Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown
Autoren: Emilie Richards
Vom Netzwerk:
konzentrierte sich darauf, sich in sauberer Privatschul-Handschrift von ihrer Vergangenheit zu verabschieden.
    „Jetzt haben wir’s gleich.“ Carol Ann – die keinen Nachnamen zu haben schien – klopfte neben Faith’ Hand auf den Tisch, als wolle sie ihrer Klientin mit dieser Geste die Sache erleichtern.
    Faith vermutete, dass Carol Ann es nur gut meinte, hatte sie aber von Anfang an nicht ausstehen können. Die Maklerin trug malvenfarbenen Lidschatten, der sich fast bis zu ihren schmal gezupften Brauen erstreckte, und hatte ein Lächeln aufgesetzt, mit dem sich Dampf in Schneeflocken verwandeln ließ. Carol Ann wollte weiter nichts als einen weiteren reibungslosen Abschluss: noch ein Haus, das abgewickelt und übergeben werden konnte. Noch ein Leben, das seinem Schicksal überlassen wurde.
    „So, Mr. Bronson, jetzt noch Ihre letzte Unterschrift, dann sind wir fertig, glaube ich.“
    Faith schob das Dokument zu David hinüber. Er saß völlig regungslos da, als könne er Faith vergessen lassen, dass er überhauptda war, indem er sich tot stellte. Seit er von ihr in den Armen seines Liebhabers überrascht worden war, hatte David bei jeder ihrer wenigen Begegnungen diese leblose Pose eingenommen. Sie war sich nicht sicher, ob er jede Bewegung vermied, weil er in Stücke zu brechen fürchtete, oder ob er einfach nicht mehr wusste, was er mit seinem Körper anfangen sollte. Immerhin steckte er in einem ganz neuen Körper, einem ganz neuen Leben, einer ganz neuen Welt.
    Ihr Ehemann, ein Schwuler.
    Davids Unterschrift sah fast genauso aus wie die von Faith. Früher hatten sie darüber gelacht, wie sehr sich ihre Handschrift ähnelte, und Witze darüber gemacht, wie leicht sie wechselseitig ihre Unterschriften fälschen könnten. Jetzt wirkte die Ähnlichkeit trügerisch. Sie war so dumm gewesen, darin eine Bestätigung des Gleichklangs zwischen ihr und David zu erkennen. Sie hatte das glauben wollen. Schließlich würde ein Mann, dessen Temperament ihrem so sehr glich und der alles schätzte, was sie schätzte, ihr nie wehtun können.
    „Also, das hätten wir.“ Carol Ann schlug den Papierstapel energisch auf den Tisch wie eine Richterin ihren Hammer. „Ich hoffe, Sie finden alles in bester Ordnung vor“, sagte sie zu dem jungen Paar am anderen Ende des Tisches, das gerade das Haus der Bronsons gekauft hatte. „Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie mich bitte an.“
    Carol Anns Lächeln wurde eine Nuance wärmer, als sie sich David zuwandte. Doch sie flirtete nicht mit ihm. Schließlich wäre das unter den gegebenen Umständen reine Zeitverschwendung gewesen. Faith war überzeugt, dass sie wusste, warum sie ihr Haus verkauften. Schließlich kannte alle Welt die Story. Jedes Boulevardblatt der freien Welt hatte über Davids unfreiwilliges Coming-out berichtet.
    An jenem unglückseligen Dezembertag war Faith nicht der einzige unerwünschte Gast im Ferienhaus gewesen. Ein besonders widerlicher Kollege von Abraham Stein war den beiden Männern, über deren verdächtig häufiges Zusammensein er einigen Klatsch aufgeschnappt hatte, von der Konferenz in Seattle gefolgt und hatte sein Auto im Wald geparkt. Falls der Reporter vor Faith’ Ankunft noch Zweifel gehabt haben sollte, was genau im Cottage vor sich ging, so hatten ihre tränenreiche Flucht zum Auto und die Zeit, die David brauchte, bis er in der Tür auftauchte und ihr nachrief, seinen Verdacht bestätigt.
    Und wieder hatte eine Washingtoner Lichtgestalt ihren Glanz unwiederbringlich eingebüßt.
    Carol Ann stand auf. „Mr. und Mrs. Bronson, wenn Sie noch Fragen haben ...“
    „Danke.“ Faith griff nach ihrer Handtasche und dem marineblauen Blazer, der ihr von ihrer Mutter am schrecklichsten Weihnachtsmorgen ihres Lebens geschenkt worden war. Faith hatte alle Kleidungsstücke, die David ihr je gekauft hatte, sorgfältig weggepackt, als wären sie mit etwas durchtränkt, das sie für immer meiden wollte.
    Die junge Mutter, der Faith’ Haus nun gehörte, pirschte sich an sie heran und fragte mit halb unterwürfigem, halb gebieterischem Tonfall: „Sind Sie sicher, dass Sie es bis zum Monatsende schaffen?“
    Der Versuch, sich diese Frau allmorgendlich an Faith’ geliebtem Aga-Herd vorzustellen, wie sie für ihren Mann und die drei kleinen Kinder Wasser aufsetzte und Eier kochte, misslang. Sie war nicht liebenswürdig genug für dieses Haus, sie wusste den unkrautfreien Rasen und das elegante Wanddekor im großen Schlafzimmer nicht ausreichend zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher