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Das große Yogabuch

Das große Yogabuch

Titel: Das große Yogabuch
Autoren: Anna Trökes
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sein inneres Wachstum und seine Selbsterkenntnis behindert, und zeigte einen für jeden Menschen nachvollziehbaren Übungsweg auf, diesen Schwierigkeiten zu begegnen.
    Da das Yoga-Sutra für den gesamten Yoga bis zum heutigen Tag so wichtig ist, wird es später noch ausführlicher behandelt ( > ).
    Der Einfluss des Tantrismus
    Ab ungefähr 500 n. Chr. erschütterte eine große kulturell und religiös gefärbte Revolution Indien, die unter dem Namen Tantrismus bekannt wurde.
    Ausgehend von den Randgebieten des indischen Subkontinents, vor allem von Assam und Kaschmir – also Gebieten, die die Indoarier nie wirklich kolonialisiert hatten –, zog eine große Frömmigkeitsbewegung über das ganze Land. Sie gewann schnell Einfluss bei allen »offiziellen« Religionen dieser Zeit: dem Hinduismus (hier vor allem bei den Anhängern des Gottes Shiva), dem Buddhismus und dem Jainismus (siehe auch Glossar > ).
    Die Tantriker forderten als Erstes, allen Menschen den Zugang zur Religion zu gewähren. Wurde bis dahin das gesamte religiöse Wissen in der alten geheiligten Sprache Sanskrit bewahrt, die nur bestimmte Menschen lernen durften, so wurden das Ritual und das Wissen nun in die unzähligen regionalen Sprachen Indiens übertragen und damit zum ersten Mal allen zugänglich gemacht.
    Alles, was ist, ist Ausdruck des Göttlichen
    In der Weltsicht der Weisen und Philosophen der vortantrischen Zeit herrschte die Ansicht vor, dass alles, was wir sehen, erfahren und erleben, Illusion (Maya) ist, also ein Trugbild, das sich unser Geist erschaffen hat. Im Tantrismus dagegen wurde die Welt mit allen uns erfahrbaren Erscheinungen als real angesehen. Die Vorstellung, dass die Schöpfung eine Täuschung sei, würde schließlich bedeuten, dass auch Gott eine Täuschung ist. Gott aber war den Tantrikern eine erfahrbare Wirklichkeit. Also wurde und wird von ihnen unterschiedslos alles, was war, was ist und was sein wird, als Ausdruck des Göttlichen verehrt.
    Dadurch änderte sich die Wertschätzung des Körpers ganz entscheidend. Noch im klassischen, vortantrischen Yoga wurde er als Hindernis angesehen, weil er uns mit seinen Bedürfnissen vom Wesentlichen, zum Beispiel der Meditation, abhalten kann oder weil er uns über die Sinne immer wieder aus der Konzentration in die Zerstreuung führt. Der Körper sollte beherrscht und bezwungen werden, damit er dem Geist willig diente. Das Ideal war, dass er völlig in den Hintergrund trat und nicht wahrgenommen wurde. Deshalb kannte man im vortantrischen Yoga zwar Sitzhaltungen und einige Atemübungen, aber sehr wahrscheinlich keine Körperübungen in der Art, wie wir sie heute mit dem Yoga verbinden.

    Das Wort Tantra kommt von der Wurzel tan, was »ausbreiten, vermehren« heißt und »das, was die Erkenntnis ausdehnt«, bezeichnet. Eine andere Wortbedeutung von Tantra ist »Gewebe«. Sie bezieht sich darauf, dass sich alle großen Geistesströmungen dieser Zeit im Tantrismus wie in einem Gewebe miteinander verbanden.
    Hatha-Yoga – der Körper als Ausgangspunkt des Weges
    Der körperbezogene Übungsweg des Hatha-Yoga entwickelte sich ungefähr im 8. Jahrhundert n. Chr. in Nordindien auf der Grundlage des Tantrismus. Er war sehr stark von der Verehrung Shivas geprägt, da seine Begründer, die Nath-Yogins, dieser Richtung des Hinduismus folgten. Sie erklärten, dass der Hatha-Yoga den Menschen vom Gott Shiva geoffenbart worden sei, damit sie einem methodischen Weg folgen könnten, der sie zur Quelle ihres Seins zurückführte.
    Das wichtigste Ziel des Hatha-Yoga war ursprünglich, den Übenden die Begegnung mit Gott zu ermöglichen. Durch das Üben erfahren sie, dass sie von Lebensenergie (Prana) durchströmt sind, dass ihr Körper ein Wunderwerk ist und dass der Atem, der sie »inspiriert«, von Gott kommt und sie mit ihm verbindet. Indem sie das Schwingen und das Pulsieren des Atems und der Lebensenergie in sich wahrnehmen, erfahren sie Gott in sich, denn diese Energie ist der reine, uranfängliche Ausdruck des Göttlichen (Shakti), und die Tatsache, dass man sie überhaupt wahrnehmen kann, ist Ausdruck des reinen Bewusstseins (Shiva).
    Die Meister des Hatha-Yoga entwickelten in den folgenden Jahrhunderten einen komplexen Übungsweg mit Körperhaltungen (Asana), Reinigungsübungen (Kriya), Atemtechniken (Pranayama), Konzentrationen (Dharana), Visualisationen (mittels Bhavana, Yantra und Mandala) und Übungen, die den Klang (Nada) mit einbeziehen. Dieses Konzept berücksichtigt in genialer
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