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Das Hades Labyrinth (German Edition)

Das Hades Labyrinth (German Edition)

Titel: Das Hades Labyrinth (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
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strahlenden Sonnenschein eines heißen Junitages. Obwohl es erst 10.30 Uhr morgens war, zeigte das Thermometer in seinem Büro Temperaturen von über dreißig Grad an.
    Er öffnete den obersten Knopf seines weißen Hemdes und rollte die Ärmel auf. Seinen nächsten Gesprächstermin hatte er in einer halben Stunde und bis dahin wollte er sich mit dem üblichen Bürokram beschäftigen, den seine Position als Chefarzt an der Psychotherapeutischen Klinik in Waldberg mit sich brachte, aber seine Gedanken schweiften ab, als sein Blick auf einen Patienten fiel, der auf einem weiß lackierten Rohrstuhl in der Sonne saß.
    Daniel Fischer hatte die Augen geschlossen. Dr. Neever wusste, dies war keine Geste, um die warmen Sonnenstrahlen zu genießen. Fischer schloss die Welt aus seinen Gedanken aus, so, wie er es ständig tat, seit er vor sechs Monaten in die stationäre Behandlung eingeliefert worden war.
    Der ehemalige Kriminalbeamte war noch immer ein Rätsel für ihn. Fischer hatte Unglaubliches durchlitten und Erfahrungen gemacht, die jenseits aller Vorstellungskraft lagen, aber er schien nicht, daran zerbrochen zu sein. Dennoch weigerte er sich beharrlich, über das Geschehene zu sprechen.
    Neever kannte natürlich die Polizeiakten, die sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm lasen. Daniel Fischer war vor achtzehn Monaten Hinweisen auf illegale, unterirdische Drogenfelder nachgegangen. Seine Suche hatte ihn und zwei begleitende Beamte tief unter die Erde der mittelalterlichen Stadt Lichtenfels geführt. Dort waren sie auf Plantagen gestoßen, in denen Opium im großen Stil angebaut wurde. Und sie waren auf einen Mann getroffen, der sich Adam nannte und über die Dunkelheit regierte. Adams Helfer hatte die Polizisten überwältigt.
    Neever durchfuhr ein Schauer, als er an den Bericht dachte. In sachlichen Worten war dort beschrieben worden, was nicht beschrieben werden konnte. Die Beamten Rau und Schneider waren gefoltert und gepfählt worden. Für Daniel Fischer hatte sich Adam etwas Besonderes ausgedacht. Er injizierte ihm ein bekanntes Betäubungsmittel, das eine fast hundertprozentige Lähmung des Körpers hervorrief. Dann hatte er Fischer den Ratten überlassen.
    Daniel Fischer hatte überlebt. Zwei Tage lang hatte er sich auf Händen und Knien durch Höhlengänge und alte Tunnel geschleppt. Immer wieder den Angriffen der Ratten ausgesetzt. Als ihn schließlich Kanalarbeiter bei der Routinekontrolle eines Tunnels entdeckten, hielten sie ihn zunächst für tot. Fischers Kleidung war zerfetzt, sein Gesicht und jede freie Stelle seines Körpers mit verkrustetem Blut und Dreck verschmiert. Er sah aus wie eine Leiche, die jemand in der Kanalisation verschwinden lassen wollte. Erst die hinzugerufenen Kriminalbeamten entdeckten, dass Fischer noch lebte und verständigten den Notarzt.
    Fischers Gesundheitszustand war erbärmlich gewesen. Er war vollkommen dehydriert und hatte viel Blut verloren. Bisswunden bedeckten Gesicht und Körper. Er litt an Tollwut und in seinem Körper kämpften gleich mehrere Infektionen und eine starke Blutvergiftung um die Vorherrschaft. Die behandelnden Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma und pumpten seinen Körper mit Antibiotika voll. Fischer überlebte, aber sein rechtes Bein konnten sie nicht retten. In einer vierstündigen Operation wurde es ihm oberhalb des Knies abgenommen.
    Danach begann ein langer Weg der Rekonvaleszenz. Daniel Fischers Gesicht sah durch die unzähligen Nähte aus, wie eine schlecht gearbeitete Patchworkdecke, aber bevor sich die plastischen Chirurgen an die Arbeit machen konnten, mussten die Wunden verheilen.
    Während all der Zeit hatte ein Psychologe Fischer auf seinem Leidensweg begleitet. Neever kannte den Kollegen von mehreren Fachseminaren, auf denen er Vorträge gehalten hatte. Er war ein Spezialist für schwere Traumata und zunächst hatte es den Anschein gehabt, als zeige seine Behandlung Erfolg.
    Fischer hatte das Geschehen den Umständen entsprechend akzeptiert und war bereit, sich einer Psychoanalyse zu stellen, die ihm helfen sollte, seine inzwischen auftretenden Panikanfälle in den Griff zu bekommen. Die dabei verwendete Medikation war außerordentlich schwer gewesen, hatte sich aber als unerlässlich und hilfreich erwiesen. Fischer befand sich auf dem Weg der Besserung. Seine körperlichen Wunden heilten, dann kam der Rückfall.
    Unerwartet brach Daniel Fischer die begonnene Therapie ab und weigerte sich weiterhin, über das Geschehene zu
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