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Das Gesetz der Vampire

Das Gesetz der Vampire

Titel: Das Gesetz der Vampire
Autoren: Mara Laue
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Körpertemperatur, die ihren Tod auf einen Zeitpunkt festlegte, an dem sie nachweislich noch gelebt hatte, wurde einem Messfehler zugeschrieben. Die Blutleere ihres Körpers und die Tatsache, dass im Schlafzimmer nur wenig von ihrem Blut gefunden worden war, erklärte man damit, dass der Mörder es ihr wohl über die direkt in der Halsschlagader befindlichen Stiche – wahrscheinlich doch Einstichspuren von dicken Kanülen – abgepumpt und für irgendein widerliches Ritual mitgenommen hatte. Und den Leichenstaub oder was immer die Substanz sein mochte, hielt man ebenfalls für einen Bestandteil des Rituals.
    Bei einer Überprüfung der Datenbanken nach ähnlichen Fällen kam schließlich heraus, dass es in den vergangenen vierzig Jahren insgesamt 887 Fälle allein in den USA gegeben hatte, die alle dasselbe Muster zeigten: ausgeblutete Leichen, aber kaum Blut am Tatort und in einigen Fällen in unmittelbarer Nähe seltsamen Staub. Falls es sich dabei tatsächlich um das Werk eines Serienkillers handelte, musste der seit vierzig Jahren sein Unwesen treiben und mindestens sechzig Jahre alt sein. Viel wahrscheinlicher war allerdings, dass es sich um eine ganze Sekte von Satanisten oder ähnlichen Leuten handelte, die schon entsprechend lange aktiv war. Dafür sprach zumindest, dass der Mann, den Ashton bei Marys Leiche gesehen hatte, höchstens Mitte dreißig gewesen war.
    Ashton hatte zusammen mit seinem dafür zuständigen Kollegen ein detailliertes Phantombild angefertigt; schließlich hatte er dem Kerl mehrere Minuten lang direkt ins Gesicht gesehen. Jedes Haar, jede Hautpore, jede Falte seiner Züge hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt. Zu seiner und des ganzen Departments großer Enttäuschung war aber darauf kein einziger Hinweis aus der Bevölkerung eingegangen, und die Ermittlungen verliefen im Sande.
    Ashton blieb nichts anderes übrig, als zu versuchen, den Verlust seiner geliebten Frau zu verkraften und zu akzeptieren, dass es keine heiße Spur zu ihrem Mörder gab. Er musste sich jetzt darauf konzentrieren, den Rest seines Lebens in den Griff zu bekommen, der nach dem brutalen Mord an Mary noch übrig geblieben war. Doch dieses Leben erschien ihm düster, leer und alles andere als lebenswert.

    ***

    Als Ashton Mary eine Woche später beerdigte, trug er damit die einzige Familie zu Grabe, die er je gehabt hatte. Seine Eltern waren gestorben, als er noch zu jung war, um sich überhaupt an sie zu erinnern. Sie waren für ihn nur zwei Fremde auf einem verblichenen Foto, das er schon vor langer Zeit in einem Schuhkarton auf dem Dachboden abgelegt hatte. Er war bei seiner Tante und deren Mann aufgewachsen, was ihm in keiner guten Erinnerung blieb. Tante Sally und Onkel Ed hatten selbst drei Kinder und legten großen Wert darauf, Ashton klar zu machen, dass sie ihn nur aus Pflichtgefühl bei sich aufgenommen hatten. Dass sie dafür täglich ein für seine Begriffe übergroßes Maß an Dankbarkeit verlangten, hatte sein Verhältnis zu ihnen nicht gerade verbessert.
    Mit achtzehn hatte er das Weite gesucht und war zum Militär gegangen, wo er eine steile Karriere bei den Navy SEALs gemacht hatte, ehe er sich fünf Jahre später entschloss, in den Polizeidienst zu treten und mit seiner Arbeit die Straßen und damit das Leben der Menschen etwas sicherer zu machen. Drei Jahre später hatte er Mary kennen und lieben gelernt und sie noch im selben Jahr geheiratet.
    Und nun, nach nur vier Jahren Ehe, stand er vor den Trümmern seines Lebens und wurde von Schuldgefühlen zerfressen, die mit Alkohol zu betäuben er immer stärker versucht war. Ashton ließ die Beerdigung mit betont ausdruckslosem Gesicht über sich ergehen. Außer Marys Eltern und ihrer jüngeren Schwester, die er kaum kannte, waren ein paar ihrer Freundinnen gekommen, um ihr einen tränenreichen Abschied zu geben. Ashton wusste von den meisten nicht einmal die Namen. Von seiner Seite aus gaben ihr nur sein Partner und sein Vorgesetzter die letzte Ehre.
    Ashton war froh, als es endlich vorbei war und die ganze Bande sich zum »Leichenschmaus« in ein Restaurant verzogen hatte. Natürlich hatten sie erwartet, dass er sich ihnen anschloss, aber er war nur stur und stumm am offenen Grab stehen geblieben und hatte auf keine Anrede reagiert, bis sie ihn in Ruhe gelassen hatten. Er wollte allein sein. Sein Vorgesetzter hatte ihm eine Woche Urlaub aufgezwungen, was ihm in seiner derzeitigen Stimmung besonders entgegen kam.
    Er fühlte sich
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