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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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seine kneiferähnliche Brille waren unverwechselbar. Ein Pathologe an Lucs Bett … Er würde ihm Unglück bringen.
       Die Doppeltür am Eingang der Station ging auf. Ein untersetzter Arzt in einem zerknitterten grünen Kittel tauchte auf. Ich erkannte ihn sofort: Christophe Bourgeois, Anästhesist und Intensivmediziner. Vor zwei Jahren hatte er versucht, einen psychopathischen Zuhälter zu retten, der bei einer Razzia im 18. Arrondissement, in der Rue Custine, in die Menge geschossen hatte. Der Mann hatte zwei Polizisten niedergestreckt, bevor eine Kugel vom Kaliber .45 sein Rückgrat durchschlug – eine Kugel aus meiner Pistole.
       Ich stand auf und ging Christophe entgegen. Er runzelte die Stirn.
       »Sie kommen mir bekannt vor.«
       »Mathieu Durey, Commandant bei der Mordkommission. Der Fall Benzani im März 2000. Ein Ganove, der niedergeschossen wurde und hier verstarb. Letztes Jahr haben wir uns vor dem Gericht in Créteil wiedergesehen, wo der Prozess in Abwesenheit stattfand.«
       Der Mann machte eine Geste, die besagte: »Ich begegne so vielen Leuten …« Er hatte dichtes weißes Haar, ein beeindruckender, vitaler Mann. Er sah zur Intensivstation hinüber.
       »Sind Sie wegen des Polizisten da, der im Koma liegt?«
       »Luc Soubeyras ist mein bester Freund.«
       Er verzog das Gesicht, als bedeute das noch mehr Ärger.
       »Wird er überleben?«
       Der Arzt öffnete das Band seines Kittels in seinem Rücken.
       »Es ist ein Wunder, dass sein Herz wieder schlägt«, sagte er schnaufend. »Als man ihn aus dem Wasser zog, war er tot.«
       »Was wollen Sie damit sagen?«
       »Klinisch tot. Wäre das Wasser nicht so kalt gewesen, hätte man nichts mehr für ihn tun können. Aber durch die Unterkühlung war die Durchblutung des Körpers schwächer. Die Notärzte in Chartres haben unglaubliche Geistesgegenwart bewiesen und das Unmögliche versucht, indem sie sein Blut künstlich erwärmten. Und das Unmögliche hat funktioniert. Eine echte Auferstehung.«
       »Was haben sie getan?«
       Svendsen, der näher gekommen war, schaltete sich ein:
       »Ich erkläre es dir.«
       Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Der Arzt sah auf seine Uhr.
       »Ich habe jetzt wirklich keine Zeit.«
       Ich explodierte:
       »Mein bester Freund liegt hier nebenan. Also nehmen Sie sich die Zeit gefälligst!«
       »Verzeihen Sie«, sagte der Doktor lächelnd. »Die Diagnose ist noch nicht abgeschlossen. Wir müssen noch herausfinden, wie tief sein Koma ist.«
       »Wie steht es mit seinen Körperfunktionen?«
       »Die Vitalfunktionen sind wieder normal, aber wir können nichts tun, um ihn aus dem Koma aufzuwecken … Und falls er aufwacht, können wir nicht vorhersagen, in welchem Zustand. Alles hängt von den Hirnverletzungen ab. Unser Freund hatte die Schwelle des Todes überschritten, verstehen Sie? Die Sauerstoffversorgung war eine Zeit lang unterbrochen, was zweifellos Schäden verursacht hat.«
       »Gibt es nicht verschiedene Formen des Komas?«
       »Ja, mehrere. Den vegetativen Zustand, in dem der Patient auf gewisse Reize reagiert, und das echte Koma. Ihr Freund scheint sich genau an der Grenze zwischen den beiden zu befinden. Aber Sie sollten den Neurologen, Éric Thuillier, aufsuchen.« Ich schrieb den Namen in mein Notizbuch. »Er führt gerade die Tests durch. Melden Sie sich für morgen an.«
       Er sah erneut auf die Uhr und senkte dann die Stimme:
       »Etwas anderes … Ich habe nicht gewagt, seine Frau danach zu fragen, aber hat Ihr Freund Drogen genommen?«
       »Nein. Wieso?«
       »Wir haben in seiner Ellenbeuge Einstichstellen gefunden.«
       »War er vielleicht in ärztlicher Behandlung?«
       »Seine Frau sagt, nein.«
       Der Arzt zog seinen Kittel aus und reichte mir die Hand:
       »Ich muss jetzt auf eine andere Station.«
       Ich sah, wie die Türen ein weiteres Mal aufgingen. Laure. Auch Lucs Frau trug einen Kittel aus Zellstoff und eine Haube. Sie taumelte eher, als dass sie ging. Ich eilte auf sie zu. Sie wich zurück, als ob ihr meine Stimme oder meine Anwesenheit Angst einjagte. Ihr Gesichtsausdruck war kalt und unergründlich.
       »Laure, wenn du irgendetwas brauchst …«
       Sie schüttelte den Kopf. Sie war noch nie eine Schönheit gewesen, aber jetzt glich sie einem Gespenst. Sie sprach leise und hastig:
       »Gestern Abend hat er uns gesagt, wir sollten ohne ihn
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