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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen
Autoren: Ulrich Hefner
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keine Anhaltspunkte?«
    Trevisan lächelte. »Haben wir seit dem letzten Fall nicht beschlossen, erst einmal offen an die Sache heranzugehen und uns nicht wieder frühzeitig festzulegen? Wir können nicht ausschließen, dass dieser Baschwitz Opfer eines gezielten Mordanschlages wurde. Vielleicht reichte es dem Brandstifter nicht mehr, nur Häuser brennen zu sehen, oder es gab einen Streit unter Pennbrüdern. Und es ist auch gar nicht so abwegig, den Brandstifter vielleicht sogar in diesem Milieu zu vermuten. Die Brandorte liegen in der Einsamkeit und kämen alle auch als Übernachtungsplätze für Wohnsitzlose in Betracht.«
    Dietmar schüttelte den Kopf. »Ein Penner fährt aber keinen Kleinwagen.«
    »Der Kleinwagen muss nicht mit dem Fall in Verbindung stehen«, konterte Trevisan. »Dazu gibt es bislang noch keine ausreichenden Indizien.«
    »Trevisan hat recht«, bestätigte Monika Sander. »Also, wie gehen wir vor?«
    Trevisan wies auf einen freien Stuhl und wartete, bis sich Anne gesetzt hatte. »Ich werde mich um die Obduktion und zusammen mit Kleinschmidt um die Identifizierung kümmern. Dietmar und Till nehmen sich den Lebenslauf des Toten vor, vielleicht ergeben sich daraus irgendwelche Anhaltspunkte. Und du überprüfst mit Anne die Feuerwehrmänner.«
    »Das hat Schneider auch schon gemacht«, wandte Monika ein.
    »Aber nur hier in Wilhelmshaven«, widersprach Trevisan. »Es gibt noch mehr Wehren. Vor allem die Freiwilligen. Wir suchen einen Mann, zwischen achtzehn und vierzig Jahren alt, der zurzeit keinen Job hat und möglicherweise einen dunklen Kleinwagen fährt.«
    »Und wo soll ich anfangen?«
    »Die Stadtverwaltungen haben doch Listen. Du wirst eben die Computer befragen müssen. Ich helfe euch, sobald wir definitiv wissen, wer der Tote ist und wie er starb.«
    *
    Und er ließ seinen Sohn durchs Feuer gehen und achtete auf Vogelschreie und Zeichen und hielt Geisterbeschwörer und Zeichendeuter; so tat er viel von dem, was dem Herrn missfiel, um ihn zu erzürnen …
    Als er in Richtung des Bontekais schlenderte, dachte er daran, wie die Männer in orangeroten Overalls die Leiche aus dem brennenden Gebäude getragen hatten. Ihn beschlich ein eigenartiges Gefühl, ein flaues und gleichzeitig befriedigtes, ein abstoßendes und zugleich prickelndes, ein erschreckendes und am Ende doch berauschendes Gefühl. Es war lange her, dass er zum letzten Mal dieses unheimliche Kribbeln in der Magengegend empfunden hatte – Jahrzehnte schon. Die reinigende Kraft des Feuers, so wie es geschrieben stand, im großen Buch der Vermächtnisse, von dem ihm Josef so viel erzählt hatte.
    Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz und wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod, und ihr Eifer ist fest wie die Hölle. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn …

 
     
2
    Trevisan nahm den Weg über die Ebertstraße zum Rechtsmedizinischen Institut. Kleinschmidt war schon bei der Arbeit, hatte Fingerabdrücke von der rechten Hand der Leiche abgenommen, sie digitalisiert und das automatische Vergleichsprogramm am Computer gestartet. Spätestens bis zum nächsten Morgen würde das Ergebnis vorliegen. Vorausgesetzt, es lagen identische Prints des Toten im Zentralcomputer des BKA vor. Doktor Mühlbauer, der Chefpathologe, hatte die Obduktion für den Mittag angesetzt. Obwohl ihm bereits der Magen knurrte, ließ Trevisan das Mittagessen ausfallen. Eine Leichenöffnung führte bei ihm immer noch zu einem lästigen Magendruck. Es gab Dinge, an die würde er sich nie gewöhnen.
    Das rote Backsteingebäude lag im gleißend hellen Sonnenschein eines herrlichen Sommertages. Ein nahezu wolkenloser Himmel und Temperaturen um die dreißig Grad brachten selbst Trevisan, der gerade aus seinem Urlaub im heißen Griechenland zurückgekehrt war, ins Schwitzen. Nach einem stürmischen und verregneten Frühling war der Sommer nun doch noch ins Wangerland eingekehrt. Trevisan ließ seine dunkle Stoffjacke im Wagen zurück und ging den von Büschen und Sträuchern gesäumten Fußweg entlang.
    »Ach, wenn das nicht unser Stammgast der letzten Monate ist«, begrüßte ihn Doktor Mühlbauer, der neben dem Eingang auf einem Gartenstuhl Platz genommen hatte und sein Gesicht der Sonne zuwandte. »Setzen Sie sich ein paar Minuten zu mir und erfreuen Sie sich am Sonnenschein. Ich habe noch zehn Minuten Mittagspause. Vielleicht bekomme ich etwas Farbe, bevor ich mich wieder in meinen dunklen Keller begebe. Waren Sie nicht in
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