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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Wood
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es zurückhielt.
    »Du rettest Tiere«, hatte ihre Großmutter gesagt, »anstatt Kinder zu kriegen.«
    Charlotte hatte gelacht. »Ich habe ein Kind, Großmutter, ein ganz großes. Harmony Biotec reicht mir voll und ganz.«
    Aber ihr Lachen hatte hohl geklungen. Bald würde sie vierzig werden. Hatte sie die Chance, eine eigene Familie zu haben, schon verpaßt? Die Firma hatte in ihrem Leben stets an erster Stelle gestanden. Immer wieder gab es etwas Neues, das sie ausprobieren wollte, immer wieder eine Innovation, zu der sie ihre Großmutter erst überreden mußte. Irgendwie waren die Jahre vergangen, und der Gedanke an eine eigene Familie hatte immer im Hintergrund gestanden.
    Und nun diese Katastrophe: irgend jemand vergiftete die Produkte von Harmony.
    Schnell wechselte Charlotte Rock und Jacke, wobei sie diesmal ein schwarzes Kostüm wählte, um ihrem Aussehen noch mehr Autorität zu verleihen, und schluckte zwei Harmony-Tabletten, die beruhigende Kräuter enthielten. Sie war noch ganz erschüttert von dem Vorfall mit der Garagentür, und gleich im Labor mußte sie ruhig und beherrscht auftreten.
    Als sie durch das kleine Atrium ging, in dem sie seltene Kräuter und Pflanzen zog, spürte sie einen kalten Luftzug. Als sie sich umdrehte, sah sie, daß die Glastür zum Innenhof aufgeflogen war.
    Eilig bahnte sie sich einen Weg durch die empfindlichen Palmen und zerbrechlichen Farne, um die Tür zu schließen. Unter ihren Füßen knirschte es. Als sie sah, was es war, schlug sie sich entsetzt mit beiden Händen vors Gesicht und schrie fast wie ein Kind »Aiiyah!«
    Das gläserne Windspiel, das seit zwei Jahren im Atrium hing, war heruntergefallen und zerbrochen.
    Sie bückte sich und berührte die Scherben. Das Windspiel war ein Geschenk von Jonathan gewesen, das er ihr vor zehn Jahren gemacht hatte, als sie sich zum letzten Mal sahen. Ein ganzes Jahrzehnt lang hatten die zarten Glasringe überall, wo sie lebte, das gute chi fließen lassen, und die klimpernde Musik hatte sie mit bittersüßer Traurigkeit an die einzige große Liebe ihres Lebens erinnert und daran, wie sie diese Liebe verloren hatte.
    Ihre Großmutter hatte dieses Gedenken an Leid und Verlust gebilligt. »Nun wirst du niemals uneingeschränkt glücklich sein, Charlotte. Yin und Yang sind in deinem Leben ausgeglichen.«
    Was für eine Einstellung! Kummer gutzuheißen, weil Gleichgewicht und Harmonie wichtiger waren als vollkommene Freude!
    Der äußere Glasring war zersprungen, so daß er die kleineren Ringe nicht mehr umschloß. Ein zerbrochenes Windspiel kann man nicht wieder aufhängen, dachte Charlotte und fühlte einen Kloß in der Kehle. Der Klang wäre nicht mehr richtig. Das chi würde rückwärts fließen.
    Charlotte starrte auf ihr zerstörtes Glück und fragte sich, ob irgend etwas je wieder so werden würde, wie es sein sollte. Dann eilte sie zurück durch den Gang ins Schlafzimmer. Aus ihrer Kommode nahm sie ein in Wasserblau- und Waldgrüntönen gemustertes Seidentuch – ebenfalls ein Geschenk von Jonathan. Er hatte es ihr bei ihrem letzten Treffen gegeben, als er ihr auch die erschreckende Neuigkeit mitgeteilt und sie gefühlt hatte, wie in diesem Moment ihr Leben zerbrach, so wie jetzt, als das Windspiel heruntergefallen und die Windschutzscheibe des Chevy zerbrochen war.
    Ins Atrium zurückgekehrt, sammelte sie die Ringe und Scherben des Windspiels vorsichtig auf und wickelte sie in das Tuch. Pedro erschien in einem tropfenden Regenmantel und meldete, daß er die Garagentür nach oben geschoben und gesichert hätte.
    Charlotte wollte gerade gehen, als Yolanda sie an der Küchentür zurückhielt. »Für Sie«, sagte sie und drückte ihr etwas in die Hand. »Sehr alt.« Yolanda stammte aus Chiapas in Mexiko und hatte Mayablut in den Adern. Charlotte erkannte einen kleinen Talisman, ein Stück grüner Jade, in der Form einer schlafenden Schlange.
    »Sehr viel Glück, sehr alt«, beteuerte Yolanda.
    Doch noch während Charlottes Finger sich um die kleine Reliquie schlossen, fragte sie sich, ob ihr das Glück endgültig abhanden gekommen war.

3
    Als Charlotte in den Joshua-Tree-Drive einbog, wo sich die unauffälligen Gebäude des Harmony-Wissenschaftsparks in ein riesiges Gelände mit weitläufigen Rasenflächen, Palmen, felsigen Wasserfällen und einem See, auf dem der Regen weiße Schaumkronen aufpeitschte, einfügten, fuhr sie langsamer.
    Das große Schild »Harmony Biotec Laboratorien« und das kleinere »Harmony –
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