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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
Autoren: Donald Ray Pollock
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denn so bei Ihnen?«
    »Kann gar nicht genug klagen.«
    »Der Grund für meinen Anruf ist, na ja, vielleicht ist ja nichts dran, aber jemand hat hier gestern Morgen einen Mann erschossen, einen Prediger, und der Bursche, den wir im Verdacht haben, hat früher mal in Ihrer Gegend gewohnt.«
    »Tatsächlich? Wie hat er denn den Mann umgelegt?«
    »Er hat ihm eine Kugel in den Kopf gejagt, während der Mann im Wagen saß. Die Knarre wurde direkt an den Hinterkopf gehalten. Hat ganz schön Dreck gemacht, aber wenigstens musste er nicht leiden.«
    »Womit hat er geschossen?«
    »Mit einer Pistole, wahrscheinlich einer Luger, eines von diesen deutschen Fabrikaten. Der Junge soll so eine besessen haben. Sein Vater hat sie aus dem Krieg mitgebracht.«
    »Neun Millimeter, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und wie hieß er noch mal, sagten Sie?«
    »Ich hab noch gar nichts gesagt, aber er heißt Arvin Russell. Zweiter Vorname ist Eugene. Seine Eltern sind beide bei Ihnen da oben gestorben, soweit ich weiß. Ich glaube, sein Vater hat sich umgebracht. Der Bursche hat die letzten sieben, acht Jahre hier unten in Coal Creek bei seiner Großmutter gelebt.«
    Bodecker runzelte die Stirn und starrte die Zettel und Flugblätter an, die an der Wand hingen. Russell. Russell? Woher kannte er den Namen? »Wie alt ist er?« fragte er Thompson.
    »Arvin ist achtzehn. Hören Sie, er ist kein schlechter Junge. Ich kenne ihn schon lange. Und nach allem, was ich gehört habe, hat der Prediger es womöglich verdient. Sieht so aus, als hätte er mit jungen Mädchen rumgemacht. Aber das macht es wohl nicht besser, nehme ich an.«
    »Ist der Bursche mobil?«
    »Er hat einen blauen 54er Chevy Bel Air.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Ach, normal gebaut, dunkle Haare, sieht ganz gut aus«, sagte Thompson. »Arvin ist still, aber er lässt sich auch nichts gefallen. Und, ach, na ja, vielleicht hat er mit der Sache ja auch gar nichts zu tun, aber ich kann ihn nirgendwo auftreiben, und er ist die einzige heiße Spur, die ich habe.«
    »Schicken Sie uns alle Informationen, die Sie haben, Kennzeichen und so weiter, dann schauen wir uns nach ihm um. Und Sie sagen mir bitte Bescheid, falls er wieder bei Ihnen auftaucht, okay?«
    »Das mache ich.«
    »Noch was«, sagte Bodecker. »Haben Sie ein Foto von ihm?«
    »Noch nicht, nein. Ich bin sicher, dass seine Großmutter ein paar hat, aber die ist gerade nicht in der Lage, mit uns zu kooperieren. Ich besorge eins und schicke Ihnen eine Kopie.«
    Als Bodecker auflegte, fiel ihm alles wieder ein, der Gebetsbaum, die toten Tiere und der Junge, der sich Kuchen ins Gesicht geschmiert hatte. Arvin Eugene Russell. »Ich erinnere mich, Junge.« Er ging an die große Wandkarte der Vereinigten Staaten. Er fand Johnson City und Lewisburg, fuhr mit dem Finger durch West Virginia und überquerte den Ohio River an der Route 35 bei Point Pleasant. Ungefähr an der Stelle, wo Carl und Sandy getötet worden waren, hielt er an. Wenn es dieser Russell gewesen war, mussten sie ihn irgendwo unterwegs aufgegabelt haben. Aber Sandy hatte ihm doch erzählt, sie würden nach Virginia Beach fahren. Bodecker studierte noch einmal die Landkarte. Dass sie in Johnson City übernachtet hatten, ergab überhaupt keinen Sinn. Und davon mal abgesehen, warum zum Henker hatten sie diese Waffen dabei?
    Mit den Schlüsseln, die er vom Schlüsselring genommen hatte, fuhr er zur Wohnung der beiden. Als er die Tür aufschloss, überkam ihn der Gestank von vergammeltem Müll. Er öffnete ein paar Fenster, ging durch die Zimmer, fand aber nichts Ungewöhnliches. Wonach zum Teufel suche ich eigentlich, fragte er sich. Im Wohnzimmer setzte er sich aufs Sofa. Er zog eine der Filmdosen aus der Tasche, die er aus dem Handschuhfach mitgenommen hatte, und ließ sie in der Hand rollen. Nach zehn Minuten wusste er schließlich, was in der Wohnung nicht stimmte. Er ging noch einmal durch die Zimmer, doch er entdeckte tatsächlich nicht ein einziges Foto. Warum hatte Carl keine Fotos an die Wand gehängt oder zumindest herumliegen lassen? Das war doch alles, woran dieses Arschloch gedacht hatte. Wieder suchte Bodecker umher, diesmal gründlich, und fand schon bald die Schuhschachtel, die unter dem Bett hinter ein paar Decken versteckt war.
    Später saß er wie betäubt auf dem Sofa und starrte ein Loch in der Decke an, durch das Regen getropft war. Gipsbrocken lagen darunter auf einer Häkeldecke. Er dachte an einen Tag im Frühling 1960 zurück. Zu dem Zeitpunkt war er
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