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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel
Autoren: Jack Higgins
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auf der Brücke.«
    Craig Osbourne richtete sich erschöpft auf, löste mit unsi­
    cheren Händen die Riemen der Schwimmweste, zog sie aus,
taumelte zu der schmalen Leiter und stieg hinauf. Dann trat er ins
Ruderhaus, wo er einen Unteroffizier am Ruder sah, nach den
Rangabzeichen ein Obersteuermann. Der Mann auf dem Drehstuhl an dem
kleinen Kartentisch hatte eine zerknitterte Mütze der Kriegsmarine
auf. Sie war oben weiß, was gewöhn­ lich
U-Boot-Kommandanten vorbehalten war, aber viele
Schnellbootkapitäne, die sich als Elite der Kriegsmarine be­
trachteten, trugen ebenfalls solche Mützen. Er trug einen alten
weißen Rollkragenpullover unter einer kurzen Seemannsjacke und
machte ein ausdrucksloses Gesicht, als er sich umdrehte und Osbourne
ansah.
    »Major Osbourne«, sagte er in perfektem
Englisch mit ame­ rikanischem Akzent. »Ich freue mich, Sie an
Bord zu haben. Wenn Sie mich kurz entschuldigen würden, wir
müssen hier raus.«
    Er wandte sich zu dem Steuermann und sagte auf
deutsch: »So, Langsdorff. Lassen Sie die Schalldämpfer
drauf, bis wir fünf Meilen weit draußen sind. Kurs
zwei-eins-null. Ge­ schwindigkeit fünfundzwanzig Knoten, bis
ich etwas anderes sage.«
    »Hare«, sagte Craig Osbourne. »Professor Martin Hare.«
    Hare nahm eine Zigarette aus einer Dose Benson &
Hedges und bot ihm zu rauchen an. »Sie kennen mich?«
    Osbourne zog mit zitternden Fingern eine
Zigarette heraus. »Ich habe nach We als Journalist gearbeitet,
unter anderem für Life. Paris, Berlin. Ich bin ziemlich lange dort gewesen. Mein Vater war beim State Department. Diplomat.«
    »Aber wo haben wir uns kennengelernt?«
    »Ich fuhr in den Ferien nach Haus, nach Boston.
April neun­ unddreißig. Ein Freund erzählte mir von
einer Vorlesungsreihe, die Sie in Harvard hielten. Das Thema war neuere
deutsche Literatur, aber Sie zogen es sehr politisch auf, sehr
anti-Nazi. Ich habe mir vier Vorlesungen angehört.«
    »Waren Sie dabei, als sie die Krawalle veranstalteten?«
    »Als der Amerikanische Bund die Vorlesung
sprengen woll­ te? O ja. Ich hab’ mir an dem Kiefer von einem der
Kerle einen Knöchel gebrochen. Sie haben es Ihnen gezeigt.«
Osbourne erschauerte vor Kälte, als die Tür geöffnet
wurde und der Cockney-Matrose hereinkam.
    »Was gibt’s, Schmidt?« fragte Hare auf deutsch.
    Schmidt hatte eine Wolldecke bei sich. »Ich
dachte nur, der Major könnte vielleicht das hier brauchen. Ich
möchte den Herrn Kapitän auch darauf hinweisen, daß er
am linken Arm verwundet ist und versorgt werden muß.«
    »Dann tun Sie Ihre Arbeit, Schmidt«, sagte Martin Hare. »So schnell wie möglich.«

    Osbourne saß an dem winzigen Tisch in der
Kajüte und sah zu, wie Schmidt die Wunde geschickt verband.
»Ein bißchen Morphium, Sir, damit Sie es etwas leichter
haben.« Er nahm eine Injektionsspritze aus seiner
Erste-Hilfe-Tasche und ramm­ te sie in Osbournes Arm.
    Craig sagte: »Wer sind Sie? Doch sicher kein
Deutscher?« »Nein, aber meine Eltern waren Deutsche. Juden,
die dachten, London wäre vielleicht gastfreundlicher als Berlin.
Ich bin in Whitechapel geboren.«
    Martin Hare sagte auf deutsch von der Tür her: »Schmidt, Sie reden eine Menge.«
    Schmidt sprang auf und nahm Haltung an. »Jawohl, Herr Kapitän.«
    »Los, lassen Sie uns allein.«
    »Zu Befehl, Herr Kapitän.«
    Schmidt grinste breit und ging mit seiner Tasche
hinaus. Ha­ re zündete sich eine Zigarette an. »Dies ist
eine gemischte Crew, Amerikaner, Briten, ein paar Juden, aber alle
sprechen fließend deutsch und haben nur eine Identität, wenn
sie auf diesem Schiff dienen.«
    »Unser deutsches Schnellboot«, sagte
Osbourne. »Ich bin beeindruckt. Das bestgehütete Geheimnis,
von dem ich seit einer ganzen Weile vernommen habe.«
    »Ich sollte Ihnen sagen, daß wir dieses
Spiel sehr konsequent spielen. Wir sprechen normalerweise nur deutsch
und tragen nur Uniform der Kriegsmarine, sogar auf dem Stützpunkt.
Es geht darum, die Rolle zu unserer zweiten Natur zu machen.
Natürlich verstoßen die Jungs manchmal gegen die
Sprachvor­ schrift. Schmidt ist so ein Beispiel.«
    »Wo ist der Stützpunkt?«
    »In einem kleinen Fischerdorf in Cornwall. Es heißt Cold Harbour und liegt bei Lizard Point.«
    »Wie weit?«
    »Von hier? Gut hundertfünfzig Kilometer.
Wir müßten mor­ gen früh dort sein. Wir lassen uns
auf dem Rückweg Zeit. Un­ sere Leute informieren uns jede
Nacht über die Routen der bri­ tischen Torpedoboote. Wir gehen
ihnen lieber aus dem Weg.«
    »Kann
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