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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend
Autoren: Andrew Harman
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Aussicht auf einen Platz an der Hohen Tafel hat. Da drüben sitzt er: Lyblich …« Mit übelkeitserregendem Grinsen in Syffels Richtung sprang Lyblich auf und reckte freudig die Faust in die Luft.
    »… und an Tisch sieben, noch ein neues Gesicht, jemand, der diesen Monat ebenfalls beeindruckende Fortschritte gemacht hat. Steh auf, Syffel!«
    Lyblich verlor sein selbstgefälliges Grinsen, als der kommandierende Gott des Bieres sich auf die Beine quälte und ihm eine lange Nase drehte. Offenbar hatte der seit drei Wochen fast ohne Unterlaß anhaltende Regen und die Enttäuschung über das schlechte Abschneiden bei Kruff die Leute viel Zeit in den Kneipen verbringen lassen – und sie gründlich in die Freuden des Bierkonsums eingeführt. Vor Aufregung fuhr ein Adrenalinstoß durch Syffels Körper, als ihm klar wurde, daß dies seine große Chance war. Er wußte zwar, daß er in diesem Monat eine ordentliche Bekehrungsrate hatte, aber insgeheim hatte er nicht ernsthaft mit einem so guten Abschneiden gerechnet. Doch jetzt sah es fast nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und Lyblich aus.
    Er zermarterte sich das Hirn und versuchte sich zu erinnern, wofür Asprina zuständig war. Wie gefährlich konnte ihm die unbekannte Außenseiterin werden?
    »Also«, fuhr Happa fort, wobei er an einer weiteren Scheibe Knoblauchmanna knabberte, »wer von diesen drei würdigen Kandidaten wird vortreten und seinen verdienten Platz in unserer Runde einnehmen, um im kommenden Monat bewirtet und bis zum Äußersten verwöhnt zu werden?« Er deutete auf die freien Plätze und sehnte sich nach einem dramatischen Trommelwirbel.
    In Manna Ambrosias Restaurant war es grabesstill.
    »Der erste erfolgreiche Kandidat, mit 15.608 Seelen, die er durch Wein und Weingeister auf den Weg der Erleuchtung gebracht, ist, jawohl, Lyblich. Komm herauf!«
    Die anderen applaudierten mißgünstig, als sie dem Erzgötzen des Weins und dessen Geistern zusahen, der voller Hochmut auf die Hohe Tafel zuschritt und schon gebieterisch auf sie herabblickte. Er nahm eine Serviette und machte es sich strahlend an der Tafel bequem.
    »Bist manchmal etwas übereifrig, Lyblich«, sagte Happa tadelnd. »Ich war gezwungen, mehrere hundert Bekehrte nicht anzuerkennen, weil sie minderjährig waren. Trotzdem ein sehr ehrbares Ergebnis. – Und somit«, er machte eine theatralische Sprechpause, »bleiben zwei Kandidaten für einen Platz. Wer wird es sein?«
    Syffel litt unter einem unangenehm trockenen Mund.
    »Wer wird sich uns anschließen?«
    »Mach schon«, brummte eine Stimme aus dem hinteren Bereich des Restaurants. »Ich will noch ’n bißchen Pudding!«
    Happa rollte mit den Augen, nestelte an dem Briefumschlag in seiner Hand und zog ein weiteres Blatt heraus. »Bevor ich den anderen erfolgreichen Kandidaten bekanntgebe, hier erst der Verlierer. Mit 15.605 Seelen in diesem Monat: Syffel, der kommandierende Gott des Bieres. Womit als Siegerin …«
    Syffel hörte den Rest der Rede nicht. In seinem Kopf tosten Wellen der Enttäuschung. Drei Seelen, er hatte wegen drei Seelen gegen Lyblich verloren! Es war ja so ungerecht. Einen ganzen Monat lang würde er mit seinem selbstgefälligen Grinsen leben müssen, da er sich in dem Erfolg sonnte, an die Tafel gelangt zu sein. Diese Schande wurde er nie wieder los. Plötzlich sah die Ewigkeit für ihn sehr, sehr lang aus.
    Er ließ sich jämmerlich auf seinen Stuhl zurückfallen und starrte in den dunklen See seines Bieres.
    Und dann wurde es ihm schlagartig klar. Plötzlich wußte er, warum ihm der Name Asprina so bekannt vorgekommen war. Nun war offensichtlich, warum sie den geheiligten Stuhl erreicht hatte. Da er und Lyblich so viele Schäfchen in die Freuden des Saufens eingeführt hatten, war es fast unvermeidlich, daß Asprinas Zuständigkeitsbereich großen Zulauf gefunden hatte.
    Asprina, die Chefgötzin des Katerfrühstücks und der Kopfschmerztabletten, humpelte nach vorn, den Kopf in beiden Händen haltend, und nahm unter lärmend apathischem Applaus ihren Platz an der Hohen Tafel ein.
    In diesem Augenblick schwor Syffel sich, daß er im nächsten Monat aufsteigen würde. Er mußte irgendwie einen Weg finden, Lyblich zu stürzen. Er brauchte nur eine Meute durstiger Seelen, die sich verzweifelt nach dem durststillenden Erlebnis zu Kopf steigenden Bieres sehnten.
    Er starrte finster in seinen Humpen und fing an zu planen.
     
    Mietprediger Gottfried Zorn saß mutterseelenallein auf der Axolotl abgewandten Seite
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