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Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Titel: Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)
Autoren: F.E. Higgins
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nichts von sich preis und das erregte sofort Hectors Misstrauen. Es war nicht normal, dass jemand hierherkam, ohne seinen Reichtum zeigen zu wollen.
    Das Dienstmädchen klopfte an die Tür des Arbeitszimmers.
    »Mr Truepin möchte Euch sprechen«, rief sie.
    Die Tür wurde geöffnet und der schemenhafte Mann trat ein. Hector wartete, bis das Dienstmädchen verschwunden war, dann schlich er die Treppe hinunter. Er kniete sich vor die Tür, schob das Abdeckplättchen mit dem Familienwappen beiseite und linste durch das Schlüsselloch. Als er ein wenig schnupperte, nahm er einen schwachen Zitrusduft wahr. Er hat sich einparfümiert, dachte Hector, aber auch diese Feststellung brachte ihn nicht viel weiter.
    Er konnte den breiten, mit Leder abgedeckten Schreibtisch seines Vaters und den Stuhl sehen, doch der Rest des Zimmers lag außerhalb seines Blickfelds. Truepin stand links neben dem Schreibtisch. Den Hut hatte er abgenommen und so konnte Hector sein Profil betrachten. Er sah die schmale, leicht gebogene Nase und das vorspringende Kinn und stellte zu seiner Verblüffung fest, dass der Mann eine Augenklappe über dem linken Auge trug.
    »Was für ein Zufall«, murmelte er. Denn dieser Mann war eindeutig derselbe, der ihn auf der Brücke so wütend angefunkelt hatte. Besser gekleidet, ja, und der Bart ordentlich gestutzt, aber die Nase erkannte er wieder. Wie verliert ein Mann sein Auge?, grübelte er. In der Schlacht? In einem Duell um ein hübsches Mädchen? Der wirkliche Grund war viel weniger edel, aber das konnte Hector nicht wissen.
    Er musterte seinen Vater hinter dem Tisch, der nervös an seinen Kragenaufschlägen zupfte. In der Hand hatte er ein Blatt Papier.
    »Ihr seid also Gulliver Truepin?«, sagte Augustus kalt.
    »Ich sehe, Ihr habt meinen Brief erhalten«, antwortete der Besucher.
    Augustus’ Gesicht verdüsterte sich. »Ja«, sagte er, »und ein solches Schurkenstück habe ich noch nie gelesen. Ich hätte gute Lust, auf der Stelle den Friedensrichter zu rufen – er ist nämlich mein Freund – und Euch in Ketten legen zu lassen. Erpressung ist das gemeinste Verbrechen.«
    Truepin machte ein verblüfftes Gesicht. »Erpressung?«, wiederholte er. »Ihr erstaunt mich, Mr Fuselby …«
    »Mein Name ist Fitzbaudly«, korrigierte Hectors Vater durch zusammengebissene Zähne.
    »Wie Ihr wünscht«, sagte Truepin mit dünnem Lächeln. »Mag sein, dass der eine oder andere es Erpressung nennen würde, ich spreche allerdings lieber von einer Abmachung auf geschäftlicher Basis. Letztendlich ist es doch die Wahrheit, oder nicht?«
    »Ich verhandle nicht mit Halunken«, fauchte Augustus.
    »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Geschichte dem Nordstadt-Journal vorzulegen«, erwiderte Truepin kühl. »Sie werden gut dafür zahlen, das kann ich Euch versichern. Ich denke, sie fänden es höchst interessant zu erfahren, dass Ihr, Augustus, der führende Weinhändler der Nordstadt, der Mann, der diesseits des Flusses jeden Tisch, jedes Restaurant mit erlesenen Weinen beliefert, dass also ausgerechnet Ihr nichts Besseres seid als einer, der in der Südstadt billigen Fusel verhökert!«
    Schockiert sah Hector, wie bei Truepins furchtbarer Anschuldigung das Gesicht des Vaters dunkelrot anlief. Wovon sprach dieser Mann? Papa ein Ginhändler? Das konnte nicht sein! Augustus sah jetzt aus, als bekäme er gleich einen Schlaganfall.
    Truepin fuhr fort. »Ich weiß mit Sicherheit, Mr Fuselby , dass Ihr durch den Verkauf von Gin an die breite Masse der Südstadt reich geworden seid, dass Ihr die Abhängigkeit der Leute gefördert und von ihrem Elend profitiert habt. Ihr besitzt mehr Ginleitungen als jeder andere Händler.«
    »Woher wisst Ihr das?«, platzte Augustus heraus.
    »Ich habe Beweise«, erwiderte Truepin. »Und ich kenne etliche, die meine Behauptung untermauern können. Was seid Ihr für ein Mensch, wenn Ihr Euch an solchen Geschäften bereichert?«
    »Und was seid Ihr für ein Mensch?«, rief Augustus. »Einer, der durch Drohungen und Anschuldigungen profitieren will? Und diese Leute, diese Zeugen meines Vergehens, wo sind sie? Alle von Euch bezahlt, nehme ich an. Mag sein, dass mein früher Reichtum auf diese Art und Weise zustande kam. Ich will nicht abstreiten, dass ich in der Vergangenheit Gin verkauft habe, aber damals war ich jung, ich habe einen Fehler gemacht. Und ich habe versucht, ihn wiedergutzumachen.«
    »Ach ja«, höhnte Truepin. »Eure Spenden an Waisenhäuser und Suppenküchen.
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