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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberley Wilkins
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nur der einfachen und doch überwältigenden Aufgabe stellen, sich das Cottage anzusehen, das Mark für sie – sie beide – gekauft hatte.

    Sie erkannte das Cottage auf den ersten Blick wieder. Es stand allein am Ende des Kiesweges, der zum Leuchtturm führte. Mark hatte ihr nicht nur Fotos gezeigt, sie erinnerte sich auch aus ihrer Kindheit daran. Das Cottage war in den 1940er Jahren für den Leuchtturmwärter erbaut worden. Als sie in Lighthouse Bay gelebt hatte, stand das Cottage leer. Pirate Pete wollte lieber im Leuchtturm selbst leben, der noch aus dem 19. Jahrhundert stammte. Der Gedanke an ihn weckte weitere Erinnerungen. Für sie und ihre Freundinnen war es eine Mutprobe gewesen, zum Leuchtturm zu laufen und kichernd an die Tür zu klopfen. Pirate Pete mit dem langen grauen Bart und den eiskalten Augen riss dann die Tür auf und brüllte: »Zum Teufel noch mal, lasst mich in Ruhe!« Sie hatten sich bei ihren Übernachtungspartys gerne Gruselgeschichten über ihn erzählt. Natürlich war er kein Pirat. Er war nur der Leuchtturmwärter und vermutlich ein einsamer alter Mann.
    Sie hielt in der überwucherten Einfahrt und stellte den Motor ab. Dann blieb sie ein paar Minuten einfach sitzen, die Hände am Lenkrad, und überließ sich ganz ihren Gedanken und Erinnerungen. Sie hatte die Schlüssel in der Handtasche – Schlüssel, die sie nie hatte benutzen wollen. Libby seufzte. Sie hatte sich diese Woche ihres Lebens anders vorgestellt. Sie hatte nicht damit gerechnet, in Trauer nach Hause zurückzukehren, ohne Arbeit, in ein Cottage, das ihr zwar gehörte, das sie aber noch nie betreten hatte.
    Mark war einmal im Jahr nach Queensland gereist, um Opale zu kaufen. Vor sechs Jahren hatte er einen Abstecher zum nahe gelegenen Winterbourne Beach gemacht, der nach seiner Familie benannt und bei Tauchern beliebt war, weil seine Vorfahren bei einem Schiffbruch Anfang des 20. Jahrhunderts dort einen legendären Schatz verloren hatten. »Wie hätte ich nicht dorthin fahren und mir den Ort ansehen können, an dem mein kleines Mädchen geboren und aufgewachsen ist?«, hatte er gesagt. »Das Cottage stand zum Verkauf, und ich wollte dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.«
    Sie kämpfte mit den Tränen, griff nach ihrer Handtasche und stieg aus. Der erste Schlüssel passte gleich an der Tür, und schon stand sie im Haus.
    Muffig. Alter Kram. Juckender Staub. Die Fensterscheiben waren mit einer dünnen Salzkruste überzogen, die den Blick nach draußen verschleierte. Erste Aufgabe: putzen. Sie ging durchs Wohnzimmer – braune Fliesen, fadenscheiniger brauner Teppich, alter quadratischer Holztisch, keine Stühle – und entriegelte die Fenster. Dann schob sie sie mit einem heftigen Ruck auf, um die Meeresluft hereinzulassen. Das Haus mochte in den 1940ern gebaut worden sein, doch die Einrichtung stammte komplett aus den siebziger Jahren. Die Sitzbank in der Küche war mit leuchtend grünem Laminat überzogen, der Spritzschutz hinter der Spüle bestand aus winzigen Kacheln, die aussahen wie der schmutzige Schaum auf einem Teich. Der Gasherd war mit Spinnweben überzogen und mit dem Kot von Küchenschaben übersät. Zweite Aufgabe: alles mit Industriereiniger säubern.
    Ein kleiner Flur führte zu einem altmodischen Badezimmer, einer Waschküche mit Hintertür und zwei Schlafzimmern. Das erste war größer und in einem blassen Rosa gestrichen. Darin stand ein schmiedeeisernes Doppelbett, dessen Matratze noch in Folie verpackt war. Ein rascher Blick in die Schränke enthüllte blassgrüne Bettwäsche, ebenfalls originalverpackt. Sie hielt inne und holte tief Luft.
    Einmal wären sie fast hergeflogen. Mark hatte sich freigenommen, und Libby hatte die Farben für das Schlafzimmer ausgesucht. Genau diese Farben. Doch eine Woche vor dem Flug hatte sie kalte Füße bekommen. »Gib mir noch sechs Monate«, hatte sie gesagt. »Ich schreibe Juliet und frage nach, was sie davon hält. Es hat viel böses Blut zwischen uns gegeben.«
    »Wieso böses Blut?«
    Doch sie hatte es ihm nie erzählen können. Ihre Bindung war so zerbrechlich: Sie hatte Angst gehabt, ihn zu verlieren, wenn sie ihre Scham und ihre Schuldgefühle eingestand. Aus sechs Monaten wurde ein Jahr. Aus einem Jahr wurden zwei. Sie hatte Juliet nicht geschrieben, und er hatte nicht mehr gefragt: Vielleicht glaubte er, er könne sie allmählich überzeugen. Doch ihnen war die Zeit davongelaufen.
    Das zweite Schlafzimmer war sehr klein; eher ein Hinterzimmer, dessen eine
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