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Das Gespenst der Nacht

Das Gespenst der Nacht

Titel: Das Gespenst der Nacht
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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atmete heftig und bewegte auch ihren Kopf. »Was müsste ich denn da tun?«
    »Oh, das steht noch nicht fest. Sie sind auf jeden Fall eine Gesellschaftsdame am Hofe des Königs.«
    »Hört sich ja gut an.«
    »Meine ich auch.«
    Susan war so aufgeregt. Sie musste einfach weitere Fragen stellen. »Wissen Sie denn schon, wann das Casting ist? Dann kann ich mich terminlich darauf einstellen.«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Gut. Ich werde mich bereit halten.«
    »Das auf jeden Fall.« Melissa nickte. »Ja, Sie sehen sehr schön aus. Sie sind so jung, so blutjung«, flüsterte sie und betonte das letzte Wort besonders.
    »Nein, nein, für eine Model-Karriere bin ich schon zu alt, ehrlich gesagt.«
    »Das brauchen Sie auch nicht. Ihre Chancen liegen woanders, das kann ich Ihnen versprechen.«
    »Hört sich gut an.«
    »Ja, und ich bin immer auf der Suche nach jungen schönen Frauen. Die Welt braucht Sie.«
    Da musste Susan lachen.
    »Und ich brauche Sie auch«, erklärte Melissa.
    Susan hatte den Satz gehört und war schon ein wenig irritiert. Aber im Prinzip hatte die Agentur-Chefin recht. Sie würde auch an ihr verdienen, und zwar einen zweistelligen Prozentsatz.
    Die Gläser waren leer. Melissa fasste nach der Flasche. »Noch einen Schluck?«
    »Bitte. Aber nur einen kleinen.«
    »Ach, kommen Sie. Kneifen gilt nicht. Das hier muss schon gefeiert werden.« Melissa nahm Susan das Glas aus der Hand und drehte sich damit von ihr weg. Deshalb war nicht zu sehen, was sie wirklich tat, aber sie schenkte nach.
    »Bitte, nicht so voll …«
    »Schon gut, Kind, schon gut. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Und für mich ist es heute auch ein Fest.«
    »Ach, wieso das?«
    »Ich werde mich bald wieder jung fühlen.«
    »Ach, hören Sie auf. So alt sind Sie doch gar nicht. Nein, das kann ich nicht glauben.«
    »Hör auf zu lügen, Kindchen. Du brauchst mich nur anzuschauen. Was siehst du da?«
    Es war schwer für Susan, darauf eine Antwort zu geben. Wenn sie etwas Falsches sagte, konnte sie leicht weg vom Fenster sein, und deshalb sagte sie: »Ich sehe eine Frau in den besten Jahren. Ist das denn so schlimm?«
    »Herrlich. Du hast dich gut aus der Affäre gezogen. Die besten Jahre sind andere, ich bin eine alte Schachtel. Ich bin fast schon Abfall, aber ich werde mich dagegen wehren. Cheers …«
    »Aber was sagen Sie denn da?« Susan war entsetzt, und das war nicht gespielt. »Sie können doch nicht so von sich sprechen. Sie stehen mitten im Leben und …«
    »Cheers …«
    »Klar, Sie …«
    »Cheers, verdammt!«
    Susan zuckte zusammen, als sie zum dritten Mal das Wort hörte. Sie wollte nicht unhöflich sein, setzte das Glas an ihre Lippen und trank einen tiefen Schluck, so tief, dass sie das Glas sogar leerte.
    Melissa stand da und schaute zu. Auf ihren Lippen lag ein Lächeln. Ihre Augen funkelten. Auch sie trank. Allerdings langsamer, als wollte sie jeden Schluck genießen. Als das Glas leer war, stellte sie es ab und schaute auf Susan Winter, die aufgestanden war und neben ihrem Sessel stand, wobei sie leicht schwankte, als hätte sie zu viel Alkohol getrunken.
    »Was ist, Susan?«
    »Ich weiß es auch nicht.«
    »Wie meinst du?«
    »Mir ist so komisch.« Ein kieksendes Lachen folgte. »He, so anders ist mir.«
    »Wie das denn?«
    »Weiß ich auch nicht.«
    »Ist dir übel?«
    »Kann sein.«
    »Vom Champagner? Das glaube ich dir nicht, es waren nur zwei Gläser.«
    »Ja, ich weiß. Aber dennoch …«
    Melissa Hunter lächelte und nickte. »Nimm es nicht so tragisch. Neben dir steht der Sessel. Setz dich wieder hinein und lass es zunächst mal gut sein. Okay?«
    »Ja.«
    Es fiel Susan nicht mal leicht, sich wieder hinzusetzen. Sie ging sehr vorsichtig zu Werke, schwankte jetzt auch und ließ sich dann in die Polster fallen.
    Ihre Augen weiteten sich. Sie schaute nach vorn. Das Glas war ihr aus der Hand gefallen und lag irgendwo. Ihr Blick streifte Melissa Hunter. Sie stand jetzt vor ihr. Stand sie da wirklich? Oder schwankte sie hin und her?
    Auch das wusste sie nicht. Es gab sie noch, aber sie fühlte sich, als wäre sie in Watte gepackt worden. Alles war so anders geworden. Es gab nichts mehr, was still stand. Alles bewegte sich. Die Decke, die Wand, der Fußboden, auch die Möbel. Nichts stand mehr an seinem Platz, und auch mit Melissa Hunter hatte Susan Probleme.
    Sie sah die Frau vor sich, aber sie sah nicht mehr so aus wie sonst.
    Bei ihr hatte sich alles verzerrt. Der Kopf war breiter geworden, der Mund war
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