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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend
Autoren: Andrew Harman
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zurück.
    »Gut, gut. Offenbar müßt ihr über die Wunderwäsche noch etwas nachdenken. Wißt ihr was? Den ersten zehn Bewerbern, die sich melden, kann ich eine kostenlose Probezeit gewähren. – Nein, nein. Jetzt kommt nicht gleich alle auf einmal angelaufen, ich … ich …«
    Hausyrrer zuckte zusammen. Dann wurde ihm klar, daß hier mehr als nur seine Gewinnspanne auf dem Spiel stand.
    Mit aufgeschrecktem Kreischen drehte Zorn sich auf dem Absatz um und rannte auf die Kaktushecken zu. Vom Geschrei der Menge abgelenkt, bemerkte er die Stacheln kaum, als er sich einen Weg zur anderen Seite bahnte.
    Hausyrrer stand einen Augenblick lang wie angewurzelt, als er die aufgebrachte Menge wie eine Flutwelle der Entrüstung unaufhaltsam auf sich zukommen sah. Dann war er Zorn auch schon auf den Fersen, lief auf die Öffnung in der Hecke zu, rannte um sein Leben und um die Gelegenheit, sieben Spielarten der Wiedergutmachung aus Zorn herauszuprügeln. Er sollte doch der Beste sein!
    Staubexplosionen brachen unter Zorns und Hausyrrers Füßen hervor, als sie die Hellsichtgasse hinunterstolperten und auf einem Bein um die Ecke schlitterten. Die tobende Menge strömte durch die Öffnung in der Kaktushecke und trieb die beiden wie zwei panikerfüllte Wellenreiter auf einer brüllenden Woge vor sich her.
    Eine verschwommene Straße nach der anderen flog unter ihren Füßen vorbei, mal hier lang, mal da, als sie zum Stadtrand rasten. Sie bogen um eine letzte Ecke, dann sahen sie den Sandsteinturm des Stadttors vor sich. Die massiven, verstärkten Palmholztore standen weit offen. Mit vom strömenden Schweiß verschwommener Sicht stürmten Zorn und Hausyrrer voran. Sie hatten keine andere Wahl – dafür sorgte schon der aufgebrachte Pöbel hinter ihnen.
    Mit wehender Soutane und wirbelnder Tunika eilten sie durch den gedrungenen Wachtturm, wobei beide nur mit einer Frage beschäftigt waren: Wie weit würden die Axoloten ihnen noch folgen?
    Die immer noch kreischende Menschenmenge zog auf dem Weg zum Wachtturm eine Staubwolke hinter sich her. Alle Blicke waren auf das fliehende Paar gerichtet.
    Plötzlich steuerten zwei Männer einen Pferdekarren aus einer Seitenstraße heraus und hielten genau vor dem vollständig blockierten Stadttor an. Der Kutscher sicherte die Zügel, sprang ab, winkte und läutete eine Glocke. Der Pöbel erkannte die unverwechselbare weiße Pickelhaube und die weiße Uniform sofort. Es handelte sich um Mitarbeiter des Unfall- und Notlagen-Vorhersehdienstes.
    Der Pöbel bremste verzweifelt, verlor an Schwung und kam plötzlich zum Stillstand.
    »Tut mir leid, daß wir euch den, äh … Spaß verderben«, sagte der Uniformierte, »aber ihr hättet alle einen sehr schlimmen Unfall gehabt, wenn ihr weitergemacht hättet.«
    Jeder hatte vom Unfall- und Notlagen-Vorhersehdienst gehört. Sein Talent, stets da zu sein, um eine Matratze unter einen abstürzenden Fensterputzer zu legen oder die Handbremse eines in Kürze durchgehenden Fuhrwerks an einer besonders steilen Straße zu reparieren, war legendär. Aber nur wenige hatten ihn unmittelbar zu Gesicht bekommen. Fast das einzige, was man kannte, war das Motto des Dienstes: ›Vorhersehen ist besser als heilen!‹
    Die Menge schob sich unruhig hin und her, als das Maschinengewehr Gottes über eine schmale Holzbrücke entkam.
    »Tut mir leid«, sagte der Vorherseher. »Hätte ich euch über die Brücke stampfen lassen, wärt ihr am Boden der Schlucht auf einem fiesen Haufen gelandet. Das Holz ist nämlich verrottet. Der Stützbalken hätte euch nie alle getragen.«
    Der Mann in der Toga, noch immer voller Kaktusstacheln, trat ärgerlich vor. »Nur mich«, knurrte er. »Laßt nur mich durch, dann werd ich’s diesem Betrüger mal so richtig …«
    »Tut mir leid, Kumpel. Ist nicht drin. Zu gefährlich.«
    »Wie bitte?«
    »Fingerknöchel. Bis Sie fertig sind, wären sie in einem üblen Zustand. Ganz zu schweigen von dem verstauchten Fuß, den Sie bekämen, wenn er Sie schubsen würde. O nein. Ich kann Sie nicht durchlassen. Es könnte mich meine Stellung kosten. Lösen Sie die Versammlung jetzt bitte auf. Wir müssen noch eine kleine Prinzessin davor bewahren, sich an einem Spinnrad in den Finger zu stechen.«
    Die Menge keuchte.
    »Und wenn Sie nicht rechtzeitig bei ihr sind?« knurrte der Mann in der Toga, wobei die Kaktusstacheln im Einklang mit seiner gesteigerten Enttäuschung vibrierten. »Schläft sie dann für hundert Jahre, bis ein schöner Prinz sie
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