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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)
Autoren: Monica McInerney
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sie warten würden, weil sie auf dem Weg nach Heathrow sei.
    Ich habe gefragt: »Fliegst du wieder nach Australien?«, und sie hat Nein gesagt, sie wäre auf dem Weg nach Washington, um sich mit Aidan zu treffen. Und ich: »Habt ihr euch nicht eben im Hotel gesehen?« Dann hat sie mich so komisch angeschaut, und da habe ich ihr rasch erklärt, dass ich von Charlie nur das Nötigste wusste. Sie hat den Kopf geschüttelt und gesagt, nein, es habe ein Missverständnis gegeben, und darum würde sie nun nach Washington fliegen. Und dann habe ich ihr eine gute Reise gewünscht, und sie hat sich bedankt, aber wir haben uns nicht noch einmal umarmt, und sie hat auch nicht gesagt: »Wir sehen uns, wenn ich wieder da bin.« Ich weiß ja nicht einmal, ob sie überhaupt zurückkommt, doch das ist egal. Sie war heute bei mir. Ich habe mich entschuldigt, und sie hat mich umarmt.
    Sobald das von der Zeit her geht, rufe ich Mum an und erzähle es ihr. Aber ich möchte erst noch ein wenig daran denken. Ich möchte an Felix und Ella denken und daran, dass Ella Aidan sehen wird. Die beiden haben sich so geliebt. Ich hoffe, dass das mit ihnen wieder in Ordnung kommt.
    Ich schreibe später mehr. Wenn ich mit Mum gesprochen habe.
    Für jetzt erst mal alles Liebe,
    Jess xxxxoooo
    PS: Ich habe gerade mit Mum gesprochen. Ich habe ihr von Ella erzählt, und Mum hat geweint, und dann musste ich auch weinen, aber komischerweise ging es uns beiden danach besser. Mum hat mir gesagt, ich solle ins Bett gehen, mir ein tolles Essen aufs Zimmer kommen lassen und mir den lustigsten Film ansehen, den der Hotelkanal zu bieten hat. Und dann hat sie gesagt, wie sehr sie und Dad mich lieben und vermissen, und ich habe ihr gesagt, wie sehr ich sie beide liebe und vermisse. Ich bin ja so froh, dass ich bald nach Hause fahre.

Kapitel 48
    Jess war bloß ein Kind.
    Sie hatte ausgesehen, als wäre sie erst fünfzehn. So jung. So zierlich. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. In meiner Vorstellung hatte ich sie zu etwas Übermächtigem gemacht. Etwas Monströsem. Sie war nichts dergleichen. Sie war bloß ein Kind. Ein verstörtes Kind.
    Ich glaube nicht, dass ich sie je zuvor umarmt hatte. Vielleicht, als sie noch klein war. Aber selbst wenn, ich konnte mich nicht daran erinnern. Aber in dem Moment habe ich nicht gezögert. In der Sekunde, als sie vor mir stand, wollte ich ihr vergeben. Ich habe ihr vergeben. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer, die vier Etagen hoch, war ich nicht sicher, was ich sagen würde, auf was ich hoffte.
    Doch dann stand sie vor mir. Anfangs haben wir kein Wort gesagt. Wir haben uns nur angesehen, und in den fünf oder zehn Sekunden ist mir durch den Kopf gegangen, wie gut sie mit Felix umgegangen ist. Wie oft sie mit ihm gespielt hat. Wie sie vor ihm herumgetanzt und herumgealbert hat. Wie sehr sie ihn geliebt hat. Und als ich sie angesehen habe, ist mir eines ganz deutlich geworden. Es war ein Unglück. Ein schreckliches, tragisches Unglück.
    Dann hat sie, bevor ich irgendetwas sagen konnte, das Wort ergriffen. Mir immer wieder gesagt, wie leid es ihr tut, wie sehr sie ihn geliebt hat, wie unbedingt sie den Lauf der Ereignisse verändern will. Und ich habe ihr aufrichtig geantwortet. Dass ich das wüsste. Und so ist es.
    Ich war nicht lang bei ihr. Was hätten wir noch sagen können? Das war nicht der Ort – und nicht die Zeit. Wir müssen noch öfter miteinander sprechen. Das weiß ich wohl. Ich werde auch von ihr in allen Einzelheiten hören müssen, was ich von Aidan hören musste. Ich muss diesen Nachmittag auch durch ihre Augen sehen. Und ich muss noch oft hören, dass es ihr leidtut. Auch das.
    Ich habe Charlie und Lucas nicht viel erzählt. Es gab ja nicht viel zu erzählen. Ich habe ihnen genau berichtet, wie es war, was ich gesagt habe, was Jess gesagt hat.
    Anfangs war es im Auto ganz still, dann hat Charlie Danke gesagt. Einfach nur: »Danke, Ella.«
    Dann habe ich zu Lucas gesehen. Er hat nur noch einmal »Gutes Mädchen« gesagt.
    Ich habe mich am Flughafen von ihnen verabschiedet. Versprochen, sobald wie möglich anzurufen. Wann immer das sein würde. Mit guten oder schlechten Neuigkeiten.
    Charlie hat mich zum Abschied umarmt und gemeint, er würde von Boston aus anrufen. »Ich liebe dich, Ella.«
    Ich habe ihn ganz fest umarmt und erwidert, dass auch ich ihn liebe.
    »Grüß Aidan von mir.«
    Auch das habe ich ihm versprochen.
    »Und von mir«, hat Lucas gesagt, als wir uns zum Abschied umarmt haben.
    Ich habe ihm
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