüttelte den Kopf. "Ich bin sehr müde. Ich werde schlafen."
    "Bist du sicher?"
    "Ja." Sie hauchte einen Kuss auf die Wange ihrer Schwester. "Aber hab Dank für dein Angebot. Gute Nacht."
    Sie betrat ihr Gemach und schloss die Tür. Dann lehnte sie mit dem Rücken an der Tür und lauschte, wie die Schritte im Korridor verhallten. Als die anderen im Hause sich zur Ruhe begeben hatten, trat sie an das große Fenster, das zur Seeseite hinausging, kniete sich hin und stützte die Arme auf dem breiten Sims ab.
    Darcy wusste, dass in dieser Nacht nicht an Schlaf zu denken war. Sie musste wach bleiben und Acht geben, falls Gray wieder nach ihr rief.
    Das Kinn auf die Hände gestützt, sah sie angestrengt in die Dunkelheit hinaus und hoffte, dort draußen ein Stück eines weißen Segels zu erblicken.
    War sie dem Wahnsinn nahe? Leugnete sie die Wahrheit beharrlich? War das die Art und Weise, wie andere Leute mit dem Verlust eines Seelenverwandten umgingen?
    "O Gray." Sie fühlte, wie die Tränen in ihren Augen brannten, doch sie blinzelte rasch und begann zu schlucken, da ihr die Kehle wie zugeschnürt war. Sie durfte ihren Tränen keinen freien Lauf lassen. Gäbe sie dieser Schwäche nach, so wäre ihr letztes bisschen Selbstbeherrschung dahin. Verbissen kämpfte sie gegen die Schluchzer an. "Gray, wie soll ich ohne dich leben? Ich kann es nicht ertragen. Oh, ich kann mir keine Zukunft ohne dich vorstellen."
    Sie hielt sich eine Hand an den Bauch und kämpfte gegen die plötzliche
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