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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen
Autoren: Aimée Carter
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gekommen bin.“ Mittlerweile umklammerte ich meinen Schlüsselbund so fest, dass mir das Metall in die Haut schnitt. Der Schmerz war eine willkommene Ablenkung, aber er reichte nicht aus, um das Gefühl, als würde mir jemand die Luft abdrücken, zu vertreiben. „Sie hält schon ziemlich lange durch.“
    „Und jetzt ist sie bereit.“
    Wie betäubt nickte ich. Mir zitterten die Hände.
    „Und du?“
    Die Luft um uns herum schien für September ungewöhnlich schwer zu sein. Als ich den Blick wieder auf James richtete – wäh-rend ich mir den Kopf zerbrach, um eine Antwort zu finden, die ihn zum Gehen bewegen würde, bevor ich in Tränen ausbrach –, fiel mir auf, dass schon fast alle anderen Autos weg waren.
    James griff um mich herum und öffnete die Tür. „Bist du so weit in Ordnung, dass du nach Hause fahren kannst?“
    War ich das? „Ja.“
    Er wartete, während ich einstieg, und schloss dann sanft die Tür. Während ich den Motor startete, kurbelte ich die Scheibe herunter. „Soll ich dich mitnehmen?“
    Er lächelte und neigte leicht den Kopf zur Seite, so als hätte ich etwas Bemerkenswertes gesagt. „Seit Beginn der Highschool bin ich jeden einzelnen Tag nach Hause gelaufen. Durch Regen, Schnee, Hagel, was auch immer. Du bist die Erste, die mir anbietet, mich nach Hause zu fahren.“
    Ich wurde rot. „Ist doch kein Ding. Das Angebot steht, wenn du willst.“
    Einen Moment lang starrte James mich an, als versuche er, irgendeine Entscheidung über mich zu treffen. „Nein, kein Problem. Ich laufe. Aber danke.“
    Ich war nicht sicher, ob ich erleichtert sein oder mich schuldig fühlen sollte, weil ich erleichtert sein wollte . „Dann bis morgen!“
    Er nickte, und ich legte den Rückwärtsgang ein. Gerade wollte ich den Fuß von der Bremse nehmen, da stand James wieder neben dem Fenster.
    „Hey, Kate? Vielleicht hält sie noch ein bisschen länger durch.“
    Ich erwiderte nichts. Denn ich war nicht sicher, ob ich mich dann noch hätte zusammenreißen können. Als ich zurücksetzte, blickte James mir nach. Während ich auf die Straße bog, sah ich ihn im Augenwinkel über den Parkplatz gehen. Er trug wieder seine monströsen Kopfhörer.
    Auf halbem Weg nach Hause musste ich rechts ranfahren und mich ausweinen.
    Mom verbrachte die Hälfte der Nacht würgend über einem Eimer und ich damit, ihr die Haare zurückzuhalten. Als der Morgen kam und Schwester Sofia erschien, hatte meine Mutter gerade noch genug Kraft, um bei der Schule anzurufen und mich vom Unterricht abzumelden. Dann verschliefen wir beide erschöpft den Tag.
    Kurz nach vier, nach einer weiteren Runde grauenhafter Albträume, wachte ich mit hämmerndem Herzen und zitternd wieder auf. Ich konnte immer noch spüren, wie das Wasser meine Lungen füllte, während ich verzweifelt darum kämpfte, Atem zu holen. Noch immer konnte ich die dunklen Schlieren aus Blut sehen, die mich umgaben, während die Strömung mich nach unten zog und ich immer tiefer sank, je stärker ich kämpfte. Ich brauchte mehrere Minuten, um mich einigermaßen zu beruhigen. Als mein Atem wieder halbwegs regelmäßig ging, tupfte ich mir etwas Concealer unter die Augen, um die dunklen Ringe zu verbergen. Dass meine Mutter sich auch noch um mich Sorgen machte, war das Allerletzte, was ich wollte.
    Als ich ging, um nach ihr zu sehen, begegnete ich Sofia, die auf einem Stuhl vor der Schlafzimmertür meiner Mom saß. Sie summte leise vor sich hin und strickte an etwas Braunrotem, das vielleicht mal ein Pullover werden sollte. So fröhlich, wie sie aussah, wäre niemand auf die Idee gekommen, dass auf der anderen Seite der Tür meine Mutter im Sterben lag.
    „Ist sie wach?“, fragte ich, und Sofia schüttelte den Kopf. „Haben Sie ihr das Schmerzmittel an den Tropf angeschlossen?“
    „Natürlich, Liebes“, antwortete sie freundlich, und ich ließ die angespannten Schultern sinken. „Gehst du zu der Party heute Abend?“
    „Woher wissen Sie davon?“
    „Deine Mutter hat es mir erzählt“, antwortete sie. „Ist das dein Outfit für nachher?“
    Ich blickte auf meinen Schlafanzug. „Ich geh nicht hin.“ Das wäre eine Stunde mit meiner Mutter, die ich für immer verloren hätte, und viele blieben uns nicht mehr.
    Sofia schnalzte missbilligend mit der Zunge, woraufhin ich ihr einen rebellischen Blick zuwarf. „Würden Sie nicht dasselbe tun, wenn es Ihre Mutter wäre? Ich will den Abend lieber mit ihr verbringen.“
    „Aber ist das auch das, was sie sich für dich
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