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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen
Autoren: Rolf Krohn
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Er war eben keiner der Altadligen, deren Söhne selbstverständlich auch Senatoren wurden. Doch wenn man die scipionische Partei bestach - vielleicht...

II
In Tarraco
    „Es freut mich, den Sohn meines alten Geschäftsfreundes zu begrüßen. Wir alle sehnen uns danach, diese Ödnis hier gegen Rom vertauschen zu dürfen - und du verläßt die Ewige Stadt!" Der Gastgeber deutete auf einen Sessel und ließ Wein und Gebäck bringen.
    Das Zimmer war fast so vornehm eingerichtet wie ein Gemach der väterlichen Villa in der Heimat. Auch Sibalus, der Hausherr, wirkte wie ein Römer, wenngleich sein Name bewies, daß seine Eltern Iberer waren. Er sprach ein fließendes Latein mit leichtem Akzent. Selbst äußerlich glich der Kaufmann weit eher einem Angehörigen der siegenden Eroberer als einem Barbaren. Jene waren im Allgemeinen schwarzhaarig und untersetzt, er indes war hochgewachsen und hatte fast weißblondes Haar.
    Lächelnd ertrug der Hausherr den prüfenden Blick seines Besuchers.
    „Mein Vater möchte Land kaufen", sagte Publius. „Ein Gut ist zu gründen - nicht hier, sondern außerhalb der Stadt."
    Sibalus wiegte den Kopf. „Junger Freund - du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich so nenne? —, das ist gefährlich. Man soll zwar darüber schweigen, aber die Provinz ist nicht so befriedet, wie Rom offenbar glaubt. Stets siegen die ehrenwerten Konsuln, trotzdem streifen die Barbaren umher und tun, was sie wollen."
    „Aber der Jalus gehört doch uns."
    „Ich wünschte, es wäre an dem", erwiderte der Kaufmann. „Wie dir dein Vater wahrscheinlich berichtet hat, betreibt auch mein Haus das Sklavengeschäft. Trübe Erfahrungen lehrten mich, den Siegesberichten des hiesigen Statthalters zu mißtrauen. Jeder dritte meiner Transporte zu den Erzgruben im Süden des Landes wird überfallen. Soll ich das ‚befriedetes Gebiet' nennen? Ohne gewisse Methoden wäre ich längst ruiniert..."
    „Begleitschutz, ich verstehe!" Publius schmunzelte und gab sich den Anschein eines erfahrenen Händlers. „Man zahlt den Offizieren eine Prämie, falls alles gut geht..."
    Sibalus lächelte. Mußte er dem anderen sagen, daß das der falscheste Weg war? Keinesfalls. Mochte der junge Lentulus Erfahrungen sammeln. Das Vermögen seines Vaters vertrug manchen Aderlaß. Daher erwiderte er diplomatisch: „Ich sehe mich keinem Neuling gegenüber. Doch wo möchtest du dich ankaufen? Die Bodenpreise sind nicht überall gleich - auch wegen drohender Überfälle."
    „Noch habe ich mir keine abschließende Meinung gebildet", sagte Publius vorsichtig. Er wollte seine Unkenntnis nicht zugeben.
    „Recht so. Nichts übereilen. Aber greift doch zu, teurer Gast! Hier ist der Wein besonders gut. Ich kann ihn dir wärmstens empfehlen.
    Große Mengen verschiffen wir nach Rom. Und ohne die Frachtkosten ist er viel billiger."
    Genießerisch ließ der Aufgeforderte einen kleinen Schluck auf der Zunge zergehen. Seit den Scipionischen Kriegen vor einem Menschenalter war iberischer Wein unter Roms Vornehmen beliebt.
    Während des Trunks musterte Publius abermals den Raum und den Gastgeber. Allmählich überwand er seine Abneigung. Natürlich wunderte sich ein gebürtiger Römer immer, wenn er einen Nichtrömer traf, der reich und nicht machtlos war. Aber obwohl von barbarischer Herkunft, besaß Sibalus vielleicht sogar das Bürgerrecht? Ein kluger Mensch, kein primitiver, prunksüchtiger Geldverleiher. Ihn kennengelernt zu haben lohnte sich. Nicht ausgeschlossen, daß man mit ihm über Kunst reden könnte.
    „Dein Wein ist hervorragend. Zweifellos verkaufst du ihn mit hundert Prozent Aufschlag. Stimmt's?" fragte Publius.
    Leise lachte der Kaufmann. Er traute dem jungen Lentulus nicht allzuviel Scharfsinn zu. Immerhin mußte er sich in acht nehmen, sei es vor diesem Burschen. „Selbstverständlich kannst du bei mir wohnen, bis du dich für ein eigenes Haus entschieden hast", sagte er dann. „Schändlich wäre es, wenn ich den Sohn eines alten Geschäftsfreundes im Stich ließe."
    „Danke, aber ich möchte dir nicht zur Last fallen. Mein Sekretär Ammius ist unterwegs und wird etwas Geeignetes finden. Er handelt die Miete aus und kümmert sich auch gleich um die Einrichtung."
    „Oh! Diese Aufgabe solltest du keinem Diener übertragen. Schwerlich vermag er deinen Geschmack zu treffen."
    Ich muß! dachte Publius bitter. Er verwaltet das Geld, nicht ich. Laut sagte er: „Seine Sachkenntnis steht außer Zweifel. Übrigens ist er ein Vertrauter meines
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