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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Soldaten, mit denen die Bevölkerung Kontakt hat.«
    Sie setzten sich an den Tisch und warteten nur noch, bis Karl und Willi mit dem Gepäck vom Bahnhof zurückkamen. Dann wurde gespeist. Ernas Kochkünste ernteten das volle Lob des Gastes. Trotzdem gelang es Johnny nicht, eine leise Spur von Enttäuschung zu unterdrücken. Irgend etwas schien doch nicht so ganz nach seinem Geschmack zu sein. Mit dem feinen Empfindungsvermögen einer Frau spürte Erna das. Waren ihm die Preiselbeeren zu herb? Die Fülle zu schlicht? Die Maiskörner nicht weich genug? Die Kartoffeln –
    Ja, die Kartoffeln, sagte sich Erna, die müssen's sein! Er hätte gerne süße gehabt, amerikanische. Aber die gibt's hier nicht.
    Johnny Miller schien sich jedoch gerade an den schlichten deutschen Salzkartoffeln nicht sattessen zu können. Ihnen sprach er am meisten zu.
    Nein, erkannte Erna, es muß doch der Mais sein. Oder die Fülle – wenn nicht das Preiselbeerkompott.
    Nach dem Essen blieben die Männer allein am Tisch sitzen, da sich die Söhne empfahlen, um Freunde zu treffen, und Erna sich in der Küche um den Abwasch kümmerte. Bald erhoben sich auch Paul und Johnny und gingen hinüber ins Herrenzimmer, wo Paul sich eine Zigarette und Johnny eine seiner dicken Zigarren ansteckte. Nachdem jeder mit ein paar ersten Zügen seiner Leidenschaft gefrönt hatte, sagte Paul: »Weißt du, was mich sehr überrascht hat von dir?«
    »Was?«
    »Dein Interesse an unserem Fußball. In Amerika kennt man doch diesen Sport nicht?«
    »Nein, leider nicht. In letzter Zeit laufen allerdings Versuche, ihn auch bei uns heimisch zu machen, aber ob man damit Erfolg haben wird, bezweifle ich. Die Brasilianer haben uns zwar ihren Pelé geschickt –«
    »Und wir euch unseren Beckenbauer«, fiel Paul ein.
    »– und noch einige andere«, ergänzte Johnny nickend. »Aber die wollen doch alle nur noch einmal absahnen am Ende ihrer Laufbahn. Das weiß das Publikum in den Staaten und reagiert darauf zurückhaltend. Die Leute wollen Höchstleistungen sehen für ihr Geld, gerade bei uns in Amerika, wo im Sport dauernd die Weltrekorde purzeln: Deshalb glaube ich nicht, daß der europäische oder südamerikanische Fußball auf die Dauer in den USA richtig Fuß fassen wird.« Johnny zuckte die Achseln. »Schade! Ich hätte es mir sehr gewünscht. Fußball war und ist und bleibt für mich der schönste Sport. Ich habe Jahrzehnte vom Fußball geträumt, und als ich jetzt in Hamburg an Land ging, stürzte ich mich als erstes auf die Fußballberichte in der Presse.«
    »Dann kann ich dir ja sagen, daß ich auch ein unheilbarer Fan bin.«
    »Deine Boys, scheint mir, ebenfalls.«
    »Ja«, grinste Paul. »Du hast ja gesehen, wie dein Scherz bei ihnen ankam.«
    »Welcher Scherz?«
    »Der mit München.«
    Johnny blickte Paul an.
    »Das war kein Scherz.«
    »Du wirst doch nicht sagen«, meinte Paul ungläubig, »daß du mit denen in der Tat diese Fahrt machen willst?«
    »Aber selbstverständlich!«
    »Das sind siebenhundert Kilometer – oder sogar noch mehr!«
    »Ein Katzensprung!«
    »Für einen Amerikaner vielleicht – aber nicht für uns!«
    »Wie lange fährt die Bahn?«
    »Zehn Stunden hin, zehn zurück. Mindestens!«
    »Dann fliegen wir.«
    »Um Gottes willen!« rief Paul mit abwehrend ausgestreckten Händen. »Laß das nicht bei denen verlauten, sonst drehen sie uns durch. Es wird schwer genug sein, ihnen die Reise auszureden.«
    Onkel Johanns Gesicht wurde daraufhin ernst.
    »Paul«, meinte er, »da gibt es nichts auszureden. Es wird gefahren! Es sei denn«, setzte er hinzu, »du möchtest es den Boys verbieten.«
    »Natürlich will ich das nicht, Onkel Johann, wenn es wirklich dein Ernst ist.«
    »Das ist es wirklich, Paul.«
    Paul dachte kurz nach, seufzte dann.
    »Aber wie sagen wir das Erna, Onkel Johann?«
    »Will die es ihnen verbieten?«
    »Nein, sicher auch nicht«, erwiderte Paul. »Aber ihr gerät doch das ganze Küchenprogramm durcheinander.«
    »Küchenprogramm?«
    »Sie hat alles so vorbereitet, daß du dich fühlst wie zu Hause. Du sollst essen, wie du es gewöhnt bist: amerikanisch, jeden Tag anders. In München wird das nicht möglich sein, hier in den Lokalen natürlich auch nicht. Sie will dich deshalb entsprechend bekochen, jeden Tag, den du hier bist, hat sie sich vorgenommen.«
    Johnny Miller riß die Augen auf, er staunte schweigend.
    »Sie hat sich ein amerikanisches Kochbuch besorgt«, fuhr Paul fort. »Über eure Botschaft in Bonn. Sie hat denen
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