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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Gablé
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Hieb den Kopf vom Rumpf und dachte: Siehst du, Bolilut, anders als du kann ich sogar lebende Sachsen enthaupten. Dann traf ihn ein harter Schlag in den Nacken, und die helle Winternacht wurde dunkel.
    Sein Kopf dröhnte, als er zu sich kam, und er wälzte sich stöhnend auf die Seite. Augenblicklich landete ein Tritt in seinem Magen. Tugomir hustete erstickt und blieb mit geschlossenen Augen still liegen. Seine Hände waren gefesselt.
    Die Burg ist gefallen , erkannte er, und mit dem Gedanken kam die Erinnerung. Langsam, fast verstohlen schlug er die Lider auf. Das Erste, was er sah, war sein Bruder. Bolilut lag verräterisch reglos neben ihm auf dem sandigen Boden der Halle. Die hässliche Wunde auf der Wange blutete nicht. Das Gesicht war fahl. Die Hände ungebunden. Er war tot. Der große Bruder, der ihn sein Leben lang drangsaliert hatte, war tot, und Tugomir konnte das Ausmaß seines Schmerzes überhaupt nicht begreifen.
    Er setzte sich auf, legte Bolilut die gefesselten Hände auf den Kopf und sagte: »Die Welt ist dunkler geworden, denn dein Licht am Firmament ist verloschen. Ich klage, denn dein Stern ist verglüht. Möge Veles dich auf sicheren Pfaden in die andere Welt geleiten.«
    Wieder trat jemand nach ihm, und Tugomir drehte ihm im letzten Moment den Rücken zu, sodass der Stiefel ihn in der Nierengegend erwischte.
    Neben Bolilut lag ihr Vater. Ein abgebrochener Pfeilschaft ragte aus seinem Hals, und der Fürst hatte viel Blut verloren, aber er lebte. Jedenfalls noch. Er war bewusstlos, doch seine Lider zuckten dann und wann.
    Tugomir hörte ein Schluchzen und wandte den Blick zur anderen Seite. Dragomira saß mit dem Rücken an die reich verzierte Bretterwand gelehnt. Sie hielt den kleinen Dragomir auf dem Schoß, der das Gesicht an ihrer Schulter vergraben hatte und bitterlich weinte. Dragomiras Augen waren geweitet und voller Schmerz, aber trocken. Eine wahre Fürstentochter, dachte Tugomir stolz, und versuchte, ihr zuzulächeln. Er hatte nicht das Gefühl, dass es besonders gut gelang.
    »Wer noch?«, fragte er leise.
    Dragomira nickte auf ihren Neffen hinab. »Seine Mutter. Schedrag und der junge Visan. Diese Wilden haben sie im Tempel abgeschlachtet. Viele Krieger, aber ich weiß nicht …«
    Sie verstummte, als der Mann, der sie bewachte, Tugomir gegen den schmerzenden Kopf trat und schnauzte: »Wollt ihr wohl endlich das Maul halten!«
    Dann packte er Dragomira am Arm und zerrte sie so rüde hoch, dass ihr Neffe zu Boden fiel. Der Sachse schlug sie mit dem Handrücken ins Gesicht, zog sie mit einem Ruck näher zu sich heran und legte die Hand auf ihre Brust. »Ich weiß schon genau, was ich mit dir mache, wenn ich abgelöst werde, du kleine Schlampe …«
    Dragomira spuckte ihm ins Gesicht. Der Sachse stieß einen unartikulierten Wutschrei aus und ging mit den Fäusten auf sie los. »Na warte, du …«
    »Schluss damit, Udo«, donnerte eine raue, offenbar befehlsgewohnte Stimme.
    Schleunigst ließ Udo von Dragomira ab.
    Tugomir wandte den Kopf. Ein rothaariger Sachse mit Silberbart war hereingekommen und postierte sich breitbeinig vor dem Feuer, als sei dies seine Halle. Nun, in gewisser Weise war sie das ja jetzt auch, musste Tugomir erkennen. Der Mann war von untersetzter Statur und hatte die etwas krummen Beine, die einen lebenslangen Reiter auszeichneten. Ihm folgten zwei junge Männer, der eine groß und blond, der andere kompakter und dunkel, aber beide hatten die gleichen blauen Augen wie der Rotschopf.
    »Thankmar«, sagte der Silberbart zu dem dunkelhaarigen Sohn. »Geh und sieh nach, wo sie ihre Schätze gehortet haben.«
    Mit einem knappen Nicken wandte der Sohn sich ab und ging hinaus.
    »Udo, du holst mir den Judas. Du weißt schon, diesen jämmerlichen Krämer. Er spricht unsere Sprache, also kann er sich hier nützlich machen. Aber zuerst bring mir den Jungen.«
    Udo zerrte Tugomir an Haaren und Oberarm auf die Füße und führte ihn zu seinem Fürsten.
    »Wie ist dein Name?«, fragte der.
    Tugomir sah ihm in die Augen und antwortete nicht.
    Sein Gegenüber tippte sich mit großer Geste an die fassrunde Brust und brüllte: »Ich: König Heinrich!« Dann wies er mit dem Finger auf seinen Gefangenen. »Du?«
    Trotz seiner Verzweiflung und Furcht hatte Tugomir plötzlich Mühe, nicht zu grinsen. Gänzlich unbeabsichtigt tauschte er einen Blick mit Heinrichs jüngerem Sohn und erkannte, dass es dem nicht anders erging.
    Er sah den König wieder an. »Tugomir.«
    Heinrich schaute
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